Interaktive Videos mit ILIAS

29.07.2016: Beim Lernen mit Videos in gängigen Lernmanagementsystemen (LMS) bieten sich den Lernenden kaum interaktive Möglichkeiten. Fragen, Sprungmarken oder Kommentare können in der Regel nur durch separate Tools mit den Videos in Verbindung gebracht werden. Der Erfahrungsbericht beschreibt eine Lösung für das LMS ILIAS, die bewusst die passive Rezeption des Videomaterials aufbrechen und mehr Interaktion ermöglichen soll.

Video- und Audioinhalte sind schon lange ein fester Bestandteil mediengestützter Lehr-Lern-Szenarien. Im Rahmen des BMBF-geförderten Projektes Freiräume für wissenschaftliche Weiterbildung aus dem Programm Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen werden an der Universität Freiburg Weiterbildungsangebote in variablem Umfang von 3 bis 30 ECTS ausschließlich im Blended-Learning-Format entwickelt. Alle Angebote werden auf dem Lernportal der wissenschaftlichen Weiterbildung der Universität Freiburg umgesetzt, das technisch auf dem Open Source LMS ILIAS basiert. Lehrvideos, Screencasts, E-Lectures und Videoaufzeichnungen von Versuchen und technischen Prozessen stellen eine wesentliche Säule des Lerninhalteportfolios dar. Diese (Video-)Materialien sind an sich schon eine sehr gute Ergänzung zu „klassischen“ schriftlichen Materialien wie beispielsweise Studienbriefen, Skripten und Online-Lernmodulen.

Passivität beim Rezipieren von Lehrvideos

Die Erfahrungen der ersten Pilotierungen der entwickelten Angebote und Module des Freiräume-Projektes zeigten jedoch schnell, dass selbst kurze Videos von den Lernenden weitestgehend „passiv“ rezipiert werden. Die Lernenden konsumieren die Videos, ohne sich aktiv damit auseinanderzusetzen. Eine Interaktion mit dem Video- bzw. Audiomaterial ist technisch nicht ohne weiteres möglich. Zeitpunkte bzw. „Sprungmarken“ für interessante bzw. irritierende Stellen müssen händisch oder mit separaten Tools festgehalten werden und können nur durch den Einsatz weiterer E-Learning-Werkzeuge mit anderen Lernenden geteilt, diskutiert und bearbeitet werden. Auch aus der Perspektive der Lehrenden geben „klassisch“ in ein LMS eingebundene Videomaterialien nur sehr wenig oder gar keine Informationen zum Lernstand der Lernenden bezüglich des Videos zurück. Während text- und bildbasierte Lernmodule und WBTs zumindest die Möglichkeit bieten, Interaktionselemente wie Self-Assessment-Fragen einzubetten, stehen solche Möglichkeiten für den Einsatz von Videos nativ in den meisten gängigen LMS nicht zur Verfügung.

Das „Freiräume“-Projekt hat sich daher von dem bekannten MOOC-Anbieter coursera und ähnlichen Plattformen inspirieren lassen, da bei den meisten MOOCs Videos das zentrale Werkzeug zur Inhaltsvermittlung darstellen. Diese Plattformen bieten meist neben Diskussionsforen auch die Möglichkeit während des Betrachtens eines Videos Fragen zu beantworten, interessante Stellen der Videos zu kommentieren und diese Kommentare mit den anderen (meist sehr vielen) Lernenden zu teilen.

Neue Möglichkeiten für Videos in ILIAS

Um diese Möglichkeit auch in dem Open Source LMS ILIAS anzubieten, wurde das LMS mit Projektmitteln um das Open-Source-Plug-in „Interaktive Videos“ erweitert. Das Plug-in steht zum Download auf der ILIAS-Projektseite kostenlos zur Verfügung. Mit Hilfe dieses Werkzeuges können zum einen Fragen im Video an beliebigen Stellen platziert werden, die dann beim Abspielen des Videos angezeigt werden, während das Video pausiert. Zudem können die Lernenden und die Lehrenden einzelne Zeitpunkte oder ganz Passagen im Video annotieren bzw. kommentieren und, falls gewünscht, die Kommentare der anderen Lernenden sehen. Alles, was dazu benötigt wird, ist eine Video- oder Audio-Datei, die einfach auf ILIAS hochgeladen werden muss und von den gängigen Browsern wiedergegeben werden kann (z.B. MP4/h.264).

Die Fragen fungieren dabei nicht nur als Lernstandsrückmeldungen für die Lehrpersonen, sondern stellen einen gewollten Medienbruch dar, der das passive Konsumieren des Lernmaterials bewusst aufbricht und eine Interaktion einfordert. Derzeit stehen drei Fragetypen zur Verfügung: Single- und Multiple Choice sowie Reflexionsfragen. Die detaillierten Ergebnisse können von den Lehrpersonen zur weiteren Auswertung exportiert werden (CSV-Dateiformat).

Die Kommentare und Annotationen bieten vielfältige Einsatzmöglichkeiten, beispielsweise können sie genutzt werden, um Feedback der Lernenden zu unklaren und schwierigen Passagen im Lernmaterial zu identifizieren oder um die Lernenden gemeinsam den Lerninhalt durch kooperatives Kommentieren und Annotieren erarbeiten zu lassen. Die Erfahrungen aus den ersten praktischen Einsätzen der interaktiven Videos im Rahmen der Pilotierungen des „Freiräume“-Projektes und einzelner Lehrveranstaltungen der curricularen Lehre zeichnen ein durchweg positives Bild und haben dazu geführt, dass bereits weitere Funktionen umgesetzt wurden.

Weitere Informationen zu den interaktiven Videos

Kontakt

Für Fragen und Anmerkungen können Sie sich an Marko Glaubitz (ilias@rz.uni-freiburg.de) wenden. Sie können sich auch einen Demozugang einrichten lassen, um die interaktiven Videos selbst auszuprobieren.

Beitragende

Marko Glaubitz studierte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Anglistik und Mathematik auf Lehramt an Gymnasien. Seit 2011 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Learning Management Systeme und Blended Learning Lehrformate an der Servicestelle
E-Learning im Rechenzentrum der Universität Freiburg. Dabei fällt ein besonderer Schwerpunkt auf die konzeptionelle Beratung von Lehrenden und Studierenden zum didaktisch sinnvollen Einsatz von E-Learning Werkzeugen in der universitären Lehre. Er engagiert sich zudem aktiv in der ILIAS Community für die Weiterentwicklung des Open Source LMS ILIAS. Seit 2012 ist er für die Konzeption und Weiterentwicklung des ILIAS-basierten Lernportals für das BMBF-Verbundprojekt "Freiräume für Wissenschaftliche Weiterbildung" an der Universität Freiburg zuständig. Aktuelle Themen sind derzeit bei uns Peer Feedback Prozesse in der Lehre, Einsatzszenarien von Interaktiven Videos, "mobiles" Lernen als Kombination eines LMS und passender Apps, Learning Communities und Förderung von selbsttragenden studentischen (Lern-)Gruppen, kollaborative Lernsettings mit Wikis, Blogs und Co., und last-but-not-least GPS-basierte Lehr-Lernszenarien.

Weitere Informationen

Dieser Erfahrungsbericht ist Teil des Themenspecials Lernmanagement-Systeme.