Raumbuchungssystem

Der hybride Campus bietet vielfältige Räume für selbstorganisiertes Lernen in kleinen und großen Gruppen oder in Einzelarbeit. Damit Studierende und Dozierende verlässlich auf solche Räume zugreifen können, sollte ein Teilkontingent der Räume selbständig über eine Online-Plattform buchbar sein.

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Studierende prüfen auf dem Smartphone die Raumbelegung (Foto: Monika Probst/ TH Köln)

Kontext

Die auf dem Campus vorhandenen Lern- und Arbeitsplätze sind − in Abhängigkeit vom Raumtyp − unterschiedlich ausgelastet. Bei klassischen Veranstaltungsformaten wie Seminaren und Vorlesungen bestimmt vor allem der Stundenplan, in welchen Räumen sich die Studierenden auf dem Campus aufhalten. Für das Selbststudium sowie selbstorganisierte Projektarbeit in Gruppen müssen sich Studierende hingegen oftmals eigenständig passende Arbeitsplätze auf dem Campus suchen – wobei sie für unterschiedliche Lernaktivitäten verschiedene Raumtypen benötigen. Und auch Dozierende stehen regelmäßig vor der Herausforderung, bspw. im Rahmen von Blockveranstaltungen, für ihre Arbeitsgruppen zusätzliche Räume zu den klassischen Seminarräumen oder Hörsälen zu organisieren.

Problem

Lernräume sind über den gesamten Campus verteilt und die Suche nach einem freien Raum kann viel Zeit kosten und frustrieren. Im schlimmsten Fall finden die Studierenden gar keinen Raum und können nicht effektiv lernen. Zudem ist häufig nicht klar, wie lange ein Raum tatsächlich verfügbar ist. Wenn eine regulär geplante Lehrveranstaltung ansteht, müssen die Studierenden womöglich den Raum mitten im Lernprozess verlassen. Durch Häufung solcher Negativerlebnisse und die Ungewissheit, ob ein Lernplatz gefunden wird, kann die Motivation, auf dem Campus zu arbeiten, deutlich sinken – was sich möglicherweise negativ auf die soziale Integration und Teilhabe der Studierenden auswirkt.  

Rahmenbedingungen

  • Community of Practice: Studierende sollen im Laufe ihres Studiums eine Community of Practice bilden, in Fachkulturen hineinwachsen und sich aktiv am Campusleben und an der Wissenschaft beteiligen. Hierfür brauchen sie schnell auffindbare und verlässlich verfügbare Lern- und Arbeitsräume auf dem Campus.
  • Raumangebot: In jedem Raumtyp auf dem Campus gibt es nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen. Diese ist je Raumtyp geringer als die Gesamtanzahl der Studierenden, da sich die Studierenden abwechselnd auf unterschiedliche Räume zu verschiedenen Zeitpunkten verteilen. Die meisten Plätze finden sich in Räumen für Großveranstaltungen (z.B. Hörsaal, Seminarraum) oder befinden sich für kleinere Gruppen in geschlossenen Bereichen (z.B. Labore). Das Angebot an Arbeitsplätzen für Einzelarbeit (z.B. in Lesesälen) und Kleingruppen ist meist zu gering. Der tatsächliche Umfang der Raumbedarfe ist zudem schwer planbar, da sich die Nachfrage jedes Semester aufgrund der Ausgestaltung der Module und Lebensumstände der Studierenden verändern kann.
  • Auslastung: Trotz Raumknappheit sind viele Räume an den Hochschulen, die sich für Gruppenarbeiten oder das selbstorganisierte Lernen nutzen lassen, nicht fortlaufend ausgelastet. Dies liegt daran, dass Dozierende und Studierende zu Stoßzeiten gleichzeitig auf die Räume zugreifen möchten. Dass die Räume zu anderen Zeiten frei und einfach zugänglich sind, ist vielen Campusangehörigen gar nicht bewusst, weil sie außerhalb der Stoßzeiten nicht auf dem Campus sind. Zudem bleiben Räume leer, wenn sie etwas abseits gelegen sind: Studierende kennen solche Räume gar nicht oder haben die Suche frustriert aufgegeben, bevor sie diese Räume finden.
  • Nutzungsoptimierung: Für eine optimale Nutzung verfügbarer Raumkapazitäten sollten Studierende stets die passende Raumgröße finden. Wenn eine kleine Lerngruppe einen großen Lernraum belegt, bleiben viele Plätze ungenutzt.
  • Zeitaufwand: Studierende können nicht alle Räume auf dem Campus sichten, um einen freien Lernplatz zu finden. Dies kostet viel zu viel Zeit. Zudem stören sie dabei eventuell Lerngruppen, wenn sie in einen belegten Raum reinplatzen.
  • Mehrzwecknutzung: Für die Lehre vorgesehene Räume können auch für das selbstorganisierte Lernen genutzt werden. So können Studierende etwa im Seminarraum oder im kleinen Hörsaal sitzen und lernen − insbesondere außerhalb der Vorlesungszeiten. Studierende sollten schnell herausfinden können, wann solche Räume für selbstorganisiertes Lernen zur Verfügung stehen.
  • Badehandtuch-Effekt: Aufgrund von Raumknappheit neigen einzelne Studierende oder Gruppen von Studierenden dazu, einen Raum länger zu belegen als notwendig und z.B. durch die Anwesenheit einzelner Gruppenmitglieder zu reservieren. Studierende, die sehr früh auf dem Campus sind, erlangen dadurch einen Vorteil gegenüber Studierenden, die z.B. aus familiären Gründen erst später auf dem Campus erscheinen können. 

Lösung

Studierende und Dozierende benötigen eine übersichtliche, digitale Anwendung zur Buchung von Räumen. Durch ein solches Raumbuchungssystem können sie ihren Aufenthalt auf dem Campus rechtzeitig planen und verlässlich auf Räume zugreifen. Das Raumbuchungssystem kann zudem anzeigen, wo sich aktuell freie Räume befinden, um auch spontan und schnell auf die optimale Anzahl von Lernplätzen zugreifen zu können. 

Details

Bei der Abbildung von Räumen im Raumbuchungssystem muss zwischen Lehrräumen und Räumen für selbstorganisiertes Lernen unterschieden werden. Zudem kann es spezielle Lernräume geben (z.B. Innovationsräume, Seminarräume für Blockveranstaltungen), die außerhalb der regulären Lehrveranstaltungsplanung für Dozierende buchbar sind. Im Idealfall sind auch die regulären Lehrräume spontan buchbar, wenn gerade keine Veranstaltung darin stattfindet. Das Raumbuchungssystem sollte flexibel genug sein, Veranstaltungen nicht nur im wöchentlichen Rhythmus abzubilden, da die Gestaltung der Veranstaltungszeiten an Hochschulen ebenfalls flexibel ist. So gibt es z.B. Module, die nur die Hälfte des Semesters in regulären Veranstaltungen stattfinden, während die andere Hälfte digital oder als Blockveranstaltung durchgeführt wird.

Bei der Buchung von Lernplätzen ist zudem zu unterscheiden, ob Einzelarbeitsplätze oder Gruppenräume gebucht werden. Eine Gruppe kann einen gesamten Raum buchen oder aber zusammenhängende Einzelarbeitsplätze.

Das Buchungssystem sollte übersichtlich darstellen, wann welche Räume verfügbar sind. Zudem müssen Raumgröße, Ausstattung und primär intendierte Lernaktivitäten dargestellt werden. Eignet sich der Raum z.B. für Brainstorming in Gruppen, für die Stillarbeit oder als Lernkino? Bietet der Raum einen großen Bildschirm oder ein interaktives Whiteboard? Oder handelt es sich um einen Videokonferenzraum, so dass Studierendengruppen ohne großen Aufwand auch ortsübergreifend arbeiten können?

Für die Buchung sind verschiedene Zeithorizonte zu beachten:

  • lang- und mittelfristige Buchungen über einen Zeithorizont von mehreren Wochen,
  • kurzfristige Buchungen für den nächsten Tag oder innerhalb der nächsten Woche sowie
  • spontane Buchungen, wenn Studierende vor Ort auf Raumsuche sind.
Raum mit digitaler Beschilderung
Eine digitale Beschilderung kann ergänzend vor Ort über den Buchungsstatus eines Raumes informieren, wie hier auf dem Bildungscampus in Heilbronn (Foto: Christian Kohls).

Zumindest für lang- und mittelfristige Buchungen sollte bei einer sehr hohen Auslastung der Räume ein Nutzungskontingent für Studierende in Erwägung gezogen werden, damit alle Studierenden die gleichen Chancen haben, auf Räume zuzugreifen. Ein Nutzungskontingent kann bedeuten, dass es grundsätzlich einen maximalen Zeitumfang für die Buchung eines Raumes gibt (z.B. 2 Stunden), oder auch, dass einzelne Personen einen maximalen Zeitumfang pro Woche oder Monat erhalten, in dem Räume sowie Einzelarbeitsplätze selbstständig gebucht werden können.

Idealerweise können Studierende in den Raum einchecken, sobald sie mit der Raumnutzung beginnen. Ein reservierter Raum kann dadurch nach einer festgelegten Frist (z.B. 10 Minuten) automatisch wieder freigegeben werden, wenn die Reservierung nicht in Anspruch genommen wird. Studierende sollten im System aber auch die Möglichkeit haben, eine Buchung bereits vorab wieder zu stornieren.

Sowohl frei zugängliche Lernplätze, etwa offene Lerninseln oder Lernnischen, als auch abschließbare Räume oder Lernboxen können im Buchungssystem berücksichtigt werden. In Absprache mit dem Gebäudemanagement ist zu überlegen, ob eine Ausleihe von Schlüsseln (oder Transpondern) oder das Öffnen der Räume über eine Zugangskarte (Studierendenkarte) möglich sein soll. Einige Raumbuchungssystemen erlauben zudem die Integration von Systemen für digitale Beschilderungen, so dass direkt am Lernraum angezeigt werden kann, ob dieser verfügbar ist.

Stolpersteine

  • Für die Akzeptanz des Buchungssystems muss dieses niedrigschwellig zugänglich sein. Insbesondere die spontane Buchung muss mit wenigen Klicks auf dem Smartphone möglich sein, sonst werden Studierende das Angebot nicht nutzen.
  • Studierende und Dozierende müssen einschätzen können, ob ein Raum ihrem Bedarf entspricht. Für eine optimale Nutzung der Räume sollte das System deshalb gut darstellen, für welche Gruppengröße ein Raum geeignet ist und welche Medienausstattung und Dienstleistungen der Raum bietet.
  • Das Raumbuchungssystem kann die optimale Raumnutzung steuern, z.B. indem nur passende Gruppengrößen zugelassen werden oder die Nichtnutzung reservierter Räume mit einem Malus versehen wird. So kann für wiederkehrende Reservierungen ohne tatsächliche Nutzung z.B. eine automatische Reduzierung des Buchungskontingents in Erwägung gezogen werden. Solche Regelungen sind aber komplex und oft intransparent. Vielmehr sollte vor allem auf die Eigenverantwortung und Fairness der Studierenden gesetzt werden.
  • Es sollten nicht alle Lernplätze im Raumbuchungssystem abgebildet werden. Es muss auch weiterhin frei zugängliche Plätze geben, die ohne eine Buchung genutzt werden können. Nur so können sich Lerngruppen spontan bilden und Studierende schnell von einem Lernbereich in den nächsten wechseln. Zudem muss es auch für Gäste die Möglichkeit geben, auf Lernbereiche zuzugreifen, z.B. für Studierende anderer Hochschulen. 

Vorteile

  • Studierende und Dozierende finden verlässlich und planbar Lernräume auf dem Campus.
  • Eine bessere Raumauslastung und optimale Nutzung der Räume können gewährleistet werden. Ein Raumbuchungssystem kann sogar den Bedarf an neuen Räumen reduzieren, da vorhandene Räume besser ausgelastet werden.
  • Ein fairer und transparenter Zugang zu den Räumen auf dem Campus kann gewährleistet werden.
  • Durch Darstellung der Raumausstattung und möglicher Lernaktivitäten auf der Buchungsplattform, werden den Studierenden die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Räume bewusster.
  • Die Raumauslastung kann analysiert werden. Eine besonders häufige Nutzung einzelner Räume ist ein Indiz dafür, dass die jeweilige Raumausstattung für die Lernaktivitäten der Studierenden besonders geeignet ist.
  • Auch Räume mit besonderer Ausstattung, die nicht frei zugänglich sind, können gebucht werden. Die Vergabe von Zugangsschlüsseln oder die Betreuung durch Lehrpersonal lässt sich besser planen.
  • Durch die Dokumentation, wer einen Raum genutzt hat, ergeben sich neue Freiheiten. Fest installierte PCs können z.B. den Internetzugang ermöglichen, ohne dass sich Studierende einloggen müssen. Auch die unsachgemäße Nutzung von Räumen lässt sich zuordnen. Dabei ist allerdings unbedingt der Datenschutz zu berücksichtigen. Studierende müssen der Speicherung entsprechender Nutzungsdaten zustimmen. 

Nachteile

  • Das Einpflegen der Raumdaten sowie die Wartung des Raumbuchungssystems sind sehr aufwändig.
  • Durch die Buchung von Räumen geht ein gewisses Maß an Spontanität verloren. Die Nutzung von Lernräumen wird zur Bürokratie.
  • Räume werden eventuell blockiert, wenn sie „auf Vorrat“ reserviert werden.
  • Wenn Studierende sehen, dass keine buchbaren Lernplätze mehr frei sind, bleiben sie eventuell dem Campus fern, obwohl sie frei zugängliche Lernplätze nutzen könnten.
  • Das Raumbuchungssystem erzeugt Nutzungsprofile für die Räume, aber auch für die benutzenden Personen. Hier müssen unbedingt Vereinbarungen zum Datenschutz getroffen werden und die Systeme müssen eine datensparsame Nutzung ermöglichen. 

Werkzeuge

Raumbuchungssysteme gibt es an vielen Hochschulen. Dabei handelt es sich entweder um kommerzielle Systeme, selbstentwickelte Systeme oder um Lernmanagementsysteme, die über Funktionen zur Buchung von Raumressourcen verfügen. Als kommerzielle Systeme können z.B. Google Calendar, Youcanbook.me, Microsoft Exchange (mit Raumressourcen) oder Evoko genannten werden.

Beispiele

Beispiele für Raumbuchungssysteme finden sich an vielen Hochschulen – manchmal umfasst die Möglichkeit zur Raumbuchung den gesamten Campus, manchmal nur Räume im Bereich der Bibliothek oder in Lernzentren. Einige Hochschulen informieren auf ihren Webseiten auch frei zugänglich über die verfügbaren Räume sowie Nutzungsregeln.

An der Georg-August-Universität Göttingen können über ein Raumbuchungssystem sowohl Einzel- und Gruppenräume als auch Schließfächer in einem großen Lern- und Studiengebäude mit mehr als 650 Einzel- und Gruppenarbeitsplätzen online gebucht werden. Nach der – bspw. am Smartphone – durchgeführten Raumreservierung können sich die Studierenden an bereitstehenden Terminals im Gebäude einen elektronischen Schlüssel für den jeweiligen Raum oder das Schließfach auf ihre Studierendenausweise schreiben lassen. Die Ausweiskarte öffnet dann die Türe. Nach der Raumnutzung erfolgt die Abmeldung wieder elektronisch über die Terminals.

An der Universitätsbibliothek Leipzig erfolg die Raumbuchung über das jeweilige Bibliothekskonto. Es können an verschiedenen Standorten der Bibliothek für einen begrenzten Zeitraum Gruppenarbeitsräume gebucht werden. Eine Übersichtsseite informiert über die Anzahl der Arbeitsplätze und die Ausstattung der Räume. Für jeden Raum ist zudem ein Kalender mit übersichtlichem Farbsystem hinterlegt, der einen schnellen Überblick über den Buchungsstatus des Raumes gibt.

Auch das Lernzentrum der Hochschule Bielefeld ermöglicht Studierenden die selbstständige Buchung von Gruppenarbeitsräumen über ein Raumbuchungssystem. Eine Raumübersicht informiert anhand von Fotos und Text über die jeweilige Ausstattung und Kapazität der Räume.

Weitere Beispiele für Raumbuchungssysteme finden sich an der Universitätsbibliothek Tübingen sowie an den Bibliotheken der Hochschule Osnabrück, mit ihrem Raumbuchungssystem „zeitwart“.