Lesetipp: Tagungsband "Lifetime Podcasting"

21.05.2008 |

Als Nachtrag zur ersten österreichischen Podcasting-Tagung (5. Juli 2007) wurde jüngst von M. Ebner, M. Raunig, W. Ritsch & S. Thalllinger ein 70-seitiger Konferenzband mit dem Titel „Lifetime Podcasting“ herausgegeben. Auführlich kommentiert hat ihn schon Gabi Reinmann - wie immer die Schnellste (http://medienpaedagogik.phil.uni-augsburg.de/denkarium/?p=222). Auch wir wollen noch eine Zusammenfassung und einen Einblick in den Inhalt bieten.

In den einzelnen Kapiteln werden die Inhalte und Ergebnisse der Vorträge und Workshops der Tagung – manchmal kürzer, manchmal ausführlicher – wieder gegeben. Behandelt werden sowohl grundlegende Fragen, wie ob Podcasting ein passendes Format ist, um die so genannte „Net Generation“ für die Lehre zu begeistern, als auch ganz praktische Fragen der Podcastproduktion. Insgesamt wird in den Aufsätzen deutlich, dass der Einsatz von Podcasting in der Lehre – nach der ersten Euphorie – sehr differenziert betrachtet und – so Mandy Schiefner – die rosarote Brille abgesetzt werden muss.

So wurde inzwischen erkannt, dass Studierende, die für ihren mobilen Einsatz gerühmten Podcasts viel lieber zu Hause anhören. Zudem besteht dabei das Risiko, dass Podcasts von Studierenden als „einfaches Medium“ eingeschätzt werden, was dazu führen kann, dass die mentale Anstrenung geringer ist. Dies kann wiederum zur Folge haben, dass eine sog. Kompetenzillusion (Stark 1999) auftritt: Studierende meinen etwas gelernt zu haben, haben es aber gar nicht.

Einige der Autoren sehen Bedarf, dass Podcasts mediendidaktisch aufbereitet oder zumindest eingebettet werden. Dies beinhaltet u.a., dass Podcasts strukturiert durchsucht und konsumiert werden können. Ansonsten besitzen sie nämlich dieselben (auch negativ empfundenen) Merkmale wie traditionelle Frontalvorlesungen: mangelnde Interaktion, mangelnde Wahlmöglichkeit und ein vorgegebener zeitlicher Ablauf (Jofes Schmolle).

Dieser Kritik entgegen setzen einige Autoren Konzepte, die zeigen, dass mit Podcasts nicht nur passiv sondern auch aktiv gelernt werden kann, z.B. indem der Studierende nicht nur die Rolle des Rezipienten sondern auch Produzenten übernimmt. Mandy Schiefner sieht insbesondere in der Produktion Potenzial, das bisher an den wenigsten Hochschulen ausgeschöft wird.

Eine didaktische Einbettung der Podcasts erfordert natürlich weit mehr Aufwand, als der reine Prozess der Aufzeichnung - obwohl der Artikel durchaus deutlich macht, dass hohe Qualität mit einem hohen Zeitaufwand einhergeht. Aber wie produziert man „pädagogisch motivierte Podcasts für die Wissensvermittlung und zum Lernen“? Beim Podcast Portal der ETH Zürich stand von Anfang an die Unterstützung der Lehrenden bei Suche nach passenden Konzepten für ihren Lehr- Lernkontext im Zentrum. Den Lehrenden wird empfohlen vor der Produktion für sich sechs zentrale Fragen nach Zielgruppe, Zielen, Produzenten, Inhalt, Format und Gestalt des Inhalts zu beantworten – Fragen, mit denen sich eigentlich jeder Podcast-Produzent auseinander setzen sollte, auch wenn man diesen Schritt gerne überspringen würde - hat man doch viel mehr Lust auf einen spontanen Einsatz des iPods.

Interessant ist, dass von einigen Autoren auch auf den Marketingeffekt von Podcasting hingewiesen wird. Ein Podcast kann für Studierende und Studienanwärter eine Art "Hörprobe" darstellen und somit einen Eindruck sonst verschlossener Vorlesungen vermitteln. Als eine mögliche attraktive Zielgruppe für Hochschul-Podcasts sieht das MMK außerdem Alumni, die interessierte Öffentlichkeit und mögliche Sponsoren.

Ingesamt vermittelt der Konferenzband dem Leser einen guten Einblick der Podcasting-Aktivitäten verschiedener Hochschulen und Einrichtungen und zeigt Potenziale sowie kritische Aspekte des Mediums auf. Etwas schade ist, dass nach den sehr lesefreundlichen und gut geschriebenen Artikel am Anfang des Bandes am Ende vermehrt Stichpunkt-Sammlungen zu finden sind – aber das mag daran liegen, dass nicht nur Vorträge, sondern auch Workshopergebnisse dokumentiert wurden.

Einblick in den Konferenzband erhält man im Blog von Martin Ebner (TU Graz):http://elearningblog.tugraz.at/archives/914

Gepostet von: mschmidt
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