Videokonferenzzelle
Eine Videokonferenzzelle ist ein kleiner abgetrennter Raum oder schallisolierter Einzelarbeitsplatz, an dem eine einzelne Person für einen kurzen Zeitraum ungestört an einer Videokonferenz teilnehmen oder Telefonate führen kann.
Kontext
Studierende befinden sich in ihrem Lernalltag auf dem Campus, um an Präsenzveranstaltungen teilzunehmen. Im Kontext der Digitalisierung finden jedoch vermehrt kurze Besprechungen mit Kommilitonen oder Dozierenden online statt. Für vertrauliche und ungestörte Gespräche gibt es auf dem Campus allerdings keine Büroarbeitsplätze für Studierende, in die sie sich zurückziehen können.
Problem
Studierende können auf dem Campus entweder keine individuellen Onlinetermine wahrnehmen oder müssen die Störung durch Hintergrundgeräusche oder die Aufgabe der Privatsphäre bei vertraulichen Unterhaltungen hinnehmen. Dies schränkt Studierende in ihren Handlungsfreiräumen ein.
Rahmenbedingungen
- Online-Besprechung: Gerade für Projekt- und Abschlussarbeiten finden Beratungsgespräche zwischen Studierenden und Dozierenden zunehmend online statt, da dies die Terminfindung bei stark individualisierten Stundenplänen und Arbeitszeiten einfacher und flexibler gestaltet. Dabei müssen Studierende auch auf dem Campus die Möglichkeit haben, an Online-Besprechungen teilzunehmen.
- Virtuelle Teams: Auch studentische Teams organisieren sich immer häufiger online. Dabei sind einige Studierende auf dem Campus, andere Studierende von zu Hause oder unterwegs in eine Online-Besprechung eingebunden.
- Privatsphäre: Auch wenn vielerorts offene Lernorte für selbstorganisiertes Lernen entstehen, so gibt es auch Gesprächssituationen, die vertraulich sind, z.B. die Besprechung von Noten oder das Lösen von Konflikten in Teams. Diese Vertraulichkeit gibt es jedoch nicht an offenen Lernorten, wo andere Campusangehörige das Gespräch potentiell mithören können.
- Ungestört: Die Teilnahme an einer Videokonferenz erfordert Konzentration. Insbesondere, wenn Studierende selbst einen Redebeitrag, wie ein Referat, leisten, benötigen sie eine ungestörte Umgebung. Hintergrundgeräusche lenken Teilnehmende ab und verschlechtern die Audioqualität. Die Nutzung von Headsets kann helfen, aber nicht alle Geräusche ausblenden. Zudem stört das laute Sprechen ins Mikrofon vielleicht andere Personen.
- Kein eigener Raum: Studierende haben auf dem Campus keine eigenen Büroräume, in denen sie ungestört an einer Videokonferenz oder vergleichbaren Online-Formaten teilnehmen können. Sie benötigen aber häufig einen Arbeitsplatz, an dem sie ungestört, jedoch nicht in Stille arbeiten können. Stillarbeitsplätze, z.B. in Bibliotheken, sind also nicht geeignet, um an einer Videokonferenz teilzunehmen oder zu telefonieren.
- Raumnutzung: Studierende weichen daher oft auf größere Projekträume aus, auch wenn sie allein oder zu zweit sind. Die Nutzung einer großen Raumfläche durch einzelne Personen ist jedoch nicht wirtschaftlich.
- Temporärer Bedarf: Die Teilnahme an Online-Besprechungen ist in der Regel auf wenige Zeitpunkte am Tag beschränkt. Studierende benötigen also nur für kurze Zeiträume einen ungestörten Raum. Dies reduziert die Anzahl der erforderlichen Räume für individuelle Konferenzen und die Raumgröße kann aufgrund der begrenzten Zeitdauer stark reduziert werden, da sich Lernende nicht lange in den Räumen aufhalten.
Lösung
Kleine Videokonferenzzellen bieten einen schallisolierten Einzelarbeitsplatz, der für eine begrenzte Zeitdauer bequem ist und ungestörte Gespräche und Videokonferenzen ermöglicht. Raumbedarf und Nutzungsart sind dabei vergleichbar mit Telefonzellen. Die benötigte Medienausstattung bringen die Studierenden selbst mit.
Details
Videokonferenzzellen werden oft als Raum-in-Raum-Konzepte installiert. Aufgrund ihres geringen Platzbedarfs lassen sie sich an vielen Orten auf dem Campus integrieren. Eine natürliche Lichtquelle, etwa durch ein Fenster, ist bei entsprechender Beleuchtung nicht zwingend nötig. Allerdings muss zu jeder Jahreszeit ein gutes Raumklima sichergestellt sein, wozu insbesondere eine ausreichende Belüftung der Zelle gehört.
Mehrere Stromanschlüsse und USB-Anschlüsse zum Aufladen von Smartphone und Laptop sind Mindestvoraussetzung für erfolgreiche Videokonferenzzellen. Für hybride Arbeitsformen können vor allem etwas größere Kabinen mit zusätzlichem Medienangebot ausgestattet sein, z.B.
- einem (interaktiven) Display als Erweiterung des Laptop-Bildschirms.
- einer qualitativ hochwertigen, fest installierten Webcam für Videokonferenzen.
- einer Dokumentenkamera oder zusätzlichen Webcam, um physische Unterlagen aufzuzeichnen und mit anderen in der Videokonferenz zu teilen.
Besonders platzsparend ist die Stehvariante einer Videokonferenzzelle. Studierende stellen ihr Laptop auf einen kleinen, erhöhten Tisch und nehmen im Stehen an einer Besprechung teil. Diese Variante eignet sich besonders gut für sehr kurze Konferenzen. Um eine bequeme Arbeitsumgebung für unterschiedliche Körpergrößen zu gestalten, sollte der Tisch höhenverstellbar sein. Alternativ können Konferenzzellen in unterschiedlichen Höhen angeboten werden.
Etwas bequemer ist eine Videokonferenzzelle, in der Studierende sitzen können. In dieser Kabine sollte auch ein etwas größerer Tisch vorhanden sein, damit Studierende neben dem Laptop auch noch Unterlagen ausbreiten und ggf. eine Computermaus anschließen können. So sind die Kollaborationsmöglichkeiten in einer Onlinekonferenz besser nutzbar. Diese Videokonferenzzelle ist etwas größer als eine Telefonzelle und eignet sich gut für Besprechungen von ca. 30-60 Minuten.
Ein kleiner Raum von 6-10qm eignet sich nicht nur für kurzzeitige Besprechungen, sondern ist auch für halb- oder ganztägige Onlinesitzungen geeignet. Der Raum kann als alternative Raumnutzung zudem den Zweck eines temporären Büroarbeitsplatzes für Studierende erfüllen. Dies ist besonders für Personen, die an ihrer Abschlussarbeit oder Promotion arbeiten, ein attraktives Angebot.
Stolpersteine
- Wird in den Videokonferenzzellen eine zusätzliche Medienausstattung angeboten, sollte diese kompatibel mit den gängigsten mobilen Endgeräten und ohne Voraufwand durch die Studierenden nutzbar sein. Die Ausstattung muss zudem zuverlässig funktionieren. Ein technischer Support, an den Studierende Probleme melden können, sollte deshalb für eine regelmäßige Wartung vorhanden sein.
- Videokonferenzzellen sind nur für die Nutzung durch Einzelpersonen gedacht und auch entsprechend ausgestattet. Jedoch können Studierende auch den Wunsch haben, für einen gemeinsamen Vortrag oder eine hybride Besprechung mit 2-3 Personen an einer Videokonferenz teilzunehmen. Für solche Zwecke sollten kleinere Gruppen auf Lernboxen ausweichen können.
- Videokonferenzzellen sollten einsehbar sein, so dass Studierende nicht hinter völlig verschlossenen Türen agieren. Für die nötige Privatsphäre muss aber sichergestellt sein, dass Studierende ihr Laptop so positionieren können, dass andere nicht auf den Bildschirm schauen können.
- Geschlossene Videokonferenzzellen sind komplementär zu offeneren Selbstlernbereichen wie Lerninseln oder Lernnischen sowie Stillarbeitsplätzen für konzentriertes Arbeiten. Es sollten daher nicht zu viele Videokonferenzzellen geplant, sondern vor allem die offenen Lernbereiche attraktiv gestaltet werden. Studierende sollen nicht isoliert in den Videokonferenzzellen arbeiten, sondern nur für vertrauliche, persönliche und ungestörte Onlinegespräche oder Telefonate in diese Kabinen wechseln. Wenn größere Kabinen auch als reguläre Arbeitsplätze für Studierende über längere Zeiträume genutzt werden dürfen, dann sollte dies klar durch Schilder kommuniziert werden.
- Die Anzahl der erforderlichen Kabinen ist sehr schwer planbar, da das Nutzungsverhalten der Studierenden sehr individuell von Campusstandort, Campusumgebung und Fachdisziplinen abhängt. Daher sollte das Angebot schrittweise ausgebaut und die Nutzungsfrequenz evaluiert werden.
- Studierende brauchen die Sicherheit, eine benötigte Videokonferenzzelle im jeweiligen Zeitraum einer Besprechung oder einer Lehrveranstaltung auch zur Verfügung stehen zu haben. Sinnvoll ist deshalb ein möglichst transparentes Raumbuchungssystem, das die Buchung einzelner Videokonferenzzellen im Voraus – sowie bei freien Kapazitäten auch noch kurzfristig – ermöglicht.
- Kleine Videokonferenzzellen können beklemmend wirken. Einen positiven Einfluss kann hier die Innengestaltung der Kabine haben, bspw. durch helle, freundliche Farben, eine gute, aber blendfreie Ausleuchtung und Glaselemente mit Blick zur Außenumgebung.
Vorteile
- Durch Videokonferenzzellen stehen auf dem Campus mehrere ungestörte Einzelarbeitsplätze auf engem Raum zur Verfügung.
- Studierende können in Ruhe arbeiten, müssen dabei aber selbst nicht still sein, sondern können am Telefon oder in einer Videokonferenz sprechen.
- Online-Besprechungen lassen sich mit Hilfe von Videokonferenzzellen gut ins Campusleben integrieren.
- Videokonferenzzellen ermöglichen vielfältige hybride Szenarien, den nahtlosen Wechsel zwischen Präsenz- und Onlineangeboten und standortübergreifende Zusammenarbeit.
- Videokonferenzzellen lassen sich als Raum-in-Raum-Konzepte in größere Lernbereiche, z.B. eine Lernlandschaft, oder in das Foyer einer Hochschule, integrieren.
Nachteile
- Videokonferenzzellen bedeuten für das Reinigungspersonal auf dem Campus einen erhöhten Reinigungsaufwand im Vergleich zu größeren, offenen Räumen.
- Es besteht das Risiko, dass einzelne Studierende die Kabinen zu lange belegen und diese zu ihrem Zuhause auf dem Campus machen, um allein ungestört zu arbeiten. Dies verhindert jedoch den Austausch mit anderen auf dem Campus und blockiert die Konferenzzellen für die Nutzung durch Andere.
- Die Installation bequemer, ergonomischer und gut belüfteter Videokonferenzzellen ist im Vergleich zu anderen Selbstlernbereichen recht teuer.
Beispiele
Am Massachusetts Institute of Technology (MIT) wurden Videokonferenzzellen in ganz unterschiedlichen Varianten gestaltet. Abbildung 1 zeigt Konferenzzellen als Raum-in-Raum-Lösung, aufgestellt in einem großzügigeren Flurbereich – in diesem Fall gestaltet im verschiedenfarbigen Retro-Design einer Telefonzelle. Aber auch entlang eines Flurs lassen sich Videokonferenzzellen integrieren, etwa als kleiner Raum, der durch eine Glas-Schiebetür vom Flur aus zugänglich ist (Abb. 2).
Abbildung 3 zeigt unterschiedliche Gestaltungsformen der Stehvariante einer Videokonferenzzelle. Hier ist die Zelle kein geschlossener Raum, sondern schirmt die nutzende Person im Bereich des Oberkörpers von drei Seiten sowie nach oben hin mit schallisolierenden Elementen von der Umgebung ab. Auf einer kleinen Abstellfläche kann ein Laptop platziert werden, zudem kann ein Stromanschluss sowie eine zusätzliche Beleuchtung integriert werden.