Makerspace

Ein Makerspace ermöglicht die Umsetzung von Prototypen durch Bereitstellung von Materialien, digitalen Bausteinen, Werkzeugen, 3D-Druckern, Laser-Cuttern, Nähmaschinen und weiteren Geräten. Es handelt sich um eine Werkstatt, die von mehreren Projektteams genutzt werden kann.

Kontext

Mit dem Aufkommen von Do-it-Yourself-Bewegungen (DIY), der 3D-Druck-Revolution und Einplatinenrechnern wie Raspberry wächst die Maker-Kultur rasant. Das Selbermachen, Ausprobieren und in-die-Welt-Bringen neuer Ideen hat inzwischen einen erhöhten Stellenwert. Anhand der praktischen Umsetzung von Lösungen und Prototypen werden neue Erkenntnisse gewonnen, die über rein theoretische Betrachtungen hinausgehen. Jeder Prototyp kann dabei empirische Erkenntnisse liefern. Für die Hochschullehre bietet die Maker-Kultur somit die Möglichkeit, Studierenden Kreativräume zu eröffnen und eigene Ideen praktisch zu erproben.

Problem

Für das Umsetzen eigener Ideen werden neben der Expertise auch spezielle Geräte und Bauteile benötigt, die teuer sind oder nicht einfach eingesetzt werden können. Ohne den Zugang zu entsprechenden Geräten und Unterstützung durch Expertinnen und Experten können kreative Ideen nicht umgesetzt werden.

Rahmenbedingungen

  • Bereitstellen von Geräten: 3D-Drucker, Laser-Cutter und Makerbausteine sind oft teuer in der Anschaffung. Die Anschaffung ist für Studierende kaum finanzierbar und lohnt sich auch nicht, da nicht fortlaufend mit den Geräten gearbeitet wird.
  • Expertise: Ohne Kontakt zu Personen, die über eine entsprechende Expertise verfügen und bereits mit den zu nutzenden Geräten vertraut sind, ist der Einstieg sehr schwer, da Wissen und Know-How fehlen.
  • Angst vor Fehlern: Viele Studierende haben Angst vor dem Selbermachen oder vor dem Kaputtmachen von Geräten.
  • Kreatives Umfeld: Altbekannte Umgebungen führen zu oft zu altbekannten Ideen – neue Umgebungen fördern neue Ideen.
  • Embodiment: Kreatives Handeln beginnt im Kopf, gleichzeitig entstehen durch die Auseinandersetzung mit Materialien und physischen Objekten neue Ideen.
  • Ausprobieren: Erst mit dem Ausprobieren bekommt man Erfahrungen.
  • Learning by doing: Es gibt kein Scheitern, sondern nur Lernen. Prototypen sind nicht teuer und können schnell umgesetzt werden, wenn die richtigen Geräte und Materialien bereitstehen. So lässt sich schnell erproben, was funktioniert. Durch das schnelle Umsetzen von Prototypen, lernt man mehr über die eigenen Konzepte.
  • Prototyping: Das Entwickeln, Ausprobieren und Verfeinern von Prototypen ist zentraler Bestandteil des Design-Thinking-Ansatzes. Es geht darum, Fehlansätze frühzeitig zu erkennen, zu korrigieren und in mehreren Iterationsschritten zu verbessern. Prototyping löst das „Theory vs. Practice“-Dilemma – theoretische Ideen können nicht alle Eigenschaften der realen Welt berücksichtigen. Um zu sehen, wie sich Lösungen in der realen, physischen Welt verhalten und anfühlen, müssen diese in die Welt gebracht werden. Oft gibt es versteckte Seiteneffekte bzw. Begleiterscheinungen, die erst anhand tatsächlicher physischer Artefakte entdeckt und verstanden werden.
  • Konversation mit dem Gegenstand: Das Erzeugen prototypischer Produkte hilft dabei, ein besseres Verständnis sowohl für die Lösung als auch das zugrundeliegende Problem zu erlangen, da oft versteckte Einflussfaktoren identifiziert werden können. Prototypen ermöglichen es, Produkte kontinuierlich zu verfeinern und zu verbessern. Das Erstellen von Prototypen und Proof-of-Concepts geht schneller und kostengünstiger als das Entwickeln finaler Produkte.

Lösung

Ein Makerspace ist eine Werkstatt, die für die Umsetzung von physischen Prototypen und Produkten mit Hilfe von (digitalen) Werkzeugen und Bausteinen ausgelegt ist. Sie ist typischerweise mit 3D-Druckern, Laser-Cuttern und weiteren Produktionswerkzeugen ausgestattet, mit denen sich digitale (2D- oder 3D-)Modelle in die Welt bringen lassen. Darüber hinaus finden sich typische Werkzeuge zum Konstruieren und Fertigen. Viele Makerspaces legen einen Schwerpunkt auf die Verknüpfung der physischen und digitalen Welt, indem sie die Produktion von Objekten ermöglichen, die selbst digital gesteuert oder angereichert sind. Hierzu kommen digitale Bausteine, Sensoren, Steuerungen usw. zum Einsatz. Sie ermöglichen das Umsetzen von Internet-of-Things-Lösungen.

Details

Typisch für einen Makerspace ist die Nutzung durch mehrere Teams, die gleichzeitig oder nacheinander die Werkstätte nutzen können. Aufgrund der vielen Spezialgeräte sollte ein Makerspace durch wissenschaftliche Mitarbeitende oder Hilfskräfte betreut werden. Diese können Einführungen geben, unterstützen und erklären. Nutzerinnen und Nutzer des Makerspaces helfen sich zudem gegenseitig. Sie teilen ihre Ideen miteinander und präsentieren ihre Entwicklungen, um andere zu inspirieren. Ein Makerspace zeichnet sich daher auch durch Offenheit aus, d.h. Studierende können den Raum für die Umsetzung eigener Projekte nutzen.

Wenn ein Makerspace zudem einem breiteren Publikum geöffnet wird, also nicht nur für Angehörige der Hochschule nutzbar ist, dann kann ein Makerspace auch als Fablab deklariert werden. Dabei handelt es sich um eine Marke, die für zeitweise offen zugängliche Makerspaces verwendet werden darf. Diese Öffnung der Makerspaces gibt gleichzeitig die Möglichkeit, dass Studierende ihre Expertise an andere weitergeben.

In einem Makerspace befinden sich oft Geräte und Bausteine, die Nutzerinnen und Nutzer bei sich zuhause nicht oder nicht in diesem Umfang vorfinden. Es kommen z.B. 3D-Drucker mit unterschiedlichem Professionalitätsgrad zum Einsatz. Dies erlaubt auch einen Vergleich der Technologien.

Bei der Bereitstellung von Digitalbausteinen kann auf verschiedene Plattformen aufgesetzt werden, sehr bekannt sind z.B. Rasperri Pi oder Arduino. Es gibt aber auch Lösungen anderer kommerzieller Hersteller, z.B. Little Bits, Samkit, Legotechnik oder Fishertechnik. Die verschiedenen Systeme unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Komplexität, Flexibilität und Einstiegshürden. Ein großer Makerspace kann daher auch verschiedene Systeme parallel bereithalten. Offene Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass es viele Komponenten unterschiedlicher Anbieter gibt.
Es empfiehlt sich, vor allem auf Komponenten zu setzen, die nicht zu exotisch sind. Dort findet sich meist eine breitere Entwicklergemeinschaft und es steht eine bessere Dokumentation zur Verfügung.

Neben den Technologiebausteinen gibt es weitere typische Materialien in einem Makerspace. Dazu gehören Kunststoffe für den 3D-Drucker, Metall und CnC, Holz oder Acryl für den Lasercutter, Nähmaschinen und Stoff, Pappe und Schneidegeräte.

Es muss zudem Werkbänke geben, um stehend an Dingen zu bauen. Gleichzeitig wird ein Arbeitsplatz zum Sitzen benötigt, um Coding und Building zu ermöglichen. Software und Hardware sind eng miteinander verbunden, daher muss ein schneller Wechsel der Arbeitsmodi möglich sein.

Stolpersteine

  • Bei der Anschaffung von digitalen Bausteinen ist darauf zu achten, dass nur Komponenten verwendet werden, die auch für den Einsatz im jeweiligen Land zugelassen sind (Zertifizierung).
  • Oft werden Geräte und Produkte gebaut, ohne dass Ingenieurs-Know-How vorhanden ist. So können z.B. die Überhitzung oder das Fehlen von Sicherheitsmechanismen gefährlich werden. Sicherheitsvorschriften sind daher genau zu beachten und entsprechende Vorkehrungen sind zu treffen und einzuhalten.
  • Der Bereich soll zum Ausprobieren einladen, es soll keine hohen Barrieren geben, Material und Werkzeuge zu nutzen. Der Bereich soll eine Maker-Kultur fördern, und die Einstellung der Nutzerinnen und Nutzer zum aktiven Bauen und Ausprobieren öffnen (Doorley & Witthoft, 2012).
  • Der Raum sollte unterschiedliche Maker-Komponenten enthalten, die verschiedene Einstiegsgrade und Flexibilität ermöglichen (Barett et al., 2015).
  • Die vielen Komponenten müssen schnell geordnet werden können. Sensoren und Bauteile müssen ready-to-use verfügbar sein. Das Einlagern und Zeigen von Artefakten, an denen gerade gearbeitet wird, muss möglich sein.
  • Entwicklungsbeispiele sollten ausgestellt werden. Es könnte eine „Wall of Inspiration“ geben. Dort werden kleinere Internet-of-Things-Beispiele montiert, um beispielhaft zu zeigen, was möglich ist.
  • Im Kontext von Makespaces wird insbesondere die offene Zugänglichkeit betont. Ähnlich wie Open-Source-Software soll durch Open Hardware (d.h. frei nutzbare Entwürfe und Modelle von Hardware) erreicht werden, dass gemeinschaftlich und in verschiedenen Teams Hardware-Produkte verbessert werden. Das FabLab-Netzwerk ist ein Verbund von Makerspaces, die – zumindest teilweise – der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich sind. Dies erfordert zusätzliche Betreuungspersonen, deren Finanzierung im Budget der Hochschulen nicht unmittelbar vorgesehen ist.

Vorteile

  • Es gibt einen zentralen Anlaufpunkt, an dem sich aktive Entwicklerinnen und Entwickler treffen können.
  • Teure Geräte, Werkzeuge und Bausteine müssen von den Studierenden oder weiteren Nutzenden nicht selbst angeschafft werden.
  • Nutzerinnen und Nutzer inspirieren sich gegenseitig und treffen auf Expertinnen und Experten, die ihr Know-How gerne weitergeben.
  • Als offene Werkstatt erlaubt ein Makerspace das Beobachten von Prozessen (wie wird gebaut?) und das über-die-Schulter-Schauen, wenn Dinge entstehen.
  • Der Makerspace regt zum Ausprobieren an und ermöglicht es, verschiedene Werkzeuge, Maschinen und Maker-Kits kennenzulernen und zu bewerten.
  • Ideen können dank Feedback besser wachsen, z.B. durch Input von anderen Personen im Makerspace. Der Makerspace erlaubt das Testen und empirische Überprüfen, ob eine Idee tatsächlich funktioniert.

Nachteile

  • Mit dem Makerspace ist man an einen Werkstattort gebunden, die Maker-Kultur erhält keinen Einzug in andere kreative Räume. Spontanes Bauen geht nicht zu Hause.
  • Es gibt keine echte Privatsphäre für die Teilnehmenden. Wenn Personen vor Ort nicht „freundlich“ sind, dann kann aus Angst vor Fehlern oder dummen Kommentare keine freie Entfaltung stattfinden.
  • Die Werkstatt wird schnell unordentlich, da hier verschiedene Akteure parallel arbeiten.
  • Teams können sich in den Weg kommen, es gibt nur begrenzten Platz. Eventuell können nicht alle gleichzeitig den Raum nutzen. In diesem Fall kann das Einrichten von Makergaragen sinnvoll sein.
  • Viele Makerspaces ermöglichen vor allem das Drucken von 3D-Modellen. Dabei kommen oft fertige 3D-Dateien aus dem Internet zum Einsatz, so dass sich das „Machen“ auf das einfache Ausdrucken beschränkt und keine eigenen Lösungen entwickelt werden.
  • Der Einsatz billiger Technikbausteine und von Kunststoffen für den 3D-Druck steht im Widerspruch zu einem ökologisch-nachhaltigen Umgang mit Ressourcen.

Werkzeuge

Neben den einzelnen Digitalbausteinen gibt es Schlüsselkomponenten – im Prinzip Herzstücke für komplexere Lösungen. Solche Basiskomponenten sind etwa:

  • Raspberry Pi (Kleinstcomputer für mehr Power und Flexibilität)
  • Arduino (Microcontroller; sehr gut für Anfänger, schnelle Steckprototypen und sogar kindgerecht)
  • ESP8266 u. ESP32 (günstiger Microcontroller mit WLAN und Betriebssystem, sehr klein und mit Arduino kompatibel)

Beispiele

Die Universität Göttingen betreibt mehrere Makerspaces in unterschiedlichen Fachbereichen. So werden in der Medizin 3D-Modelle gescannt und gedruckt, in der Filmproduktion kommen gedruckte 3D-Modelle zum Einsatz. Die Hochschule betont das gemeinsame Arbeiten und Teilen von Erfolgen und Misserfolgen, um so in einer Entwickler-Community ko-kreativ zu arbeiten.

Die Technische Universität Dortmund bietet ihren Studierenden mit der Maker World eine kreative Werkstatt- und Laborumgebung an, in der digital gestützt und kollaborativ eigene technische Projekte umgesetzt werden können. Die Maker World ist Teil des Hybrid Learning Center (HyLeC) und zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass sie nach den Prinzipien der Barrierefreiheit gestaltet und eingerichtet wurde. Studierenden aller Fakultäten können die Maker World kostenfrei nutzen. Neben 3D-Drucker, Lasercutter oder Stickmaschine stehen unterschiedliche Werkzeuge, Techniken und Tools zur Verfügung.

Das Design-Lab der Hochschule Worms richtet sich an Forschende, Gründerinnen und Gründer der Hochschule. Der Raum ermöglicht das Erlernen von Design Thinking und Prototyping. Auch die Hochschule Hof verfolgt mit ihrem MakerSpace das Ziel, neue Erfindungen und Gründungen zu fördern.

Makerspace an der TH Köln
Makerspaces an der TH Köln (Fotos: Christian Kohls/ TH Köln)


An der TH Köln gibt es mehrere Makerspaces. Am Campus Gummersbach gibt es eine „machbar“, in der unterschiedliche 3D-Drucker, Scanner, Lasercutter und Internet-of-Things-Bausteine bereitstehen. Der Fokus liegt auf der Entwicklung digitaler Produkte. Der Makerspace kommt auch für Design-Kurse zum Einsatz, z.B. um Methodenkarten oder Spielelemente zu drucken. Am Campus Deutz stehen auf 250 qm Maschinen und Werkzeuge für alle Fakultäten der Hochschule bereit, um Rapid Prototyping zu ermöglichen. Hierfür stehen modular anpassbare Arbeitsplätze zur Verfügung

Weitere Informationen

Einen Überblick über die Maker-Kultur und die Ziele der offenen Werkstätten findet sich im Medienpädagogik-Praxisblog. Neben der Möglichkeit zur Umsetzung eigener Entwicklungsideen wird auf die begleitenden Angebote hingewiesen, z.B. Einführungskurse und Betreuung bei der technischen Umsetzung.

In der Ausgabe 04/2017 veröffentlichte das Fachmagazin für Digitalisierung in der Lehre Synergie zahlreiche Beiträge mit Praxisbeispielen für Makerspaces an Hochschulen.