Hackathon

Bei Hackathons wird mit neuen Technologien, Geräten, Produkten, Ideen, Konzepten, Methoden oder Formaten experimentiert, um prototypische Lösungen zu entwickeln. Dabei arbeiten mehrere Projektgruppen über einen längeren zusammenhängenden Zeitraum (meist 3-5 Tage) zusammen, um sich intensiv und ungestört mit der Aufgabenstellung zu beschäftigen.

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Foto: Monika Probst (TH Köln)

Kontext

In Fächern mit starkem Praxisbezug wie z. B. Informatik, Ingenieurwissenschaften oder auch Soziale Arbeit sollen Studierende Lösungen entwickeln und dabei neue Technologien, Geräte, Produkte, Ideen, Konzepte, Methoden oder Formate einsetzen. Die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten eines neuen Ansatzes oder einer neuen Technologie kostet oft viel Zeit und erfordert Hilfestellungen durch Expertinnen und Experten.

Problem

Im Studienalltag gibt es kaum Freiräume, um sich intensiv und fokussiert mit innovativen Technologien und Lösungsansätzen auseinanderzusetzen. Dabei ist auch zu bedenken, dass gerade die Erprobung unbekannter Technologien besondere Herausforderungen mit sich bringt und insbesondere unter Zeitdruck zu Frustrationserlebnissen führen kann. 

Rahmenbedingungen

  • Exploration: Neue Technologien bieten vielfältige Möglichkeiten, die häufig weit über das ursprünglich vorgesehene Einsatzgebiet hinausgehen. Diese Möglichkeiten sind jedoch zunächst unbekannt und müssen erst noch entdeckt werden.
  • Fehlende Dokumentation: Für neue Produkte und Technologien fehlen häufig Erfahrungsberichte und umfangreiche Dokumentationen (z.B. Tutorials, die Beschreibung von Programmierschnittstellen oder Praxisbeispielen). 
  • Vielfältiger Austausch: Wenn sie das Potenzial innovativer Lösungskonzepte – auch für neue gesellschaftliche Herausforderungen – erkunden und erproben, sollten Studierende die Möglichkeit haben, sich mit Lehrenden, mit externen Expertinnen und Experten und auch mit anderen Studierenden auszutauschen. Doch gerade externe Expertinnen und Experten des jeweiligen Fachgebiets stehen in der Regel zeitlich nur sehr begrenzt zur Verfügung.
  • Feedback: Wenn neue Ideen, Konzepte und Lösungen entwickelt werden, dann ist ein frühzeitiges Feedback wichtig, um erforderliche Korrekturen vornehmen zu können.
  • Social Learning: In der Gruppe können Peers voneinander lernen und sich Fähigkeiten voneinander abschauen. 
  • Flow: Es ist wichtig, sich lange und ungestört mit den Möglichkeiten einer Technologie auseinanderzusetzen. Der psychologische Zustand des Flows sollte nicht durch Unterbrechungen gestört werden.

Lösung

Ein Hackathon ist eine Veranstaltung, die mehreren Teams ermöglicht, mit neuen Technologien zu experimentieren und auf diese Weise prototypische Lösungen und Konzepte zu entwickeln. Wie bei einem Marathon wird eine längere Entwicklungsstrecke zurückgelegt. Daher ist ein Hackathon immer auf einen zusammenhängenden Zeitraum angelegt (z. B. drei Tage oder eine Woche). Die Entwicklungsstrecke wird dazu genutzt, um die Möglichkeiten einer Technologie zu erkunden und verschiedenste (auch alternative zu den bisher bekannten) Einsatzmöglichkeiten zu erproben (also Hacks zu entwickeln). 

Details

Hackathons haben ihren Ursprung im Umfeld der Softwareentwicklung und werden daher häufig eingesetzt, um neue Programmiersprachen, Hardware oder Plattformen zu erkunden. Wenn zum Beispiel eine neue Hardware auf den Markt kommt (etwa Bausätze für das Internet der Dinge), dann bieten Hackathons eine Gelegenheit, um deren vielfältige Potenziale zu erkunden und zu demonstrieren, was möglich ist. Dabei geht es oft nicht um die Entwicklung eines fertigen Produktes, sondern eher um einen „Proof of Concept“, also das Zeigen und Belegen, dass etwas prinzipiell möglich ist.

Hackathons werden inzwischen nicht nur eingesetzt, um Technologien zu erkunden, sondern auch um kurzfristig (technologische) Lösungsvorschläge für bestimmte gesellschaftliche Problemstellungen zu erarbeiten – etwa, wenn ein Hackathon durchgeführt wird, um verschiedene Apps für eine Krankheit oder Apps für mehr Bürgerbeteiligung zu entwickeln. Unter dem Motto „Hacking Education“ könnte man z. B. gemeinsam mit Studierenden neue Szenarien entwickeln, wie Technologien in der Hochschullehre eingesetzt werden. Dabei ist zu beachten, dass für die Entwicklung neuer Lösungen unterschiedliche technische Kompetenzen vorausgesetzt werden, z. B. Programmierkenntnisse, Hardwarekenntnisse oder einfach nur Kenntnisse von Produkten und Software. Dies gilt es bei der Planung von Hackathons zu berücksichtigen.

Während eines Hackathons arbeiten mehrere Teams gleichzeitig für einen bestimmten Zeitraum an unterschiedlichen Lösungsideen. Dabei können sich die Teams über die Schulter schauen und sich gegenseitig inspirieren. Entwicklerinnen und Entwickler können voneinander lernen. Oft geschieht das Entwickeln bis in die tiefe Nacht, um den Flow auszunutzen, also das sehr fokussierte und engagierte Arbeiten. Die Verpflegung geschieht meist direkt innerhalb der Hackathon-Räume und besteht oft aus Pizza und anderem Junk-Food, wobei modernere Varianten eher auf Superfood setzen. Bei der Planung ist somit neben der Reservierung von Räumlichkeiten für einen längeren Zeitraum auch die Verpflegung zu berücksichtigen. Die Teilnehmenden sollen ohne Unterbrechungen arbeiten und voll in der Aufgabenstellung aufgehen können. Für die Finanzierung der Verpflegung bieten sich Sponsoring-Modelle an, bei denen Industriepartner die Verpflegungskosten übernehmen.

Zu Beginn eines Hackathons wird zunächst das Entwicklungsziel vorgestellt. Der Einstieg ins Thema kann beispielsweise über Fachvorträge erfolgen. Dies bietet die Option, klassische Vorlesungselemente in einen Hackathon zu integrieren oder auch externe Partner für Impulsvorträge zu gewinnen.

Gleichwohl ist ein Hackathon durch das praktische Umsetzen und Ausprobieren geprägt. Es handelt sich also um eine besondere Form der Projektarbeit. Aufgrund des iterativen Vorgehens und des schnellen Entwickelns prototypischer Lösungen fließen Methoden und Werkzeuge des Design Thinkings (zur Einführung vgl. Uebernickel, Brenner, Pukall, Naef & Schindlholzer, 2015) zunehmend in Hackathons ein: Studierende erkunden zunächst das Problemfeld, fokussieren sich dann auf eine Aufgabe, entwickeln kreative Ideen und setzen diese prototypisch um. Insofern ähneln einige Hackathons auch einem Design Sprint, also einem intensiven vier- bis fünftägigem Design Workshop (vgl. zu diesem Format Knapp, Zeratsky & Kowitz 2016). Der Ablauf sollte allerdings nicht zu sehr formalisiert werden, sodass der spielerische Charakter erhalten bleibt.

Die Atmosphäre während eines Hackathons sollte informell bleiben, es darf auch eine Aufbruchsstimmung und Begeisterung etwas Neues zu erproben bei den Teilnehmenden entstehen. Zu formelle Abläufe und strukturierte Pläne können einem Hackathon schaden. Gleichzeitig sollte aber auch sichergestellt werden, dass bestimmte Lernziele erreicht und bewertet werden können.

Die Rolle der bzw. des Dozierenden ist dabei zu hinterfragen. Sind Dozierende Teilnehmende auf Augenhöhe, Beraterinnen und Berater oder doch eher Lehrende? Kann im Rahmen des Hackathons auf sonst übliche Formalismen verzichtet werden, z. B. durch das „Arbeits-Du“?

Die Zeit während eines Hackathons sollte geblockt sein und die Arbeit an der Problemstellung nicht durch externe Ereignisse oder andere Veranstaltungen unterbrochen werden. Wie bei einem Marathon sollte eine ziemlich lange Wegstrecke an einem Stück zurückgelegt werden. Vergleichbar dem „Runners High“ können während des Hackathons trotz aller Anstrengung und Erschöpfung viele glückliche Momente entstehen, wenn Probleme gelöst und Rätsel geknackt werden.

Stolpersteine

  • Hackathons setzen auf die Neugierde und intrinsische Motivation der Teilnehmenden. Deshalb eignen sie sich eher für Wahlpflichtveranstaltungen. Die Anrechnung als Creditpoints kann dabei eine Herausforderung sein, da Hackathons oft nicht den erforderlichen Zeitumfang haben. Für die Teilnahme an einem einwöchigen Hackathon würde streng genommen nur 1 ECTS (=30 Arbeitsstunden) angerechnet werden können. Daher ist es erforderlich, den Hackathon mit weiteren Lernaktivitäten zu verknüpfen. Bei einer einwöchigen Vorbereitung (z. B. eigene Recherchen oder vorbereitende Lektüre) und ein- bis zweiwöchiger Nachbereitung (z. B. Ausarbeitung des Konzepts oder Prototyps) kann hingegen ein Arbeitsumfang von ca. 150 Stunden erreicht werden (also 5 ECTS).
  • Für Studierende mit Familie können die ungewöhnlich langen Arbeitstage eine Herausforderung sein. Hier können hybride Formate die Teilnahme erleichtern. 

Vorteile

  • Die Studierenden lernen kompetenzorientiert.
  • Die intrinsische Motivation wird besonders gestärkt.
  • Feedback und Hilfestellungen können direkt gegeben werden, da Studierende, Dozierende und ggf. Expertinnen und Experten gleichzeitig vor Ort oder online gemeinsam an der Fragestellung arbeiten.
  • Teamarbeit und sozialer Austausch werden gefördert, denn Hackathons setzen auf Zusammenarbeit.
  • Es werden praxisrelevante Probleme angegangen.
  • Eine intensive Auseinandersetzung mit Lerninhalten erfolgt automatisch, wenn der Hackathon gut läuft.
  • Hackathons können ein besonderes, außeralltägliches Lernerlebnis und soziales Erlebnis bieten.

Nachteile

  • Die Veranstaltung ist sehr aufwändig zu organisieren, da Räume über mehrere Tage benötigt werden, die Veranstaltung in den Stundenplan integriert werden muss und externe Expertise eingebunden werden sollte.
  • Der Erfolg hängt von der Motivation der Studierenden ab und die Bewertung der Arbeitsergebnisse kann sich als schwierig erweisen. Wenn ein Hackathon als reine Pflichtveranstaltung angesehen wird, widerspricht dies dem Ziel freier Entfaltungsmöglichkeiten.
  • Die Integration ins Curriculum ist oft nicht einfach – sowohl hinsichtlich der Stundenplanung als auch in Bezug auf die Anrechnung von Credit Points.

Beispiele

Studierende aus Studiengängen der Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik der Hochschule Osnabrück sowie des Instituts für Kognitionswissenschaft (IKW) der Universität Osnabrück befassten sich Anfang des Jahres 2020 im Rahmen eines Hackathons mit Lösungen für Problemstellungen im Bereich der Fahrzeugtechnik. Die Veranstaltung unter dem Motto „AI 4 Closed-Loop Control Systems“ wurde von einem großen Automobilzulieferer gesponsert.

An der Technischen Hochschule Köln wurden unter den Bedingungen der Kontaktbeschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie in Bachelorstudiengang Technische Informatik Hackathons als Einführungskurs angeboten. Zu der Veranstaltung, die im Wintersemester 2020/2021 stattfand, führten Lehrende des Studiengangs eine Evaluationsstudie durch (Bollenbacher & Rhein, 2021).

An einem „Klima-HackathoN!“ beteiligten sich im Jahr 2022 Studierende des Studiengangs „Nachhaltiges Management“ der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU). Im Rahmen der vom Landesumweltministeriums geförderten Veranstaltung hatten Vertreterinnen und Vertreter von fünf Unternehmen jeweils eine „Klima-Challenge“ für die Studierenden vorbereitet.

Unter dem Motto „#HackYourCampus“ veranstaltet das Hochschulforum Digitalisierung (HFD) seit 2018 regelmäßig Hackathons mit Studierenden an deutschen Hochschulen. Im Jahr 2020 wurde von Seiten des HFD, dem KI-Campus und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) erstmals ein bundesweiter reiner Online-Hackathon zur digitalen Hochschulbildung veranstaltet. An dem Event „#SemesterHack: Wir hacken das digitale Sommersemester“ beteiligten sich Studierende, Lehrende, weitere Hochschulmitarbeitende und auch externe Interessierte.

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