Makergarage

Eine Makergarage ist ein kleiner Gruppen- oder Werkstattraum, der über einen längeren Zeitraum von einer Projektgruppe gebucht werden kann, um kontinuierlich an einem Umsetzungsprojekt zu arbeiten. Dabei entsteht ein physischer Prototyp, z.B. eine Skulptur, eine Maschine oder ein technisches Gerät. Im Unterschied zu einem offenen Makerspace steht die Garage einem Team für einen längeren Zeitraum zur Verfügung.

Kontext

Studierende erwerben Kompetenzen besonders effektiv, wenn sie problembasiert in Teams an realistischen Aufgabenstellungen arbeiten. Hierzu ist es erforderlich, dass Studierende ungestört über einen längeren Zeitraum an einem Projekt arbeiten können. Auf dem Hochschulcampus gibt es aber vornehmlich Räume, die gemeinschaftlich und von vielen verschiedenen Gruppen genutzt werden. Studierende benötigen zudem für Projektarbeiten oftmals Zugriff auf besondere Materialien und Werkzeuge, die ihnen daheim nicht zur Verfügung stehen.

Problem

Bei der geteilten Nutzung von Gruppen- oder Werkstatträumen durch mehrere Teams können sich einzelne Projekte in die Quere kommen, z.B. weil Arbeitsmaterialien durcheinandergeraten oder Teams nicht ungestört diskutieren und experimentieren können.

Rahmenbedingungen

  • Privater und öffentlicher Raum: Teams benötigen auch geschützte Arbeitsbereiche, in denen sie über einen längeren Zeitraum ungestört arbeiten können. Auf der anderen Seite sind Hochschulen öffentliche Gebäude, die für alle Campusangehörige nutzbar sein sollen.
  • Maker-Kultur: An vielen Hochschulen und Bibliotheken entstehen Makerspaces, um Studierenden die praktische Umsetzung ihrer Projektideen zu ermöglichen. Diese Räumlichkeiten können jedoch von einem Team meist nur für ein paar Stunden genutzt werden, da auch andere den Raum nutzen möchten.
  • Knappheit: Der Raum für Projektarbeit ist auf dem Campus eine besonders knappe Ressource. Räume müssen effektiv und intensiv genutzt werden, wenn sie belegt sind. Für größere Projekte und für Sprints müssen Studierende jedoch die Möglichkeit haben, einen Arbeitsbereich über einen Zeitraum von Tagen, Wochen oder gar Monaten nutzen zu können, um Informationen zu sammeln oder Dinge zu bauen.
  • Transparenz: Andere Studierende sollten sehen können, was in belegten Räumen passiert. Es muss transparent sein, was in Projekträumen geschieht und nach welchen Regeln diese einem Team zugeordnet werden.
  • Kreatives Durcheinander: Projektteams sollten experimentieren und Ideen durchspielen können. Es entsteht schnell ein kreatives Chaos und Durcheinander. Diese ordentliche Unordnung am Ende einer Arbeitssitzung wieder aufzuräumen ist meist nicht sinnvoll, da das Projektteam an genau derselben Stelle weiterarbeiten möchte. Anderseits möchte man nicht, dass sich unterschiedliche Teams ins Gehege kommen und die Projektartefakte durcheinandergeraten. Zudem sollte die Unordnung lokal begrenzt sein.
  • Identität: Studierende möchten sich mit ihren Projekten und ihrer Arbeitsumgebung identifizieren können. Diese „Ownership“ erhöht die Motivation und Produktivität. Wenn Teams ihre eigene Home-Base schaffen und individuell gestalten können, dann erhöht dies die Kreativität und den Team-Spirit.
  • Digitale Maker-Bausteine: Es gibt inzwischen zahlreiche Bausteine, um technische Prototypen zu erstellen. Es gibt verschiedene Basissysteme für Maker-Projekte (z.B. Raspberry Pi, Arduino, Little Bits, Fischertechnik) und zahlreiche Sensoren, Motoren, Displays sowie weitere Ein- und Ausgabegeräte. Die Vielzahl der Komponenten ist für die persönliche Anschaffung der Studierenden viel zu teuer. Um Internet-of-Things-Projekte zu verwirklichen, benötigen Studierende Zugang zu den Komponenten und Platz, um mit diesen zu arbeiten.

Lösung

Kleine Räume oder abgetrennte Bereiche können als Makergaragen eingesetzt werden. Im Gegensatz zu einem großen Makerspace, der von unterschiedlichen Teams parallel oder direkt nacheinander genutzt wird, bietet die Garage für einen längeren Zeitraum einen geschützten Arbeitsbereich. Dieser Arbeitsbereich wird einem Projektteam exklusiv für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt, z.B. im Rahmen einer Projekt- oder Bachelorarbeit. Dabei sollten auch andere sehen können, was im Raum passiert, um sich einerseits inspirieren zu lassen und anderseits sicherzustellen, dass der belegte Raum auch effektiv und häufig genutzt wird.

Details

Der Raum sollte Platz für 3-6 Teammitglieder bieten. Die Größe entspricht einer großen Garage. Der Raum kann für einen einwöchigen Design Sprint, monatsweise oder für ein Semester einem Team zugeordnet werden. Es empfiehlt sich, klare Regeln aufzustellen und die Raumzuteilung gut zu organisieren.

Der Raum sollte mit typischen Maker-Materialien, Design- und Moderationswerkzeugen ausgestattet sein. Die Nutzung der Materialien sollte selbsterklärend oder durch einfache Anleitungen (z.B. per QR-Code-Verknüpfung bereitgestellte Booklets oder Videos) erklärt werden, da Studierende den Raum meist unbetreut nutzen.

Aufgrund der knappen Verfügbarkeit dieser Räume sollten Teams sich dazu verpflichten, diesen auch regelmäßig zu nutzen – also nicht nur einen Tag pro Woche, sondern eher täglich.

Als Gegenleistung für die exklusive Nutzung kann man von den Studierenden eine symbolische Gebühr verlangen, z.B. indem sie in Blogbeiträgen oder anderen Social Media-Beiträgen über ihr Projekt und die Raumnutzung berichten. Auch das Einrichten eines speziellen Blogs, der über die Aktivitäten in den Makergaragen berichtet, kann eine Lösung sein.

Die Sichtbarkeit der Aktivitäten in der Makergarage kann zudem durch digitale Displays ergänzt werden. Die Displays können darüber informieren, welche Aktivitäten gerade in der Garage stattfinden bzw. an welchem Projekt gearbeitet wird. Dies weckt die Neugierde und das Interesse anderer Studierender und Dozierender. Dabei sollte mit dem Projektteam vereinbart werden, dass es regelmäßig Informationen aktualisiert und den Projektfortschritt dokumentiert.

Stolpersteine

  • Lehrende müssen das Projekt kontinuierlich begleiten. Dies kann einen erheblichen Mehraufwand bedeuten. Zudem ist es erforderlich, dass die Prüfungskriterien und die Prüfungsform für das Projekt klar kommuniziert werden, z.B. eine Abschlusspräsentation, ein Bericht oder ein kontinuierlich gepflegtes E-Portfolio.
  • Die Nutzung der Makergarage sollte mit einer curricular verankerten Lehrveranstaltung verknüpft sein. Zudem sollte der Umfang der Projektarbeit nicht mit anderen Lehrveranstaltungen kollidieren. Sie eignet sich somit vor allem für Projekte in höheren Semestern oder für Abschlussprojekte.
  • Gefährliche Laborausstattung sollte sich nicht in einer Makergarage befinden. Es muss transparent sein, mit welchen Materialien und Geräten gearbeitet werden darf.
  • Trotzdem muss der Raum regelmäßig auf seine technische Sicherheit und die Funktionsfähigkeit der Ausstattung kontrolliert werden. Gleichzeitig sollte dies nicht die freie Entfaltung der Projektgruppe in den Räumlichkeiten beeinträchtigen.
  • Die Makergaragen werden sehr begehrt sein. Die Nutzungsberechtigungen für studentische Arbeitsräume müssen daher fair, transparent und angemessen sein.

Vorteile

  • Makergaragen ermöglichen das Arbeiten an einem Projekt über längere Zeiträume, um so konzentriert und ungestört ein Ergebnis zu entwickeln. Sie sind bestens ausgestattet und darauf ausgelegt, Artefakte, Bauten, Roboter, Geräte usw. zu konstruieren. Dies geschieht in einer geschützten Umgebung, halb-öffentlich, halb-privat.
  • Die Aktivität in den Garagen kann andere inspirieren und zeigt, was möglich ist.
  • Arbeitsmaterialien werden leicht zugänglich gemacht, gleichzeitig hat man weiterhin die Kontrolle über die Nutzung und das Team erhält Verantwortung für die sachgemäße Nutzung.
  • Professorinnen und Professoren sowie wissenschaftliche Mitarbeitende können sehen, was in den Garagen geschieht und bei Bedarf Tipps und Hilfestellung geben. Der Garagencharakter schafft zudem eine gute Startup-Atmosphäre.

Nachteile

  • Die Raumvergabe muss organisiert werden. Zudem müssen Kriterien für die Vergabe erarbeitet werden.
  • Die Arbeit in den Räumen geschieht eigenverantwortlich, dennoch muss eine Steuerung und Prüfung der Aktivitäten stattfinden. Insbesondere müssen sicherheitsrelevante Vorkehrung getroffen werden, z.B. eine ordentliche Nutzungseinweisung, Notausschalter, ungefährliche Werkzeuge und Materialien.
  • Das Einrichten der Makergaragen ist kostspielig und benötigt mehr Raumressourcen als in den aktuellen Kennzahlen vorgesehen ist.
  • Aufgrund der Knappheit der Ressource wird an das Projektteam der Anspruch erhoben, möglichst viel Zeit in der Makergarage zu verbringen. Dies kann den Druck auf das Team erhöhen oder auch dazu führen, dass die Makergarage für andere Zwecke verwendet wird – z.B. als persönlicher Lernraum statt als Arbeitsraum für ein definiertes Projekt.

Beispiele

Im Studiengang „Code & Context“ der Technischen Hochschule Köln haben Projektgruppen die Möglichkeit, mit typischen Maker-Materialien ausgestattete, kleine, nach außen hin transparente Räume für einen vereinbarten Zeitraum exklusiv zu nutzen.

Makergaragen an der TH Köln
Makergaragen im Studiengang Code & Context an der TH Köln (Fotos: Christian Kohls)

Auch im internationalen Kontext finden sich an Hochschulen verschiedene Variationen des Konzepts Makergarage. An der University of Portland können beispielweise etwas größere, nicht vollständig von außen einsehbare Räume von studentischen Projektgruppen genutzt werden. An der Keio University in Tokio stehen kleinere Räume zur Verfügung, die nicht dauerhaft mit Arbeitsmaterialien ausgestattet sind, sondern von den jeweiligen Arbeitsgruppen je nach Bedarf bestückt werden müssen.

Beispielbilder für Makergaragen
Makergaragen an der University of Portland (links) und an der Keio University, Tokio (rechts)
(Fotos: Christian Kohls)

Weitere Informationen

Dark Horse Innovation (2018), eine Innovationsberatung junger Gründerinnen und Gründer aus unterschiedlichen Disziplinen, beschreiben in dem Praxisbuch New Workspace Playbook konkrete Raumgestaltungskonzepte für neue Arbeitsräume. Dazu gehören auch Garagen im Sinne von Makerspaces und Prototyping-Stationen.