Nutzungsfreiheiten

Das Urheberrecht hat auch seine Grenzen. Diese Grenzen sind gesetzlich in den Schrankenbestimmungen geregelt. Die so genannten freien Lizenzen erlauben eine Nutzung von urheberrechtlich geschützen Materialien auch ohne Zustimmung des Urhebers.

Für den Bereich der Lehre von Interesse sind folgende Schrankenbestimmungen:

Zitatrecht (§ 51 UrhG)

Das Zitieren von geschützen Werken ist ohne Zustimmung des Urhebers zulässig, wenn das Zitat zur Veranschaulichung oder Untermauerung der eigenen Aussage dient und nicht bloß das eigene Werk anfüllen und erweitern soll. Es darf in jeder und aus jeder Art von Werk zitiert werden. Es kann sich also gleichermaßen um Sprachwerke, Bilder, Musik und Filme handeln. Der zulässige Umfang des Zitats (Anzahl der Worte, Noten etc.) hängt von der sachlichen Notwendigkeit ab. Es muss außerdem ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem zitierenden und dem zitierten Werk vorhanden sein. Seit der Urheberrechtsreform besteht keine Einschränkung mehr, was das Zitat ganzer Werke angeht - natürlich nur sofern der Zitatzweck dies rechtfertigt. Zitate müssen außerdem kenntlich gemacht und mit einer Quellenangabe versehen werden.

Weitere Informationen:

  • Hinweise zum Zitieren fremder Werke finden Sie an der TU-Dresden.

Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung (§ 52a UrhG)

Die Regelung ermöglicht die zustimmungsfreie Nutzung von geschützen Werken per "öffentlicher Zugänglichmachung" (also der Veröffentlichung über das Internet) zu wissenschaftlichen oder Lehrzwecken. Zum einen geht es darum veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften für Unterrichtszwecke online zugänglich zu machen. Dieses Recht gilt für Schulen, Hochschulen, sowie nicht gewerbliche Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie der Berufsbildung. Das Werk darf allerdings nur einem abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern zugänglich gemacht werden. Der Zugriff Dritter muss technisch verhindert werden.

Praktische Hinweise zur Anwendung des schwer verständlichen Gesetzestextes gibt ein Urteil des Bundesgerichtshof vom 28.12.2013 zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke auf elektronischen Lernplattformen von Universitäten. Darin wird unter anderem folgendes festgestellt:

  • Unter "kleinen" Teilen eines Werkes sind höchstens 12% des gesamten Werkes zu verstehen. Außerdem wird eine Grenze von höchstens 100 Seiten definiert, weil ansonsten ganze Bände eines mehrbändigen Werkes ohne Einwilligung des Urhebers öffentlich zugänglich gemacht werden dürften.
  • Die Zugänglichmachung kleiner Teile eines Werkes ist auch dann gestattet, wenn Unterrichtsteilnehmern dadurch ermöglicht wird, die Inhalte auszudrucken oder abzuspeichern und damit zu vervielfältigen. Zum Beispiel durch die Bereitstellung eines PDFs.
  • Für den geforderten abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern denen die Werksteile zugänglich gemacht werden, ergibt sich offenbar keine Begrenzung durch Zahl oder Herkunft. Im oben genannten Urteil sahen die Richter zumindest kein Problem darin, dass der abgegrenzte Kreis mehr als 4000 Studierende umfasste und diese aus verschiedenen Länder kamen.

Ebenso ist es legitim Werke für Forschungszwecke einem "bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren eigene wissenschaftliche Forschung" online zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zwecke dürfen auch Werke ohne Zustimmung Vervielfältigt werden, z.B. um sie dann auf einen Server zu stellen.

Hinweis: Die Regelung wurde 2003 in das Urheberrechtsgesetz eingefügt und war zunächst bis 2006 befristet. Nach drei Evaluierungen über die Auswirkungen der Norm in der Praxis und mehreren befristeten Verlängerungen des Gesetzes, zuletzt bis zum 31. Dezember 2014, wurde im November 2014 die Aufhebung der Befristung beschlossen und § 52a UrhG als dauerhafte Urheberrechtsschranke etabliert.

Digitale Leseplätze in öffentlichen Bibliotheken( § 52b UrhG)

Öffentliche Bibliotheken, Museen und Archive dürfen ihre Bestände an elektronischen Leseplätzen in ihren Räumlichkeiten zeigen. Dies ist nur möglich "soweit keine vertraglichen Regelungen entgegenstehen". Das heißt, dass die bestehenden Lizenzbestimmungen bei elektronischen Datenbanken oder online bereitgestellten Beiträgen berücksichtigt werden müssen. Die Anzahl der Vervielfältigungen eines bestimmten Werkes, die an Leseplätzen gleichzeitig gezeigt werden dürfen, ist grundsätzlich an die Anzahl der Exemplare im Bestand der Einrichtung geknüpft. Nur bei Belastungsspitzen darf darüber hinausgegangen werden.

Privatkopie und Kopierschutz

Die sogenannte „Privatkopieschranke“ erlaubt es, für Familie und Freunde Kopien zu erstellen. Privatkopien, dürfen ebenso im privaten Umfeld vorgeführt werden. Die Medien können dabei auch von Freunden oder z.B. einer Videothek geliehen sein. Was als privates Umfeld und was als "öffentlich" gilt, ist allerdings bis heute nicht eindeutig geklärt. Für Hochschulveranstaltungen liegen bisher folgende Entscheidungen vor:

"Der Kreis der Hörer ist nur dann abgegrenzt, sofern zu den Veranstaltungen lediglich immatrikulierte Studierende zugelassen sind und tatsächlich keine anderen Personen teilnehmen. Die innere Verbindung besteht zwischen Hochschullehrern und Studierenden (und auch im Verhältnis von Lehrern und Schülern) nach überwiegender Ansicht nur dann, wenn es sich nicht um eine unüberschaubare Massenveranstaltung handelt. Damit fehlt es bei Seminaren und Arbeitsgemeinschaften an einer Öffentlichkeit. Dagegen besteht bei Vorlesungen in den meisten Fällen aufgrund ihrer Größenverhältnisse eine Öffentlichkeit (OLG Koblenz, Urt. v. 7.8.1986 - 6 U 606/83 = NJW-RR 1987, 699)" (Quelle: remus).

Wird analoges Material gescannt, digitalisiert und/oder gespeichert, ist hierin eine Vervielfältigung im Sinne des §16 UrhG zu erblicken. Bereits diese bedarf der Zustimmung des Rechteinhabers es sei denn, es greift die Privatkopieschranke des §53 UrhG. Auch wenn der Inhalt verändert, etwa gekürzt oder erweitert wird, liegt hierin meist eine Bearbeitung im Sinne des §23 UrhG vor, wofür auch die Zustimmung des Rechteinhabers einzuholen ist.

Was Filme und DVDs angeht, ist wichtig, dass zum Kopieren kein Kopierschutz umgangen werden darf, auch nicht zur Anfertigung von Sicherheitskopien. Vervielfältigungen, die nicht unter die Privatkopierregelungen fallen, stellen eine Urheberrechtsverletzung dar. Einen Kopierschutz zu umgehen um eine rein private Kopie herzustellen ist nicht strafbar, aber ein zivilrechtlicher Verstoß, der Schadensersatz- oder Unterlassungsklagen hervorrufen kann (Der Erwerb einer Kopie, zum Beispiel ein Kauf von DVD-Kopien auf dem Flohmarkt, ist keine Urheberrechtsverletzung). Interesssant ist, dass die Umgehung des Kopierschutzes nicht rechtswidrig ist, wenn dieser so schwach ist, dass er beispielsweise unwirksam wird, sobald eine CD im Computer abgespielt werden soll. Außerdem ist die Umgehung des Kopierschutzes für Software-Produkte weder strafbar noch schadensersatzpflichtig, jedoch nur, wenn es sich um eine Sicherungskopie zum persönlichen Gebrauch handelt. Es ist auch nicht zulässig Vervielfältigungen von Vorlagen herzustellen, die "offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder öffentlich zugänglich gemacht" wurden.

Kopien-Versand

Mit dem Inkrafttreten des zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft („2. Korb“) vom 1. Januar 2008 darf die Dokumentlieferung grundsätzlich nur noch auf dem Post- und Faxwege erfolgen. Die Lieferung einer Grafik-Datei (PDF-Datei) ist nur dann zulässig, wenn der Verlag im Rahmen seines kommerziellen Angebots keinen Onlinezugang zu diesem Artikel anbietet. Allerdings muss dieses Angebot "offensichtlich", also ohne weiteres erkennbar sein sowie zu "angemessenen Bedinungen" (v.a. Preisen) bereitgestellt werden.

Setzen von Links und Einbinden von Fremdinhalten (Embedding)

„Wer Webseiten ins Internet stellt, muß mit Verweisen rechnen und ist grundsätzlich hiermit einverstanden.“, so urteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf bereits 1999. Auch bei so genannten deep linking gilt: Wird ein Hyperlink zu einer Datei auf einer fremden Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk gesetzt, wird dadurch nicht in das Vervielfältigungsrecht an diesem Werk eingegriffen (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 259/00).

Wer dagegen Links auf strafbare Web-Angebote einrichtet, z.B. mit rassistischen, verleumderischen oder pornographischen Inhalten, macht sich in jedem Fall strafbar.

Was auf einer Internetseite dargestellt wird, muss nicht auf dem eigenen Server gespeichert sein. HTML-Seiten ermöglichen die Einbindung von Elementen, die auf anderen Servern liegen mittels Framing. Dabei programmiert der Anbieter in seinem eigenen Angebot einen Rahmen („Frame“), der dann über einen Link mit dem Inhalt einer anderen Seite gefüllt wird. Wie bei einem Hyperlink wird nur auf das Werk verwiesen. Dadurch, dass es allerdings optisch wahrnehmbar gemacht wird, erblickt die Rechtsprechung im Framing eine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des §19a UrhG. Auch das Inline-Linking wird als öffentliche Zugänglichmachung gesehen. Hier wird der Inhalt z.B. eine Grafikdatei direkt vom fremden Server in die eigene Seite integriert. Auch hier verbleibt die Datei auf dem Server des Dritten. Die Einbindung von Videos aus Videoportalen über die sogenannte „embed“-Funktion ist eine eigenständige urheberrechtliche Verwertungshandlung. Enthält das Video offensichtlich zu Gunsten Dritter geschütztes Material wie Musikvideos, Fernsehsendungen oder Ausschnitte aus Filmen oder Werbespots, setzt sich der Webseitenanbieter (der den Inhalt einbindet) ebenso wie der Nutzer des Videoportals der Gefahr aus, wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen zu werden (Heidrich, Forgó & Feldmann, 2011).

Letzte Änderung: 08.04.2015