Ad hoc Inhalte teilen mit PictShareIt

27.02.2023: An der TH Köln wurde eine Webseite entwickelt, die unkompliziert und ohne Zugangshürden in unterschiedlichen Lehr- und Lernkontexten den Austausch und die Sammlung von Bildinhalten ermöglicht. Die Funktionsweise der Webseite „PictShareIt“ und erste Erfahrungen mit dem Einsatz dieses Tools in der hochschuldidaktischen Praxis beschreibt Dennis Dubbert im folgenden Kurzbericht.

Wenn Studierende in Lehrveranstaltungen, Selbstlernphasen oder Projekten zusammenarbeiten, gibt es häufig Bildinhalte wie Skizzen, Screenshots oder Fotos von technischen Entwicklungen, die schnell und unkompliziert mit mehreren Personen zu teilen sind (vgl. Abb. 1). Viele etablierte Wege sind dafür nur bedingt geeignet, da sie nicht ad hoc funktionieren. Vorbedingungen für die Nutzung dieser Wege sind insbesondere die Einrichtung eines Benutzerkontos, initiale Login-Prozesse, die Übermittlung von Kontaktdaten und Einladungen sowie die Einrichtung eines Arbeitsbereichs. Gerade in großen Gruppen kann dies einen hohen Zeitaufwand und entsprechende Verzögerungen im Arbeitsprozess bedeuten.

Kleine Männchen teilen Bildinhalte auf gemeinsamer Plattform
Abbildung 1: Situationen, in denen Studierende Inhalte teilen (Grafik: Sandy Neumann, TH Köln)

Am Fachbereich Informatik der TH Köln beschäftigen wir uns mit dieser Thematik. Das Ziel der dortigen Forschung ist die Schaffung kleiner Anwendungen mit möglichst geringem Initialaufwand, um den Studierenden Kollaborationen ad hoc und seamless zu ermöglichen. Hierbei entstand auch ein Prototyp der Anwendung PictShareIt

Was ist PictShareIt?

Standardansicht von PictShareIT
Abbildung 2: Standardansicht von PictShareIt

PictShareIt ist eine Webseite, welche ad hoc den Austausch und die Sammlung von Bildinhalten ermöglicht, damit diese gemeinschaftlich diskutiert werden können. Aufgrund des reduzierten Funktionsumfangs erscheint ihr Aufbau zunächst sehr simpel. Wie in Abbildung 2 dargestellt, besteht die Webseite aus drei Abschnitten: der Navigation im oberen Bereich, der Sammlung hochgeladener Bilder im unteren Bereich und der Präsentationsfläche dazwischen. Neben der Darstellung bereits hochgeladener Bilder bietet die Sammlung im unteren Bereich verschiedene Interaktionselemente zum Entfernen, Hoch- und Herunterladen dieser Inhalte. Wird eines der Bilder per Mausklick ausgewählt, erscheint es innerhalb der Präsentationsfläche und kann dort detaillierter betrachtet werden. Schließlich findet sich im unteren linken Bereich der Präsentationsfläche ein Element, welches die Gegenüberstellung zweier Bilder ermöglicht (vgl. Abb. 3).

PictShareIT-Ansicht mit zwei nebeneinander angeordnenten Fotos
Abbildung 3: Präsentationsansicht, die den Vergleich zweier Bilder ermöglicht

Zunächst wirkt diese Anwendung also wie eine normale Webseite für das Sammeln von Bildinhalten. Jedoch verstecken sich hier einige Mechanismen zur Beseitigung von Nutzungshürden, sodass sich PictShareIt seamless in den Studienalltag integrieren lässt. 

Die wichtigsten zwei Mechanismen sind bereits beim Öffnen der Webseite ersichtlich. So befindet man sich direkt in seinem eigenen digitalen Raum und ist dazu in der Lage, alle Funktionen der Anwendung zu nutzen. Es ist keine Anmeldung erforderlich und Nutzende müssen keine lästigen Einrichtungsschritte vornehmen, da diese Aufgabe im Hintergrund von der Anwendung selbst übernommen wird. Alle Teilnehmenden erhalten automatisch ein kurzfristiges Benutzerkonto. Haben die Teilnehmenden den Raum wieder verlassen, werden alle Informationen und hochgeladenen Inhalte automatisch wieder gelöscht. Dies geschieht jedoch erst nach einer kurzen Wartezeit und kann durch erneutes Besuchen der Seite, bei dem die Teilnehmenden wieder in denselben Arbeitsbereich gelangen, automatisch abgebrochen werden. Um Inhalte über die Nutzung der Webseite hinaus zu speichern, können sie über die Download-Funktion auf dem eigenen Endgerät abgelegt werden. Dies ermöglicht somit auch die Speicherung von Zwischenständen in regelmäßigen Abständen, z. B. für die Prozessdokumentation. Komplexere Folgeschritte können dann auch in anderen Anwendungen erfolgen.

Da der Fokus der Anwendung PictShareIt auf kollaborativer Arbeit liegt, muss es auch möglich sein, weitere Personen zum digitalen Raum hinzuzufügen. Ähnlich zu anderen, etablierten Anwendungen ist hierfür ein Einladungslink nutzbar. Auch dieser wird automatisch erstellt und muss nicht manuell angelegt werden. Um den Link ad hoc auch ohne Kontaktdaten und weitere Kommunikationsmedien verteilen zu können, wurden lange Zeichenketten vermieden. Um den Beitritt weiter zu vereinfachen, wird dieser Link beim Öffnen eines Raums direkt als QR-Code angezeigt, wovon vor allem Nutzerinnen und Nutzer mobiler Endgeräte profitieren. Sowohl der Link als auch der QR-Code können von vielen Personen zeitgleich genutzt und wie eine Fackel weitergereicht werden, wodurch die Beitrittszeit auch bei vielen Teilnehmenden gering ausfällt. Ein Nachteil ist hierbei jedoch, dass Raumerstellende weniger Kontrolle über den Beitritt haben.

Reduzierte Ansicht von PictShareIT
Abb. 4: Reduzierte Ansicht für Teilnehmende 

Innerhalb von PictShareIt kommen zwei solcher Links bzw. QR-Codes zum Einsatz, welche jeweils mit einer anderen, kontextspezifischen Ansicht verbunden sind. Über das linke Interaktionselement in der Navigationsleiste kann ein QR-Code angezeigt werden, welcher Teilnehmende auf eine reduzierte Ansicht (vgl. Abb. 4) weiterleitet. Hier können keine vorhandenen Inhalte eingesehen, sondern ausschließlich neue Inhalte hochgeladen werden. Dies ist sinnvoll, wenn sich alle Beteiligten für die Diskussion auf einen geteilten Bildschirm konzentrieren sollen, wie beispielsweise in einer Vorlesung. Der zweite QR-Code befindet sich im rechten Menü und ermöglicht das Teilen der oben bereits beschriebenen Standardansicht (Moderationsansicht). Dies ist beispielsweise sinnvoll, wenn PictShareIt über mehrere, physische Räume hinweg verwendet wird.

Mithilfe dieser Mechanismen kann ad hoc auf kontextabhängige Anforderungen eingegangen werden, sodass sich PictShareIt seamless in den Lernprozess integrieren lässt. An der TH Köln wurde der Einsatz dieser Anwendung bereits in vielfältigen Lehr- und Lernszenarien erprobt – etwa für die standortübergreifende Zusammenarbeit in hybriden Vorlesungen und Seminaren oder die Projektarbeit in Kreativräumen.

Der Einsatz von PictSharelt in hybriden Lehrveranstaltungen 

Als besonders hilfreich stellte sich die Verwendung von PictShareIt im Rahmen hybrider Vorlesungen und Seminare heraus, bei denen zusätzlich zur Veranstaltung vor Ort die Möglichkeit geboten wird, digital mithilfe eines Videokonferenzsystems teilzunehmen. Um Wortbeiträge zu unterstützen, können online zugeschalteten Personen Inhalte per Bildschirmfreigabe präsentieren. Teilnehmende vor Ort sind bei uns jedoch nicht individuell, sondern über einen gemeinsamen Bildschirm an der Videokonferenz beteiligt. Um Inhalte vorstellen zu können, müssen sie diese also zunächst auf den gemeinsam genutzten Rechner übertragen, etwa per USB-Stick oder über einen Cloud-Speicher-Dienst. Hier vereinfacht PictShareIt die Zusammenarbeit deutlich. Wenn die Lehrperson zu Beginn der Veranstaltung oder auf Nachfrage einen Raum in der Anwendung erstellt und den entsprechenden QR-Code zur Verfügung stellt, können alle Studierenden Bilder von ihren Arbeitsergebnissen machen, diese schnell in den gemeinsamen, digitalen Raum hochladen und anschließend als Kommunikationsgrundlage verwenden. Dabei ist die Verteilung der reduzierten Ansicht besonders sinnvoll, da sich die Studierenden weiterhin auf den gemeinsamen Bildschirm konzentrieren. Das funktioniert allerdings nur, wenn der zentrale Bildschirm auch an die remote Teilnehmenden übertragen wird. Bei Bedarf kann eine zweite Lehrperson oder eine Tutorin bzw. ein Tutor die Moderation des Raums übernehmen und gegebenenfalls unangemessene Inhalte entfernen oder auf wichtige Inhalte hinweisen. Zudem können problemlos weitere Personen bzw. Personengruppen, die sich an unterschiedlichen Standorten befinden, zum digitalen Raum hinzugefügt werden, wodurch vielfältige standortübergreifende Kooperationen möglich sind. 

Der Einsatz von PictSharelt bei der Projektarbeit in Kreativräumen

Zwei Studierende arbeiten im Innovationsraum
Abbildung 5: Kreative Arbeit im Innovationsraum (Foto: Christian Hahn, TH Köln)

An der TH Köln können Studierende unterschiedliche Kreativräume nutzen, welche für Projektarbeiten mit speziellen Materialien, Möbeln und Medien ausgestattet sind. Der Innovationsraum (vgl. Abb. 5) ist beispielsweise mit zahlreichen physischen Materialien, wie Lego-Bausteinen, Post-Its oder Denkanstoßkarten ausgestattet, welche Studierende ad hoc auf einem großen Tisch ausbreiten oder an den freien Wänden anbringen können. Dieser Raum verfügt auch über digitale Medien, wie große Smartboards und verschiedene Bildschirme, sodass Online-Recherchen und digitale Interaktionen möglich sind. Der Raum wird von Studierende für einen kurzen Zeitraum genutzt, um dort erste Ideen und Konzepte zu entwickeln. Nach der Nutzung muss er für Folgegruppen aufgeräumt hinterlassen werden. Gerade durch die physischen Materialien entsteht hier ein Problem, da diese nicht einfach mitgenommen werden können. Zudem sind die physischen Ressourcen begrenzt und Aufbauten müssen in der Regel wieder abgebaut werden, um weitere Varianten derselben Idee testen und vergleichen zu können. Außerdem ist die Zusammenführung physischer und digitaler Materialien eine große Herausforderung in solch einem hybriden Raum. Um seamless arbeiten zu können, sollte es möglich sein, physische Materialien zu digitalisieren. Für diese Anforderung hat sich der Einsatz der Anwendung PictShareIt bewährt. Auf einem der zwei zentralen Smartboards wird zu Beginn der Gruppenarbeit die Anwendung geöffnet. Im Laufe der Gruppenarbeit können Studierende nun ihre Fortschritte fotografieren, dort zentral sammeln und immer wieder diskutieren. Ebenso können sie digital recherchierte Inhalte als Denkanstöße hinzufügen. Die Möglichkeit, auf dem Smartboard zu zeichnen, reichert diese Besprechungen weiter an, da Problemstellen in einem Bild direkt markiert und durch Verbesserungsvorschläge ergänzt werden können. Ein weiterer Vorteil ist die automatische Dokumentation der Arbeitsschritte. Die Bilder des Lernprozesses können einfach heruntergeladen werden und sind dann für Fragen beim Lehrpersonal oder abschließende, schriftliche Darstellungen der Gruppenarbeit verfügbar. Besonders wertvoll ist die Möglichkeit solcher Prozessdokumentationen auch in von studentischen Projektgruppen längerfristig genutzten Kreativräumen wie den Makergaragen an der TH Köln. Die Beteiligten sind hier nicht dazu gezwungen, den betreffenden Raum am Ende des Tages aufzuräumen. Jedoch bietet es sich an, den Arbeitsfortschritt nach außen zu präsentieren, damit ersichtlich ist, dass der Raum produktiv genutzt wird und was darin passiert. Hierfür kann der intern genutzte PictShareIt-Arbeitsbereich einfach auf einem äußeren Bildschirm angezeigt werden. Für eine stärkere Kontrolle der veröffentlichten Inhalte ist auch die Nutzung eines zweiten Arbeitsbereichs als Präsentationsbereich in der Anwendung möglich. Vorteilhaft ist zudem, dass diese Fortschritte auch räumlich entferntem Lehrpersonal präsentierbar sind. Dieses kann in Problemfällen gezielt auf den Lernprozess einwirken, ohne den Schaffensprozess mit unnötigen Besuchen zu stören.

Schlussfolgerungen für die weitere Entwicklung

Die vorgestellten Anwendungsszenarien zeigen, wie dynamisch ein so simples Werkzeug wie PictSharelt eingesetzt werden kann. Die ersten Erfahrungen mit PictSharelt zeigen aber auch, dass die Anwendung etablierte Alternativen nicht vollständig ersetzen kann und erst in Kombination mit diesen ihr volles Potential entfaltet. Gerade für langfristige Unterfangen stellten sich Anwendungen mit größerem Funktionsumfang als besser geeignet heraus, nicht zuletzt, da hier der initiale Erstellungsaufwand eine untergeordnete Rolle spielt. PictShareIt wird also im Wesentlichen als vorbereitendes Werkzeug genutzt, dessen Ergebnisse für weitere Verarbeitungen in die bestehende Anwendungslandschaft überführt werden. Durch die ausgiebige Erprobung an der TH Köln und im Forschungsprojekt HybridLR identifizierten wir viele Vor- und Nachteile der Webseite. Auf Basis dieser Erfahrungen sind einige Erweiterungen des Funktionsumfangs geplant. Die unkomplizierte und schnelle Zugänglichkeit eines digitalen Arbeitsbereichs für die gemeinsame Nutzung von Bildern wird aber die Hauptfunktionalität der Anwendung bleiben. 

Entwurfsmuster zu diesem Praxisbeispiel

Zu Mechanismen, welche die Einrichtung digitaler Arbeitsbereiche für Lernende vereinfachen finden Sie auf e-teaching.org im Repositorium „Hybride Lernräume“ das Entwurfsmuster „Initialer Zündfunke für digitale Räume“. Außerdem finden Sie hier zu Ad-hoc-Anwendungen die Entwurfsmuster „Keine Anmeldung erforderlich“, „Umgekehrter Beitrittsmechanismus: zentrale Referenz statt individueller Einladungen“ und „Lokale Sicherungskopie“. Zu den im Beitrag erwähnten Lehr- bzw. Lernszenarien gibt es in diesem Repositorium die Entwurfsmuster „Hybride Streaming-Vorlesung“ und „Makergarage“. In der Entwurfsmuster-Sammlung „Hybride Lernräume“ stellen wir Ihnen kleine, aber auch umfassendere Lösungen für die Gestaltung hybrider Lernräume in der Hochschullehre vor. Gestaltungselemente werden dabei jeweils detailliert erläutert und anhand von Beispielen veranschaulicht.

Beitragende

Dennis Dubbert ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cologne Institute for Digital Ecosystems an der TH Köln. Er forscht zu hybriden Lernräumen sowie Entwurfsmustern und befasst sich mit Softwareentwicklung, bspw. im Bereich digitaler Lehre.

Weitere Informationen

Dieser Erfahrungsbericht ist Teil des Themenspecials Hybride Lernräume.