Hybrider Video-Seminarraum

Ein hybrider Video-Seminarraum verfügt über eine vorinstallierte Technik, die es ermöglicht, ohne besonderen Vorbereitungsaufwand ein Seminar zu gestalten, bei dem nur ein Teil der Studierenden im Seminarraum physisch anwesend ist und ein relevanter Anteil der Veranstaltung online gemeinsam mit Beteiligten von außerhalb des Seminarraums stattfindet.

Hauptbild des Beitrags

Hybride Video-Seminarräume auf dem Bildungscampus in Heilbronn und an der Universität von Virginia (Fotos: Christian Kohls)

Kontext

Synchrone, hybride Lehrszenarien bieten an Hochschulen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn Seminare in dieser Form angeboten werden, steht – anders als bei großen Vorlesungen – der Austausch innerhalb der Lerngruppe im Mittelpunkt. Um es einzelnen Studierenden zu ermöglichen, sich trotz persönlicher Hindernisse (wie Krankheit, Betreuungsaufgaben oder einer weiten Anreise) produktiv an der Gestaltung der Lehrveranstaltung zu beteiligen, bietet es sich an, ein hybrides Präsenzseminar zu organisieren. Ziel dieses Formats ist es, einzelne online zugeschaltete Studierende gegenüber der in physischer Präsenz an der Hochschule versammelten Gruppe weitgehend gleichberechtigt in die Seminardiskussion einzubinden.

Lehrveranstaltungen können dabei beipielsweise als hybrides Präsenzseminar oder auch als standortübergreifendes Hybridseminar umgesetzt werden. Ein standortübergreifendes Hybridseminar ermöglicht es, in der Zusammenarbeit mehrerer Hochschulstandorte die Vorteile einer Online-Veranstaltung mit der produktiven Gruppendynamik und den sozialen und akademischen Vorteile einer Seminardiskussion in physischer Präsenz zu kombinieren.

Problem

Um synchrone, hybride Lehrszenarien an Hochschulen realisieren zu können, bedarf es einer geeigneten technischen Infrastruktur und passender Räumlichkeiten. Wenn der Raum, in dem das hybride Seminar stattfindet, für jede Sitzung erneut mit Kameras und Mikrofonen ausgestattet werden muss, ist der Vorbereitungsaufwand relativ hoch – gegebenenfalls ist für jeden einzelnen Termin die Unterstützung durch eine technische Supportabteilung erforderlich. Mit hoher Wahrscheinlichkeit variiert außerdem von Sitzung zu Sitzung die Darstellungs- und Übertragungsqualität von Bild und Ton.

Rahmenbedingungen

  • Unterschiedliche Vorkenntnisse: Dozierende sind im Umgang mit der erforderlichen technischen Infrastruktur für ein hybrides Seminar in unterschiedlichem Maße erfahren.
  • Aufwandsreduktion: Dozierende sind in der Regel bestrebt, den organisatorischen Aufwand für die Vorbereitung ihrer Lehrveranstaltung so gering wie möglich zu halten.
  • Flexibilität: Für die Gestaltung eines hybriden Seminars können unterschiedliche Formen der Interaktion und Kollaboration relevant sein – sowohl innerhalb der im Seminarraum anwesenden Gruppe als auch online zwischen allen Beteiligten.
  • Anforderungen an die technische Ausstattung: Damit der Austausch zwischen allen Beteiligten reibungslos funktioniert, ist es erforderlich, dass die im Seminarraum anwesenden Personen und die online zugeschalteten Personen sich gegenseitig sehen und die jeweiligen Wortbeiträge gut verstehen können. Damit sich Lehrende und Studierende auf die Seminarinhalte konzentrieren können, sollte die Qualität der Übertragung von Bild und Ton bei jeder Seminarsitzung gleichbleibend gut sein. Außerdem sollte der Austausch von Dateien und die Präsentation von Arbeitsergebnissen für alle Beteiligten einwandfrei funktionieren. 

Lösung

An der Hochschule werden hybride Video-Seminarräume eingerichtet. In diesen Räumen sind Kameras und Decken- bzw. Raummikrofone installiert, die eine Live-Übertragung der Interaktionen an andere Standorte ermöglichen. Das Bild der online zugeschalteten Teilnehmenden (bzw. Gruppen von Teilnehmenden) wird an einem zentralen Punkt im Raum auf einer großen Präsentationsfläche, beispielsweise einem interaktiven Whiteboard, angezeigt und der Ton über Lautsprecher wiedergegeben. Die Präsentationsfläche wird sowohl für die Videoprojektion, die Darstellung von Präsentationen als auch für die gemeinsame Erarbeitung von Inhalten während des Seminars genutzt. Kameras und Mikrofone (gegebenenfalls Array-Mikrofone, mit denen Störgeräusche reduziert werden können) werden so installiert, dass alle Teilnehmenden im Raum gesehen und gehört werden können.

Details

Um unterschiedlichen Lehr-/Lernszenarien Raum zu geben und die Zusammenarbeit in unterschiedlichen Personenkonstellationen zu ermöglichen, sollte auf eine flexible Möblierung des Raumes mit Tischen und Stühlen geachtet werden. Die On-Off-Funktion für die Audio- und Videoübertragung sollte für alle im Seminarraum Anwesenden sichtbar sein, sodass bei Bedarf ein klar erkennbarer Wechsel zwischen dem geschützten Raum einer Diskussion unter physisch Anwesenden und dem größeren, räumlich verteilten Online-Plenum möglich ist. Für den Fall einer Störung im Bereich der vorinstallierten Audiotechnik, sollte ein zusätzliches Handmikrofon verfügbar sein.

Bei der Einrichtung eines hybriden Video-Seminarraums ist im Vorfeld zu prüfen, ob bzw. inwiefern der infrage kommende Raum im Hinblick auf die baulichen Gegebenheiten geeignet ist. Das betrifft insbesondere die akustischen Gestaltungsmöglichkeiten und den Tageslichteinfall sowie die Beleuchtungsmöglichkeiten. Der Raum sollte schallisoliert sein und es sollte verhindert werden, dass ein Hall die Stimmen der Videokonferenzteilnehmenden verzerrt. Außerdem sollte vermieden werden, dass Spiegelungen oder starker Lichteinfall die Anzeige auf der Projektionsfläche und/oder die Kameraaufnahmen vor Ort beeinträchtigen.

Für die Gestaltung eines hybriden Seminars sind weitere technische Details zu beachten. Dazu gehören insbesondere die Verwendung geeigneter Videokonferenz- und Lernmanagementsysteme sowie – je nach didaktischem Szenario – unterschiedliche Aspekte der technischen Ausstattung der Studierenden.

Stolpersteine

  • Die Einrichtung von hybriden Video-Seminarräumen an den Hochschulen ist relativ kostspielig und lohnt sich nur dann, wenn solche Lehrformate regelmäßig umgesetzt werden. Sie ist keine adäquate Lösung für Lehrende, die auf der Suche nach kurzfristigen technischen Gestaltungsmöglichkeiten für ein hybrides Seminar sind.
  • Es muss Ansprechpersonen geben, die sich um die regelmäßige Wartung der Technik kümmern, Schulungen für die Lehrenden anbieten und im Falle von technischen Störungen erreichbar sind.
  • Aufgrund der relativ teuren Ausstattung muss darauf geachtet werden, dass die betreffenden Räume verantwortungsvoll durch Lehrende und Studierende genutzt werden. So sollten beispielsweise Regeln für die Raumnutzung festgelegt und der Zugang zum Raum reglementiert werden. Um Diebstahl oder Vandalismus vorzubeugen, sollte der Video-Seminarraum bei Nicht-Nutzung stets verschlossen sein.
  • Für die Arbeit im hybriden Video-Seminarraum sollte die Teilnehmerzahl vor Ort nicht zu groß sein bzw. es muss genau bedacht werden, für welche Teilnehmerzahl die räumlichen und technischen Voraussetzungen geeignet sind.

Vorteile

  • Durch passende räumliche Gegebenheiten und vorinstallierte Technik ist der organisatorische Vorbereitungsaufwand für die bzw. den Dozierenden gering und ein reibungsloser Seminarablauf möglich.
  • Es ist relativ leicht eine gleichbleibende Qualität der Bild- und Tonübertragung zu gewährleisten.
  • Nach einer einmaligen Schulung der Dozierenden bezüglich der Nutzung des hybriden Video-Seminarraums ist für die einzelnen Lehrveranstaltungen nur noch wenig technischer Support erforderlich.
  • Die Lehrveranstaltung im hybriden Video-Seminarraum kann auf vielfältige didaktische Szenarien zurückgreifen, bei denen eine Kombination von Online- und Offline-Aktivitäten genutzt wird und beispielsweise externe Expertinnen und Experten mit einem hybriden Gastbeitrag eingebunden werden.
  • Für hybride Video-Seminarräume sind weitere Nutzungsszenarien denkbar, z.B. die Aufzeichnung von Lehr- und Lernvideos.

Nachteile

  • Der finanzielle und organisatorische Aufwand für die Errichtung hybrider Video-Seminarräume ist relativ hoch.
  • Wenn an einer Hochschule sehr viele hybride Seminare stattfinden, können einzelne hybride Video-Seminarräume dem Bedarf nicht gerecht werden.

Beispiele