Rezension
Archivierter Portalinhalt
Schnettler, B. & Knoblauch, H. (Hrsg.) (2007): Powerpoint-Präsentationen. Neue Formen der gesellschaftlichen Kommunikation von Wissen. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft mbH.
In diesem Band werden „Powerpoint-Präsentationen“ systematisch, vor allem aus (wissens-) soziologischer Sicht analysiert: Welche Gründe erklären den durchschlagenden Erfolg dieser neuen Gattung der „computergestützten visuellen Kommunikation“ in unterschiedlichsten Organisationen und Institutionen bis hin zur privaten Nutzung – und was sagt es beispielsweise aus, wenn der Markenname eines Produkts zum Synonym für die gesamte Gattung wird? Antworten auf solche in der Einleitung gestellten Fragen geben die Herausgeber in ihrer aufschlussreichen Schlussbetrachtung, in der sie die Teilergebnisse der im Band vorgestellten empirischen, historischen und systematischen Studien gegenwartsdiagnostisch zusammenführen. Die meisten der insgesamt 14 Beiträge entstanden im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten, an der TU Berlin durchgeführten Forchungsprojekts; die drei Hauptabschnitte werden durch einen Anhang mit Informationen über den zugrunde liegenden Datenkorpus ergänzt.
Im ersten von drei Hauptteilen werden Powerpoint-Präsentationen durch „[h]istorische und systematische Vergleiche“ in den Zusammenhang sich verändernder (akademischer) Vortragspraktiken eingebettet – vom rein mündlichen Vortrag über Visualisierungsformen wie Lichtbildervorträge oder die Nutzung von Overheadfolien – und aus rhetoriktheoretischer sowie textlinguistischer Sicht auf spezifische Merkmale und qualitative Gütekriterien hin überprüft.
In den beiden folgenden Hauptabschnitte werden Ergebnisse empirischer Untersuchungen vorgestellt. Dabei werden zunächst unterschiedliche Aspekte der Gestaltung der Präsentationen behandelt. Zum einen die Aufbereitung der Folien: Wie wird visualisiert? Wie häufig werden Bilder verwendet, Bilder und Texte kombiniert, welche Bedeutung bekommen Aufzählungen, die sog. „Bullet-Lists“? Zum anderen geht es um das (in der Kritik an Powerpoint häufig nicht bedachte) Zusammenspiel der gezeigten Folien und des Live-Vortrags, also um die „Performanz“ der Präsentationen. Ein zweiter empirischer Teil erweitert die Untersuchungsperspektive auf die interaktive und situative Realisierung der Präsentationen und fragt dabei z.B. nach der „Bedeutung der Technik als ‚handelndem Dritten’“. Konkretisiert wird dies etwa durch die Analyse von Präsentationspannen oder der Raumgestaltung. Eine (auch historisch vergleichende) Auswertung zeigt u.a., dass die sog. „Ratgeberliteratur“ immer stärker die Form von Präsentationen und immer weniger deren Funktion behandelt.
Was kann nun aus diesen Untersuchungen abgeleitet werden? Bereits die Tatsache, dass Powerpoint-Präsentationen sich so schnell als Gattung etabliert haben, weist darauf hin, dass sie eine Lösung für ein gesellschaftlich relevantes Kommunikationsproblem bieten: Eine Veränderung der Berufsarbeit, mit der ein neuer Präsentations- bzw. Darstellungszwang in vielen Bereichen einhergeht, in denen dies bisher so nicht nötig war. Den Herausgebern zufolge charakterisieren Merkmale wie Einfachheit und Redundanz – gerade im akademischen Kontext immer wieder zentrale Kritikpunkte – Präsentationen nicht als Kommunikationskrücken (für ungeübte Redner) sondern als Kommunikationsbrücken, um die häufig interdisziplinären und heterogenen Zielgruppen in der Wissensgesellschaft zu erreichen. Thematisiert werden auch sehr unterschiedliche weitere Faktoren wie die „Präsentationsökologie“ – dies betrifft z.B. die Anschaffung der notwendigen Geräte oder die Umgestaltung von Räumen und reicht bis zu Aspekten wie Diebstahlssicherung –, neue Formen des Leistungsnachweises durch „Präsentationsprüfungen“ oder die Entkopplung von Folien und Performanz der Präsentation zur Dokumentation von Veranstaltungen. Spannend ist dieser Band vor allem, weil er dazu anregt, die gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung von Veränderungen zu reflektieren, die viele Akteure (nicht nur) an Hochschulen durch ihre eigene Präsentations-Praxis mitgestalten.