Begleitstudium
Begleitstudium Problemlösekompetenz
24.02.2009
Archivierter Portalinhalt
Beim Begleitstudium handelt sich um ein Konzept zur Einbettung von extra-curricularen Lernaktivitäten von Studierenden (z.B. Mitarbeit bei Uniradio und -TV, Studierendenwebsites, Blogs und Podcasts) in das Curriculum von Hochschulen. Das Begleitstudium ist ein Studienangebot, das den Erwerb überfachlicher Kompetenzen fördert, indem sich Studierende – begleitend zum regulären Fachstudium – in selbstorganisierten Projektgruppen engagieren. Ziel des Projekts ist die Schaffung einer Infrastruktur zur Förderung von studentischen Praxisgemeinschaften im Umfeld der Hochschule. Es wird an den informellen Projektaktivitäten von Studierenden angesetzt und ein co-curricularer Rahmen für die Projekte gestaltet, der die Anerkennung der Projektaktivitäten im Fachstudium ermöglicht. Zur formalen Anerkennung dient eine portfoliobasierte Assessmentstrategie, die darauf abzielt, dass die Studierenden die praktischen Erfahrungen in den Projekten reflektieren. Als Plattform für den Austausch der Projektgruppen dient eine Online-Umgebung, die Studierende bei der Dokumentation ihrer Arbeitsleistungen und bei der Reflexion ihrer Praxiserfahrungen unterstützt.
Ziele und Inhalte
Überfachliche Kompetenzen und Praxiserfahrungen werden im Arbeitsleben zunehmend wichtiger. Das Begleitstudium Problemlösekompetenz bietet Studierenden die Möglichkeit, ihre Schlüsselkompetenzen in studienfachnahen Projekten auszubauen und vielfältige Praxiserfahrungen in ihren Interessensbereichen zu sammeln. Es besteht aus den drei Bausteinen wissenschaftliches, praktisches und soziales Problemlösen.
Im Bereich
„Praktisches Problemlösen“
erstellen Studierende eigenständig Medienprodukte und -inhalte oder werden im Bereich Bildung, Kommunikation und Information beratend tätig. Dabei kommt es darauf an, dass entwickelte Produkte und Dienstleistungen in der Praxis tatsächlich zur Anwendung kommen.
Im Bereich
„Soziales Problemlösen“
geht es darum, Strategien zu erwerben, die für die Zusammenarbeit mit anderen von Bedeutung sind. Dazu gehört, dass man Wissen, Können und Erfahrungen an andere Studierende weitergibt, dass man im Rahmen von Lehrveranstaltungen tutorielle Funktionen übernimmt oder dabei hilft, Konflikte zu lösen, wie sie in Gruppen- und Projektarbeiten vorkommen.
Im Bereich
„Wissenschaftliches Problemlösen“
können Studierende forschend tätig werden. Gefördert werden dabei die theoretische Einordnung und Reflexion von praktischen Aktivitäten sowie die Fähigkeit zur Konzeption empirischer Studien, zur Erhebung von Daten und deren Auswertung und Interpretation im Hinblick auf ein wissenschaftliches oder praktisches Ziel.
Didaktisches Konzept
Das Begleitstudium Problemlösekompetenz greift zum einen den Wunsch von Studierenden nach mehr
Praxisbezug im Studium
auf, zum anderen kommt es aber auch dem Anspruch eines Universitätsstudiums nach einer theoretisch reflektierten Praxis nach. Studierende bekommen die Möglichkeit sich im Rahmen des Begleitstudiums in Studierendenprojekten zu engagieren und dort Praxiserfahrungen zu sammeln. Die Planung und Durchführung der Projekte erfolgt dabei weitgehend selbstorganisiert durch die Projektgruppen. Die Koordinatoren des Begleitstudiums organisieren die Einbindung der Projektgruppen in das Studienangebot und stehen den Projektteilnehmern als Berater zur Verfügung. Die Teilnahme an den Projektgruppen erfolgt freiwillig. Man kann an den Projekten auch mitmachen, ohne das Begleitstudium zu absolvieren. Durch das Begleitstudium wird jedoch die Anrechnung der Mitarbeit in den extra-curricularen Projektgruppen im Studium ermöglicht. Die Anrechnung der Lern- und Arbeitsleistungen der Studierenden im Fachstudium setzt dabei an der
Reflexion der Praxiserfahrungen
an und erfolgt prozessorientiert durch eine portfoliobasierte Assessmentstrategie.
In einem Projekttagebuch werden die in dem Projekt übernommenen Aufgaben und geleisteten Arbeiten dokumentiert. In einem Weblog sammeln die Teilnehmer alle wichtigen Lern- und Arbeitsergebnisse in chronologischer Reihenfolge und beschreiben ihre Erfahrungen in der jeweiligen Projektgruppe (Arbeits-Portfolio). Diese chronologisch geordneten Blog-Einträge werden am Semesterende mit Hilfe eines Wikis zu einer zusammenhängenden Lerngeschichte zusammengefasst. Im Rahmen dieses Projektberichts wird dargestellt, wie der Lernende im Verlauf der Projektteilnahme seine Kompetenzen weiterentwickelt hat und wie sich dieser Kompetenzerwerb in der Projektarbeit zeigt (Story-Portfolio).
Schließlich werden die im Projektbericht festgehaltenen Lern- und Arbeitsleistungen den Bausteinen praktisches, soziales und wissenschaftliches Problemlösen zugeordnet. Sind alle drei Bausteine des Begleitstudiums abgedeckt, erhält der Teilnehmer ein Zertifikat, in dem seine Projekttätigkeiten bestätigt werden. Zudem können diese Leistungen in Beziehung mit den Themen des Fachstudiums gesetzt und als offizielle Prüfungsleistungen angerechnet werden (Test-Portfolio).
Curriculare Verankerung
Die Teilnahme am Begleitstudium ist auf zwei Arten in das Hochschulstudium integriert. Zum einen kann ein Zertifikat erworben werden, auf dem die in der Projektarbeit erworbenen Kompetenzen beschrieben und das extra-curriculare Engagement formal bescheinigt werden. Künftige Arbeitgeber können sich auf diese Weise ein Bild von den überfachlichen Kompetenzen ihrer Bewerber machen, die von der Universität bestätigt sind. Zum anderen können Leistungen aus dem Begleitstudium auch als ECTS-Punkte in den Nebenfachbereich des Fachstudiums eingebracht werden. Für den Erwerb des Zertifikats müssen alle drei Bausteine des Begleitstudiums abgedeckt werden, was einem Arbeitsaufwand von 24 ECTS-Punkten (bzw. 720 Stunden) entspricht. Durch die Abgabe eines Projekttagebuchs, in dem die Teilnehmer nachweisen, welche Aufgaben sie in dem entsprechenden Projekt übernommen haben, kann der Arbeitsaufwand im jeweiligen Semester beurteilt werden. Nach der Betätigung dieser Leistungen durch die Koordinatoren der Projektgruppen, wird den Teilnehmern ein Schein ausgestellt, der den im Projekt erbrachten „Workload“ bestätigt. In der Regel kann auf diese Weise jeweils ein Baustein (8 ECTS-Punkte bzw. 240 Stunden) pro Semester erworben werden, so dass das Begleitstudium insgesamt drei Semester dauert. Die Bausteine werden entweder in verschiedenen Projekten oder auch in einem Projekt absolviert, wobei es sich bewährt hat, wenn über längere Zeit in einem Projekt mitgearbeitet wird. Die Anrechnung im Fachstudium erfolgt auf Basis der Projektberichte, in denen zunächst ein Überblick über die geleistete Projektarbeit und anschließend eine Reihe von reflexiven Fragen beantwortet werden. Diese Projektberichte stellen ein neues Prüfungsformat dar, die ähnlich wie eine Seminararbeit anhand von speziellen Bewertungskriterien benotet werden. Der Umfang an Leistungspunkten, die dabei im Fachstudium angerechnet werden können, bemisst sich an dem „Workload“ der zuvor durch die Projekttagebücher nachgewiesen wurde.
Technik
Nutzung
Die Online-Plattform zum Begleitstudium „e³-Portfolio“ besteht aus einem Portfolio-, einem Community-, und einem Assessment-Bereich.
Im
Portfolio-Bereich
kann sich jeder Teilnehmer des Begleitstudiums eine Seite mit Informationen über Ziele, Kompetenzen und Interessen seiner Person anlegen. Diese persönliche Seite wird ergänzt durch die im Rahmen des Begleitstudiums erworbenen Lern- und Arbeitsleistungen. Um den Lern- und Arbeitsprozess zu dokumentieren führen die Teilnehmer des Begleitstudiums mit Hilfe eines Blogs ein Projekttagebuch. Dieses bietet auch die Möglichkeit, die Ergebnisse der Projektarbeiten im Sinne der Portfolio-Idee als Belege für die eigenen Lern- und Arbeitsleistungen zu veröffentlichen.
Im
Community-Bereich
finden sich Seiten mit Informationen zu den Ideen, Zielen und Inhalten der Projekte im Begleitstudium. Diese Seiten ermöglichen es Studierenden, sich über aktuelle Projektgruppen zu informieren und auf Anfrage diesen Gruppen beizutreten. Falls die Projektgruppen keine eigene Homepage haben, können sie den öffentlichen Community-Bereich in begrenztem Maße dem Corporate Design ihres Projekts angleichen und aktuelle Informationen über ihr Projekt sowie Projektergebnisse dort veröffentlichen. Im internen Bereich der Projektgruppen stehen zudem Werkzeuge für das Projekt- und Wissensmanagement (Community-Blogs, Wiki, Kalender, Aufgaben etc.) zur Verfügung.
Der
Assessment-Bereich
dient zur Organisation von Lern- und Arbeitsleistungen, die im Rahmen des Begleitstudiums erbracht und im Fachstudium angerechnet wurden. Die Teilnehmer des Begleitstudiums erhalten hier einen Überblick über alle bislang erbrachten Leistungen in den drei Bausteinen des Begleitstudiums. Zudem wird das Assessment der Leistungen unterstützt: Beispielsweise werden die auf den Scheinen angegebenen Arbeitsaufgaben der Teilnehmer am Begleitstudium von den Projektkoordinatoren bestätigt, der Umfang des Workloads im Projekt auf Basis der Projekttagebücher bestimmt und die Projektberichte von den Koordinatoren des Begleitstudiums benotet. Sind alle Bausteine des Begleitstudiums abgedeckt, kann zudem das Zertifikat zum Begleitstudium angefordert werden.
Benötigte Software
Um die Software "e³-Portfolio" auf einem eigenen Server zu installieren, werden neben geeigneter Hardware ein php-fähiger Webserver und eine MySQL-Datenbank benötigt.
Entwicklung
Die Software „e³-Portfolio“ basiert auf dem Content-Management-System "Drupal", das unter der GPL (GNU General Public License) kostenlos verfügbar ist. Der Vorteil von Drupal besteht darin, dass an dem System eine weltweite Entwickler-Community mitarbeitet und neue Tools (z.B. Wikis, Blogs, Messenger) in der Regel sehr schnell als Module für Drupal angeboten werden. Als Entwickler kann man sich daher auf die Konfiguration der Module konzentrieren anstatt eigene Tools zu programmieren. Um „e³-Portfolio“ an den Bedarf der Benutzer anzupassen, kamen Methoden aus der agilen Softwareentwicklung zum Einsatz.
Kosten
Angaben zu den Kosten für den Regelbetrieb können erst nach Abschluss der Evaluation gemacht werden. Die im Rahmen des Projekts entwickelte Softwarelösung soll nach Abschluss des Projekts in Form einer Open Source-Lizenz anderen Hochschulen zur Verfügung gestellt werden.
Zielgruppe
Rahmenbedingungen
Es bestehen mehrere Rahmenbedingungen für die Einführung eines Studienangebots wie das Begleitstudium: Erstens passen die Themen des Studienfachs „Medien und Kommunikation“ (MuK) und die Interessen der MuK-Studierenden zu den Inhalten der studentischen (Medien-) Projekte. Zweitens bietet das Medienlabor der Universität Augsburg die technisch-infrastrukturellen Voraussetzungen dafür, dass Studierende eigenständig digitale Medien produzieren können. Und drittens begünstigt die Lernkultur im Umfeld des MuK-Studiengangs das Engagement von Studierenden in Projektinitiativen. Denn Studierende werden nicht nur durch das Begleitstudium bei Projekten unterstützt, sondern auch durch die Lehrenden zur Projektarbeit ermutigt.
Ein Studiengang, in dem das Begleitstudium implementiert werden soll, sollte daher Anknüpfungspunkte für die Integration der Leistungen im Curriculum des Fachstudiums bieten. Das ist eine schwierige Hürde, weil Änderungen in Studien- und Prüfungsordnungen meist bürokratisch und aufwändig sind. Ohne diese Koppelung an das Fachstudium ist das Begleitstudium zwar möglich, hat aber aufgrund des zusätzlichen „Workloads“ eher Akzeptanzprobleme bei den Studierenden.
Ergebnisse
Ziel des Begleitstudiums ist es, eine Infrastruktur zu schaffen, in der die Autonomie der selbstorganisierten Projektgruppen erhalten bleibt und zugleich ein organisatorischer Rahmen zur Einbindung informellen Lernens in das Hochschulstudium bereitgestellt wird. Mit dem Studienangebot „Begleitstudium Problemlösekompetenz“ konnte dieses
praktische Ziel
erreicht werden. Mit der Online-Plattform zum Begleitstudium wurde zudem eine Softwarelösung entwickelt, die die Didaktik und die Organisation eines solchen Studienangebots unterstützt. Nach der Fertigstellung und Evaluation der „e³-Portfolio“ genannten Software soll diese unter einer Open Source-Lizenz anderen Hochschulen zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen der Evaluation des Projekts soll schließlich ein Transfermodell entstehen, das bei der Einführung eines Studienangebots ähnlich des Begleitstudiums in andere Studienfächer und andere Hochschulen helfen soll.
Wissenschaftliches Ziel
des Projekts ist damit die Entwicklung eines heuristischen Modells zur nachhaltigen Integration von selbstorganisierten Studierendenprojekten in die Strukturen der Hochschule.
Weitere Informationen über das Studienangebot und die Online-Plattform:
http://begleitstudium.imb-uni-augsburg.de/studienangebot
Im Rahmen einer
Interviewreihe
machen verschiedene ProjektmitarbeiterInnen das Konzept, die technische Plattform, ihre praktische Arbeit und die Relevanz des Projekts für die Hochschulentwicklung anschaulich.
Weitere Informationen über das Forschungsprojekt und dessen Ergebnisse:
http://begleitstudium.imb-uni-augsburg.de/forschungsprojekt
Eine Dokumentation der wichtigsten Ereignisse findet sich in diesem Projektblog:
http://begleitstudium.imb-uni-augsburg.de/projektblog/
Zum Projekt
Website
http://www.begleitstudium-problemloesekompetenz.deAnsprechpartner/in
Thomas Sporer
Projektkoordination
Institut für Medien und Bildungstechnologie
Universität Augsburg
86159 Augsburg
Telefon: 0821 - 598-5865
E-Mail:
thomas.sporer@its.uni-augsburg.de
Zeitraum
Im Rahmen des ITS-Projekts wird das Projekt von Anfang des Jahres 2007 bis Ende des Jahres 2009 gefördert. Das Projekt entstand im Jahr 2004 an der Augsburger Professur für Medienpädagogik. Im Jahr 2007 erfolgte eine Re-Konzeption des Studienangebots und im Jahr 2008 wurde das neue Konzept des Begleitstudiums prototypisch im Studiengang "Medien und Kommunikation" der Universität Augsburg implementiert. Im Jahr 2009 liegt der Fokus des Projekts auf der Evaluation des neuen Konzepts. Nach Abschluss der Evaluation kann das Begleitstudium dann auf weitere Studiengänge ausgeweitet werden.
Förderung
Seit dem Jahr 2007 wird ein halber wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rahmen des DFG-Förderprogramms „Aufbau eines IT-Servicezentrums“ für das Projekt finanziert. Anfang des Jahres 2008 kamen noch zwei studentische Hilfskräfte für die Unterstützung bei der Implementation und Evaluation des Begleitstudiums hinzu. Im Februar 2009 erhielt das Projekt den Deutschen E-Learning Innovations- und Nachwuchs-Award (D-ELINA). Die Förderung des Projekts durch das IT-Servicezentrum der Universität Augsburg läuft nach aktuellem Stand im Dezember 2009 aus.
Beteiligungen und Kooperationen
Das Begleitstudium ist im Rahmen des DFG-geförderten Projekts
„Aufbau eines IT-Servicezentrums“
(ITS) in eine gesamtuniversitäre IT-Strategie der Universität Augsburg eingebunden. Im Rahmen des ITS-Projekts verfolgt die Universität Augsburg das Ziel, alle an der Erstellung von IT-Dienstleistungen beteiligten Einrichtungen und Personen zu einer die Bereiche Forschung, Lehre und Verwaltung umfassenden Gesamtstrategie zusammenzuführen. Am Medienlabor des
Instituts für Medien und Bildungstechnologie (imb)
werden daher im Umfeld des Studiengangs „Medien und Kommunikation“ technologiegestützte Lehr-Lernszenarien entwickelt und evaluiert. Erfolgreiche Prototypen, wie zum Beispiel die zentrale Lehr-Lernplattform
Digicampus, werden dann auf die gesamte Universität ausgeweitet.
Der Prototyp des Begleitstudiums ist an der Professur für Medienpädagogik entstanden und wird aktuell im Rahmen des ITS-Projekts am Medienlabor der Universität Augsburg in den Regelbetrieb überführt. Das Medienlabor stellt dabei die technische und organisatorische Infrastruktur zur Verfügung. Die wissenschaftliche Leitung des Forschungsprojekts und des Studienangebots liegen bei der Professur für Medienpädagogik (Prof. Dr. Gabi Reinmann). Da die Gestaltung des Studienangebots in enger Zusammenarbeit mit Studierenden realisiert wird, ist auch die
Fachschaft
des Studiengangs „Medien und Kommunikation“ als Vertretung der Studierenden beteiligt.
Kategorisierung
Lehrfunktion
- Wissenserarbeitung
- Üben u. Anwenden
- Wissenstransfer
- Diskussion u. Austausch
- Motivation
- Feedback u. Lernerfolgskontrolle
- Sonstige
Medieneinsatz
- Hypertext
- Shared Workspace
- Sonstigs
Fachbereich
- Geistes- und Sozialwissenschaften
- Informatik
- Kunst, Design und Medienwissenschaft
- Sonstiges
Lehrszenarien
- Projekt
- Betreuung