Media4Teachers für Lehramtsstudierende und Lehrende – Ein innovatives Format für digitale Lehre im Unterrichtslabor der BiSE an der Universität Konstanz

16.07.2020: Mit dem offenen Format Media4Teachers wird Studierenden und Lehrenden im Unterrichtslabor an der Binational School of Education (BiSE) der Universität Konstanz die Möglichkeit eröffnet, digitale Lehrangebote im didaktischen Kontext nicht nur kennenzulernen, sondern auch selbstständig zu erproben. Dr. Romy Hempfer stellt im Interview und mit einem Video das Konzept vor.

Zur Videovorstellung von Media4Teachers


Interview

Dr. Romy Hempfer
Dr. Romy Hempfer

Was genau ist unter dem Angebot Media4Teachers zu verstehen?

Romy Hempfer: Media4Teachers ist ein Angebot des Unterrichtslabors der Binational School of Education der Universität Konstanz (BiSE), das durch die Förderung der Qualitätsoffensive Lehrerbildung im Rahmen des Projekts edu4  an der Universität Konstanz seit 2016 aufgebaut und etabliert werden konnte. Ziel des Formats Media4Teachers ist es, Studierenden zu ermöglichen, digitale Anwendungen für den Schulunterricht niederschwellig kennenzulernen, zu erproben und notwendige digitale Kompetenzen zu erwerben. Bei Media4Teachers handelt es sich um ein offenes Angebot, an dem neben Lehramtsstudierenden auch Lehrende unangemeldet teilnehmen können. Pro Semester werden drei Themenblöcke  angeboten, die jeweils dreimal an aufeinanderfolgenden Terminen stattfinden. Die Termine bauen nicht aufeinander auf, so dass die Themen punktuell, je nach Interesse und passendem Termin, ausgesucht und besucht werden können. An jedem der Termine wird jeweils zu Beginn ein maximal 15-minütiger Kurzvortrag zum Thema gehalten. Im Anschluss können dann die vorgestellten digitalen Anwendungen selbst erprobt werden, wobei die Zuständigen des Unterrichtslabors beratend zur Seite stehen. Die sehr gute technische Ausstattung des Unterrichtslabors mit interaktivem Whiteboard, Visualizern, Tablets, Laptops, Kameraausrüstungen und flexiblem Mobiliar mit rollbaren Tischen und Stellwänden ermöglicht es, dass sehr viele Studierende gleichzeitig auch zu unterschiedlichen Themen arbeiten können. Aktuell wird zudem erprobt Media4Teachers zusätzlich auch als Onlineformat anzubieten, um der großen Nachfrage auch ortsunabhängig gerecht werden zu können.

Worin liegt der Mehrwert und welche Grenzen hat das Format?

Romy Hempfer: Digitalisierung im Unterricht ist nicht erst seit der Corona-Pandemie 2020 ein aktuelles Thema. Es gibt zahlreiche Homepages, auf denen Auflistungen und Beschreibungen nützlicher digitaler Tools für den Unterricht zu finden sind. Bei dieser Fülle an Empfehlungen fällt es schwer, den Überblick zu behalten und es erfordert viel Zeit und grundlegende digitale Kompetenzen, um für den jeweiligen Einsatz im eigenen Unterricht geeignete Tools zu finden. Um digitales Lernen in den eigenen Unterricht einbinden zu können, ist es zudem notwendig, eine Grundvorstellung zu haben, welche prinzipiellen Möglichkeiten digitale Tools bieten können. An dieser Stelle setzt das Angebot Media4Teachers an. Die Studierenden sollen eine Grundvorstellung der verschiedenen Einsatzmöglichkeiten digitaler Lernangebote entwickeln, indem sie ausgewählte digitale Anwendungen für mögliche Einsatzszenarien kennenlernen und diese auch kritisch diskutieren. Ausgehend von didaktischen Zielen werden verschiedene digitale Lernszenarien diskutiert und analysiert, welche Voraussetzungen jeweils notwendig sind bzw. wo die Grenzen liegen. Neben der Schulung digitaler Kompetenzen ist es ein wesentliches Ziel des Formats, auch für einen kritisch reflektierten Umgang und didaktisch sinnvollen Einsatz digitaler Medien zu sensibilisieren. Der entscheidende Mehrwert des Formats Media4Teachers liegt in der Verknüpfung von theoretischem Input und selbstständigem Tun im Sinne einer Medienwerkstatt. Das Umsetzen des Erlernten durch das Erstellen eigener Anwendungen und das Anpassen dieser an die eigenen Einsatzszenarien trägt zu einem digitalen Verständnis und Kompetenzerleben bei. Zudem wird durch die während der Veranstaltung fertiggestellten bzw. angepassten Tools die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Einsatz digitaler Lernangebote im eigenen Unterricht gewagt und erprobt wird. Bei der Konzeptionierung des Formats Media4Teachers wurde bewusst ein niederschwelliger und unverbindlicher Zugang gewählt, um möglichst viele Studierende zu erreichen. Es sollte Studierenden ermöglicht werden, ohne Anmeldung, aber auch ohne Anrechnung als Studienleistung, die eigenen digitalen Kompetenzen auszubauen. Diese Konzeption bedingt aber auch, dass nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung steht und keine Kontinuität vorausgesetzt werden kann. Aus diesem Grund kann das Format als ein Anstoß verstanden werden, das Studierenden einen Einblick gibt und die Fülle an Möglichkeiten aufzeigt; ein vertieftes Arbeiten mit fachlicher Anbindung ist in diesem Zeitrahmen nicht möglich. Um dies zu kompensieren, soll das Format weiter ausgebaut und ein zweiter Baustein entwickelt werden. In Kooperation mit Fachdidaktikern der einzelnen Fächer sollen Inhalte von Media4Teachers fachspezifisch angepasst in den jeweiligen Fachdidaktikveranstaltungen vertieft thematisiert werden.

Welche Herausforderungen beinhaltet dieses Format?

Romy Hempfer: Da für die Teilnahme an Media4Teachers keine Anmeldung erforderlich ist, ist die Teilnehmerzahl und -zusammensetzung oft sehr unterschiedlich. Auch die persönlichen Voraussetzungen und Erwartungen der Teilnehmenden sind heterogen. Dies stellt eine Herausforderung für die Durchführenden dar, die sehr flexibel auf unterschiedliche fachliche Ausrichtungen und Zielsetzungen eingehen müssen. Die fachliche Heterogenität bietet aber auch die große Chance für die Lehramtsstudierenden, Einblicke in die verschieden Fächer und fachspezifische Fragestellungen zu bekommen, was für den späteren Beruf sinnvoll ist.
Eine weitere Herausforderung ist es, aus der Fülle von Möglichkeiten geeignete Tools für Media4Teachers auszusuchen. Kriterien sind hierbei zunächst, dass keine nennenswerten Kosten anfallen sollen, damit sie auch von angehenden Lehrpersonen im Alltag genutzt werden und dass der Einsatz unter Berücksichtigung der Datenschutzrichtlinien erfolgen kann. Darüber hinaus werden Tools ausgewählt, die sehr einfach in der Handhabung sind, unkompliziert in den Unterricht integriert werden können und einen echten „Mehrwert“ haben. Media4Teachers findet in drei Blöcken statt, die inhaltlich die folgenden Themenbereiche abdecken:

  1. Tools für das Lernen im Unterricht
  2. Tools für ortsunabhängiges Lernen
  3. Tools für Informationen über das Lernen

Im ersten Block geht es dabei vor allem darum, digitale Anwendungen kennenzulernen, die sinnvoll für die Vermittlung und Bereitstellung von Lerninhalten, sowohl in der Präsenz- als auch in der Onlinelehre, eingesetzt werden können. Der zweite Themenblock thematisiert vor allem Tools, die die Lernenden aktivieren und Partizipation fordern, während der dritte Block insbesondere die Kommunikation und Betreuung der Lernenden mittels digitaler Tools in den Vordergrund stellt (vgl. Abb. 1).

Abb. 1. Übersicht über den inhaltlichen Aufbau von Media4Teachers: Jedes Semester werden neue Themen in drei Blöcken angeboten, die aus den dargestellten Themenbereichen stammen
Abb. 1. Übersicht über den inhaltlichen Aufbau von Media4Teachers: Jedes Semester werden neue Themen in drei Blöcken angeboten, die aus den dargestellten Themenbereichen stammen

Media4Teachers kann auch als reines Onlineformat durchgeführt werden, wenn Präsenzlehre nicht möglich ist. Im aktuellen Semester wurde dies bereits erprobt und Media4Teachers wurde mittels Videokonferenztool online angeboten. Bei dieser Konzeption bestand die besondere Herausforderung vor allem darin, das praktische Lernen und selbstständige Tun, das ein wesentlicher Bestandteil des Formats ist, in ein reines Onlineformat zu integrieren. Dies wurde dadurch gelöst, dass am Ende des ersten Blocks ein freiwilliger Arbeitsauftrag zur Erstellung einer digitalen Anwendung formuliert wurde, mit dem Ziel, das Erarbeitete im darauffolgenden Block mit den Teilnehmenden durchzuführen. Der Mehrwert dieser Aufgabe bestand vor allem darin, dass die Studierenden hierdurch die Möglichkeit hatten, eine digitale Anwendung für Ihr Fach zu erstellen und  diese direkt im darauffolgenden Block praktisch zu erproben und zu diskutieren. Bereits die Tatsache, dass dieser freiwillige Arbeitsauftrag von Studierenden erfüllt wurde, zeigt wie hoch die Motivation der Teilnehmenden und der Bedarf an Formaten wie Media4Teachers ist. Dies bestätigt auch eine Befragung, bei der über 90 % der knapp 80 Teilnehmenden angaben, dass sie Neues gelernt haben und an den weiteren Veranstaltungen von Media4Teachers im kommenden Semester teilnehmen werden, wenn es die Umstände zulassen. Aufgrund der positiven Resonanz ist geplant, zukünftig – zusätzlich zu den Präsenzveranstaltungen von Media4Teachers – auch Live-Onlineangebote anzubieten.

Welche Erträge werden aus dem Format Media4Teachers erwachsen, die auch für andere Lehrende von Nutzen sein können?

Romy Hempfer: Media4Teachers hat sich in den letzten Semestern sehr gut etabliert und inzwischen nehmen neben Lehramtsstudierenden und Lehrenden auch immer öfter Lehrpersonen aus dem Partnerschulnetzwerk der BiSE das Angebot wahr. Das Partnerschulnetzwerk umfasst derzeit insgesamt 23 Partnerschulen der Bodenseeregion, wobei der Hauptgedanke des Netzwerks ein gegenseitiger Austausch von Theoriewissen und Praxiserfahrung ist. Neben diesem Ausbau der Zielgruppen des Formats Media4Teachers sollen zukünftig die Inhalte und die erarbeiteten digitalen Anwendungen auch auf einer öffentlich zugänglichen Plattform des Unterrichtslabors zur Verfügung gestellt werden: Auf MediaMaP, dem „Medien-Markt-Platz“. Hier sollen die aufgezeichneten Veranstaltungen, sowie die erstellten Materialien, Hintergrundinformationen und die Erfahrungen der Teilnehmenden bereitgestellt werden. Darüber hinaus werden auch Informationen zu weiteren Themen des Unterrichtslabors wie beispielsweise „Videofeedback in der Lehrerbildung“ inklusive Tutorials und Unterrichtsmaterialien zu finden sein. Die Etablierung dieser Plattform ist ein Teil des Projekts edu4 und befindet sich aktuell im Aufbau. Bis zur Fertigstellung der Plattform finden Sie alle Informationen zu Media4Teachers sowie Materialien, Präsentationen und Screencasts auf der Homepage des Unterrichtslabors unter www.bise.uni.kn/m4t.

Über die Autorin

Beitragende

Dr. Romy Hempfer ist seit 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Konstanz in verschiedenen Forschungs- und Hochschulprojekten. Die Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit liegen dabei vor allem auf der Konzeptentwicklung und Implementierung im Kontext
der Lehrerbildung. Nach mehrjähriger Tätigkeit im Rahmen der BMBF Förderung „Kooperationsmodelle in der Lehrerbildung“, bringt sie seit 2017 Ihre Expertise im Projekt edu4 der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ (BMBF) ein und verantwortet dabei v.a. die Implementation und Etablierung des Unterrichtslabors sowie die Entwicklung innovativer Formate zur Unterstützung der Digitalisierungsstrategie innerhalb der Lehrerbildung an der Universität Konstanz. Seit 2019 ist sie zudem Dozentin an der PH Weingarten im Fach Mathematik.

Weitere Informationen

Dieser Erfahrungsbericht ist Teil des Themenspecials Digitale Medien im Lehramtsstudium.