International
Die Internationalisierung im Hochschulmarkt interpretieren die angelsächsischen Länder als eine Verschärfung des Wettbewerbs. Die kontinentaleuropäischen Hochschulen reagieren mit der Ausweitung der grenzüberschreitenden Kooperationen.
In der Erklärung von Bologna wird der Ausbau grenzüberschreitender Mobilität sowie die verstärkte Kooperation europäischer Institutionen als ausdrückliches Ziel formuliert.
Bisher kooperieren erst ca. ein Drittel aller europäischen Hochschulen mit Hochschulen im Ausland. Neben der räumlichen Distanz stellen die großen kulturellen Unterschiede zwischen den Bildungstraditionen, Hochschulstrukturen und Lehrplänen Hemmnisse dar. Oft sind die potenziellen Kooperationspartner über Hochschulsysteme und nationalstaatliche Regelungen der anderen Länder nur mangelhaft informiert. Es ist wichtig, dass die Kooperationspartner ein gegenseitiges Verständnis für die Normen und Werte der unterschiedlichen Bildungstraditionen aber auch gegenüber Sprachdifferenzen entwickeln.
Bilaterale oder multilaterale Partnerprogramme oder Vereinigungen zwischen Hochschulen lassen sich unterscheiden in Projekte, die von öffentlicher Seite gefördert und finanziert werden und privaten Initiativen. Die internationalen Kooperationen verfolgen hauptsächlich folgende Ziele:
- Austausch von Studierenden (über Programme wie SOKRATES),
- Austausch von Lehrpersonal,
- Zusammenarbeit in Forschung- und Wissenschaft,
- Gemeinsames Angebot von (internationalen) Studiengängen (z.B. Bachelor und Master) einschließlich der gemeinsamen Produktion von Lernmodulen.
Studieren im Ausland
Internationale Kooperationen finden bisher hauptsächlich im Rahmen von EU-Programmen zum Auslandsstudium oder auf Forschungsebene statt. Kooperationen, die den Austausch von Studierenden vorsehen, setzen voraus, dass sich die Studienstruktur- und -organisation an deutschen Hochschulen soweit verändert, dass die Barrieren des grenzüberschreitenden Studiums endgültig aus dem Weg geräumt werden. Barrieren stellen z.B. die Sprache, uneinheitliche Kurs- und Bewertungssysteme sowie Studienabschlüsse dar. Auch die Asynchronität der Semesterdaten erschwert die Kooperation. Immernoch werden zum Teil Lehrveranstaltungen, die im Ausland besucht werden, in Deutschland nicht anerkannt. Unterschiedliche Zeitpläne für Praktika und Prüfungen führen dazu, dass Studierenden den Anschluss an das Studienjahr ihrer Universität nicht erreichen (Sengstag & Miller 2004). Die dadurch bedingte Verlängerung der Gesamtstudienzeit ist immernoch die Regel.
Auch wenn es digitale Medien möglich machen, dass das Studium im Ausland rein virtuell stattfinden kann, scheint dies keine Auswirkungen auf die Zahl der Auslandsstudierenden zu haben. Im Gegenteil stellt der virtuelle Kontakt mit dem Ausland für viele erst einen Anreiz dar, ins Ausland zu gehen. Auch im internationalen Studienkontext, der unfraglich durch digitale Medien erleichtert und unterstützt werden kann, werden letztendlich Blended Learning Ansätze favorisiert, die die virtuelle Lehre mit Präsenzphasen kombinieren. Digitale Medien können auch in der Vorbereitungsphase und um nach dem Auslandsstudium den Kontakt zur Partneruniversität zu wahren, eine wichtige Hilfe bieten.
- Innerhalb des Förderprojekts SULKA der Universitäten Stuttgart, Ulm und Karlsruhe unter der Federführung der Universität Stuttgart wird ein Modell zur Studierendenauswahl von Studienbewerbern aus dem Ausland entwickelt. Ziel ist es schon vor dem Auslandsaufenthalt das unterschiedliche Vorwissen der Bewerber durch Testmodule zu erheben. Die Eignungstests können bereits im Heimatland der Studieninteressierten absolviert werden. Dadurch soll die hohe Studienabbrecherquote unter den ausländischen Studierenden drastisch gesenkt werden.
- Die Freie Universität Berlin bietet ausländischen Studierenden ein
Portal, das Sie auf akademischer, sprachlicher und organisatorischer Ebene
auf ihren Aufenthalt in Berlin vorbereiten soll:
http://www.fu-berlin.de/studienbewerber/kompass/index.html
.
Nichtsdestotrotz bieten digitale Medien auch Studierenden, denen es aus finanziellen, familiären oder beruflichen Gründen nicht möglich ist ins Ausland zu wechseln, die Möglichkeit an einer ausländischen Universität Kurse zu belegen (Wächter, 2004).
Ein Studium in einer Institution im Ausland bei dem der Lernende das Heimatland nicht verlässt, wird auch als transnationales Studium bezeichnet. Diese Möglichkeit besteht zum Beispiel, wenn Universitäten verschiedener Länder gemeinsam eine virtuelle Lehrveranstaltung anbieten, innerhalb derer Kooperation und Kommunikation der Lernenden und Lehrenden allein über das Internet stattfindet und alle Beteiligten verschiedene Lehrmaterialien beisteuern. Der Vorteil einer solchen Kooperation besteht darin, dass die Studierenden interkulturelle Kompetenzen entwickeln sowie auf internationale Wissensressourcen aller beteiligten Institutionen zugreifen können (Van der Wende, 2002).
- Ein internationales Fernstudienangebot bietet die oncampus GmbH, eine Tochter der FH Lübeck.
Kooperatives Angebot von Studiengängen
Auf einer im Rahmen des Bologna-Prozesses gehaltenen Ministerkonferenz wurde 2001 in Prag die Entwicklung gemeinsamer Hochschulabschlüsse (sogenannter Joint Degrees) im Rahmen bilateraler sowie multilateraler Kooperationen beschlossen.
Die meisten Joint Degrees gibt es in Europa bisher in Aufbau-Studiengängen an Universitäten. Bei den kooperativen Studiengängen handelt es sich in der Regel entweder um Doppelabschlüsse, d. h. die Absolventinnen und Absolventen erhalten von jeder beteiligten Hochschule ein Abschlusszeugnis, oder um den nationalen Abschluss in einer der beteiligten Hochschulen – mit einem Hinweis, dass der Abschluss Ergebnis eines Gemeinschaftsprogramms ist. In beiden Fällen liegt also streng genommen kein echter, von den beteiligten Partnerhochschulen ausgestellter Joint Degree vor, da dies nach wie vor bislang ungelöste Anerkennungsprobleme mit sich bringen würde (http://www.bdwi.de/texte/001.htm).
Unter folgendem Link finden Sie eine Empfehlung der HRK zum Thema Joint Degrees:
http://www.hrk.de/de/download/dateien/Empfehlung_Joint_Degrees.pdf.
Beispiele:
- Sieben europäische Hochschulen, darunter die Ruhr-Universität Bochum, haben für das internationale Masterprogramm Humanitäre Hilfe einen "Joint Degree" vereinbart: Das gemeinsame Abkommen formalisiert nun die gegenseitige Anerkennung des Masterabschlusses "Humanitäre Hilfe": http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2003/msg00276.htm .
- Auch an der WU-Wien existiert bereits eine Art von Joint Degree. Die WU ist seit vielen Jahren zusammen mit 16 weiteren führenden Wirtschaftsuniversitäten Europas Mitglied von CEMS (Community of European Management Schools and International Companies), dessen gemeinsames Programm mit dem Erwerb des Titels "Master in International Management" (MIM) abschließt: http://www.wu-wien.ac.at/zas/out/studienprog/cems.
- Einen Überblick über ca. 17.500 internationale Kooperationen deutscher Hochschulen bietet der Internet-Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz unter http://www.hochschulkompass.de.
- Die Uni-Oldenburg stellt einen Leitfaden für internationale Kooperationen zur Verfügung: http://www.uni-oldenburg.de/InternationalRelationsOffice/13894.html.
- Ein Beispiel für eine Kooperation zwischen elf Universitäten in acht Ländern Europas war das MENU (Model for a European Networked University for E-Learning).
- Ein weiteres Beispiel ist das WUN (Worldwide Universities Network), eine Kooperation zwischen 13 Universitäten, sechs aus GB und fünf aus den USA und zwei aus China. Die Kooperationspartner haben beschlossen sich in der Entwicklung und Verbreitung von Lernmaterialien zu unterstützen: http://www.wun.ac.uk.
Letzte Änderung: 08.04.2015