Lehr-/Lernräume

Eine positive Lernumgebung mit einer unterstützenden Lerninfrastruktur kann den Lehr- und Lernprozess entscheidend beeinflussen. Sie ergibt sich aus einem guten Zusammenspiel von Raum, Technologie und Didaktik.

Dass die Raumgestaltung das Lernen beeinflusst, wird schon länger diskutiert, u.a. in den Raum- und Dingkonzepten der Reformpädagogik (Montessori u.a.), im elementarpädagogischen Reggio-Modell von Loris Malaguzzi in den  fünfziger Jahren, aber auch in den ersten Ansätzen zu "Education Design" am MIT in den 70er Jahren (Papert, 1976). Um die Veränderungen von Lehr-/Lernumgebungen zu beschreiben wird in letzter Zeit der Begriff der "Learning Spaces" (Oblinger, 2006) und "Learning Landcapes", also Lernlandschaften, verwendet. Eingeführt wurde der Begriff der "Learning Landscapes" im Zusammenhang mit Transformations- und Erneuerungsprozessen (u.a. Harrison, 2006 und Chiddick 2006). Dabei wird mit der Neugestaltung der Räume die Möglichkeit einer veränderten Lehr-/Lernkultur verbunden.

Die Forderung nach lernfreundlichen Infrastrukturen bezieht sich zum einen auf die Lehrräume, die als Veranstaltungsort für Seminare und Vorlesungen dienen. Daneben geht es aber darum, die Hochschule in ihrer Gesamtheit zu einer lernfreundlichen Umgebung zu machen. Neben Seminarräumen stellt insbesondere die Bibliothek an Hochschulen für viele Studierende einen wichtigen Lernraum dar. Hier finden Sie mehr zum Thema Digitale Bibliothek.

Im Zusammenhang mit lernfreundlichen Infrastrukturen sollte berücksichtigt werden, dass Lernen im 21. Jahrhundert vermehrt digital, mobil und im informellen Rahmen stattfindet. Die Herausforderung besteht also darin, digitale Infrastrukturen so in die Hochschulen zu integrieren, dass Lernräume erweitert und neue Lehr-/Lernformen unterstützt werden.

Lehrräume

Der Lehralltag an den Hochschulen wird immer noch von Vorlesungen dominiert. Allerdings führt ein verstärkter Diskurs um das Thema Qualität in der Lehre dazu, dass Lehrende dazu motiviert werden, neue Methoden auszuprobieren oder einen Methodenmix zu wagen. Teilweise werden diese im Rahmen von Blended Learning-Konzepten realisiert, in denen Präsenzveranstaltungen mit Online-Angeboten kombiniert werden.

Zentrale Elemente neben der Vorlesung im Studium an einer Hochschule sind und bleiben die Kommunikation und der Diskurs zwischen Kommilitonen und Lehrenden. Ebenso wichtig ist das gemeinsame Arbeiten und Erarbeiten von Themengebieten. Egal ob Frontalunterricht, Partnerarbeit, Gruppenarbeit oder Einzelarbeit – bei jeder Methode spielen die räumlichen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle.

Lernräume für verschiedene Arbeitsformen

Der ideale Lernraum, wie er z.B. vom JISC (Joint Information Systems Committee) vorgesehen wird, vereint verschiedene Lern- und Arbeitsmöglichkeiten und den schnellen Wechsel zwischen ihnen:

  • Stillarbeitsplätze, wo individuelles Lernen möglich ist,
  • Gruppenarbeitsräume mit Präsentationsmöglichkeiten wie z.B. Beamer oder Whiteboards, in denen interaktives, kollaboratives Arbeiten möglich ist.
  • Gelegenheiten zum informellen Austausch oder zum Entspannen
  • orts- und zeitunabhängiger Zugang zum Internet

Die Räume sollten intelligent verwaltet werden, zum Beispiel über ein webbasiertes Buchungssystem.

Bereitstellung von Hard- und Software

Studierende wie Lehrende benutzen digitale Medien, um verschiedene Aufgaben zu bearbeiten, wie Recherche oder die Aufbereitung von Themen für Hausarbeiten oder Referate. Deshalb ist es eine wesentliche Voraussetzung für ein angemessenes Lernumfeld, die dafür notwendige Hard- und Software zu integrieren und leicht zugänglich zu machen.

Wichtig für die Aufbereitung von Materialien ist es, dass Hardware wie Drucker, Kopierer und Scanner auch für Studierende leicht zugänglich sind. Je nach Studienanforderungen müssen auch Arbeitsplätze für die Aufbereitung von Audio und Video zur Verfügung stehen.

Da Studierende vermehrt ihre eigenen Arbeitsgeräte mit an die Hochschule bringen, angefangen vom Laptop bis hin zum Smartphone, verlagert sich die Anforderung an die Hochschulen von der Bereitstellung von Computern hin zur Software. Diese kann auf legalem Weg oft nur recht teuer erworben werden. Es kann daher sinnvoll sein, Installationspakete zu erstellen, die es den Studierenden ermöglichen, institutslizenzierte Anwendungen auf das eigene Gerät zu laden, insbesondere wenn z.B. teure Grafikprogramme im Studium zur Anwendung kommen.

Beispiel: Lernarchitektur für medienkonvergentes, crossmediales Arbeiten

Im 170qm großen Newsroom im Convergent Media Center (CMC) der Hochschule der Medien in Stuttgart sollen Studierende in wesentlichen Aspekten der Medienkonvergenz ausgebildet werden. Dabei geht es in der Hauptsache um das crossmediale Arbeiten, was bedeutet, dass Themen medienübergreifend (Text, Bild, Audio, Video usw.) und plattformübergreifend (Print, Online, TV, Radio usw.) geplant werden. Der Raum wurde offen und flexibel gestaltet. Enthalten sind vier Arbeitsinseln, wo sich Studierende einloggen und sofort loslegen können. Die Arbeitsinseln sind sternförmig um den Konferenztisch in der Mitte angeordnet. Vom Redaktionsraum durch eine Glaswand abgetrennt befinden sich ein Audio- und WebTV-Studio. Als Lernmittel dient die Publikationsplattform redaktionszukunft.de, ein Online Magazin (Weber, 2012).

Informeller Lernraum

Vertreter der Kognitionswissenschaft und Pädagogik betonen, dass Lernen nicht nur an den dafür vorgesehenen Orten, sondern praktisch überall stattfindet. Kennzeichnend für informelle Lernräume ist die Verschmelzung von eigenständigem Lernen, gemeinschaftlichem Lernen und freizeitlichen Aktivitäten. Mit drahtlosem Netzzugang und ausreichend Steckdosen zur Stromversorgung kann jeder Ort der Hochschule, wie das Foyer oder die Cafeteria, zum Lernen genutzt werden. Die an vielen Hochschulen entstehenden Internetcafés tragen genau diesem Trend Rechnung: Sie vereinen geselliges Zusammensein, Zusammenarbeiten und digitales Lernen.

Die Hochschule als Lernort für lebenslanges Lernen

Hochschulen adressieren heute bewusster eine größere Zielgruppe: Neben dem klassischen Studierenden, der direkt nach dem Abitur in sein Studium startet, erhalten vermehrt auch Quereinsteiger verschiedener Berufsgruppen den Zugang zur Hochschule. Insgesamt gestaltet sich die Gruppe der Studierenden heterogener und die  Studienverläufe individueller. Durch digitale Medien lässt sich der Zugang zu Lernmaterialien (von der Vorlesungsaufzeichnung bis zu Übungsaufgaben) zeit- und ortsunabhängig gestalten. Auch für den Austausch mit Lehrenden und Studierenden bietet das Internet vielfältige Möglichkeiten.  Aber auch am Campus muss diese neue Zielgruppe berücksichtigt werden indem z.B. in Bibliotheken Familienzimmer für die Arbeit von Eltern mit Kindern zur Verfügung gestellt werden.

Weitere Informationen:

Letzte Änderung: 06.05.2015