Networked Learning Conference 2010

Die siebte internationale Networked Learning Conference fand mit ca. 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vom 3. - 4. Mai 2010 in Aarlborg, Dänemark, statt. Veranstaltet wurde die diesjährige Konferenz als Kooperation dreier Universitäten: der Aarlborg Universitet (DK), der Glasgow Caledonian University (UK) sowie der Lancaster University (UK). Entsprechend viele der Teilnehmenden kamen daher aus Großbritannien und Dänemark; mit weiteren Teilnehmenden aus den USA, Canada, Australien, Neuseeland, Südafrika und zahlreichen europäischen Ländern hatte die Konferenz aber dennoch eine eindeutig internationale Atmosphäre. Ein weiterer Schwerpunkt bei den Teilnehmenden wie auch bei den Themen lag im Bereich der Fernlehre, da die Open University (UK) wie auch die niederländische Open University of the Netherlands stark vertreten war. Hinzu kamen internationale berufstätige PhD-Studierende des Online-PhD-Programms der Lancaster University (UK) (Nebenbemerkung: Wenn man die reichhaltige Berufserfahrung und das fortgeschrittene Alter vieler dieser Promovierenden betrachtet, wird deutlich, dass lebenslanges Lernen in anderen Ländern schon viel stärker Realität ist als bei uns).

Für mich war es die erste Teilnahme an einer „Networked Learning Conference“, entsprechend gespannt war ich auf die thematischen Schwerpunkte und die „hot issues“ in diesem Segment der internationalen E-Learning-„Gemeinde“. Motiviert zur Einreichung eines Tagungsbeitrags („ One more tool – or exploring the practice of introducing new technologies in dispersed communities “), zusammen mit John D. Smith (USA) und Beverly Trayner (USA), hatten mich die Keynotes der Tagung: die Eröffnungskeynote wurde gemeinsam von Etienne Wenger und Yrjö Engeström bestritten und die unmittelbare, persönliche Begegnung mit beiden sowie ihre direkte Auseinandersetzung miteinander, versprachen interessant zu werden. Diese Erwartung wurde erfüllt, es war bei aller Kürze spannend, die jeweilige Konzeptualisierung von Lernprozessen und die Kernbegriffe beider theoretischen Ansätze in Abgrenzung zueinander vorgestellt zu bekommen – mit Verweisen auf gemeinsame historische Wurzeln bzw. Begegnungen in Kalifornien. Vielleicht ist mir letzteres auch besonders in Erinnerung geblieben, da Engeström die Bedeutung von Historizität in seinem Ansatz des expansiven Lernens besonders betont hat. Wenger hat in seiner Abgrenzung dabei noch den Ansatz der Actor-Network-Theorie von Latour mit in die Debatte eingebracht, der offensichtlich als dritter wesentlicher theoretischer Bezugsrahmen für „networked learning“ im Sinne dieser Konferenz genutzt wurde. In den folgenden Tagungsbeiträgen war die absolute Häufigkeit, mit der die Präsentationen auf einen der drei Ansätze Bezug nahmen jedenfalls sehr auffällig.

Während die gemeinsame Keynote-Diskussion von Wenger und Engeström also einen greifbaren „Neuheitswert“ für mich hatte, habe ich bei den zahlreichen anderen Vorträgen in den verschiedenen Tagungs-Streams hingegen wirklich neuartige Impulse vermisst. Durch bis zu fünf parallele Streams ist mein eigenes „Tagungsprogramm“ natürlich nur eine subjektive Auswahl, aber auch in den zahlreichen informellen Gesprächen hat sich dieser Eindruck gefestigt. Im internationalen Diskurs scheinen letztlich die gleichen Ansätze, aber auch die alt bekannten Schwierigkeiten zu bestehen, interessante didaktische Konzepte in der Breite zu verankern, z.B. die Arbeit mit E-Portfolios. Ebenso überwog ein „ernüchternder Blick“ auf die Einbeziehung verschiedener Web 2.0 Technologien in die Hochschullehre bzw. eine kritische Einschätzung zum Konzept der „ Digital Natives “. Der Schwerpunkt der Vorträge lag bei Untersuchungen zu didaktischen Designs, eine stärkere Auseinandersetzung mit Organisationsstrukturen oder der strategischen Verankerung von E-Learning, d.h. „networked learning“ als Impulsgeber für eine Organisationsentwicklung habe ich vermisst. Erwähnenswert sind u.a. noch zwei, eher kritisch gehaltene Auswertungen zu dem „ Massive Open Online Course ” zu “Connectivism and Connective Knowledge”, den Stephen Downes und andere in 2008 als Großveranstaltung angeboten haben.

Unser eigener Vortrag, bei dem wir passend zu unserem Thema, unsere dritte, nicht anwesende Co-Autorin per Skype in die Diskussion eingebunden haben, hat gut geklappt zumindest ein erster Schritt „to walk the talk“. Mit Ausnahme der Eröffnungskeynote, die - hier wiederum aus meiner Sicht unpassend – gleich als „Fishbowl“ organisiert wurde, hat das Format der Tagung dem Konferenzthema des „networked learnings“ nämlich zu wenig Rechnung getragen: Powerpoint-Vorträge in abgedunkelten Räumen, mit kurzer Diskussion; gut nur, dass Pausen großzügig eingeplant waren und die angloamerikanische informelle, lockere Atmosphäre den Austausch dennoch ermöglichte.
Mitgenommen aus den Vorträgen habe ich noch Hinweise auf zwei neue, frei zu nutzende Entwicklungen der Open University: Cloudworks, eine Social Network Site für die E-Learning Community, auf dem auch einige der Vorträge dokumentiert sind sowie Cohere, ein webbasiertes Visualisierungswerkzeug, das u.a. auch zur qualitativen Forschung eingesetzt werden kann.

Die Tagungsbeitäge sollen in Kürze auch im Volltext online verfügbar sein, zurzeit sind alle abstracts einsehbar – der „backchannel“ zur Konferenz auf Twitter (#nlc2010) findet sich als archiviert auf der Cloudscape zur Konferenz (der allerdings durch die instabile WLAN-Verbindung am Tagungsort etwas gelitten hat).

Bericht: Patricia Arnold (5.5.2010)
Fotos: Joost Robben (http://picasaweb.google.nl/joostrobben/NLC2010NetworkedLearningConference?feat=directlink)