Rezension Thillosen (2008)
Rezension zu Thillosen, A. (2008): Schreiben im Netz. Neue literale Praktiken im Kontext Hochschule. Münster: Waxmann.
Archivierter Portalinhalt
Diese Publikation präsentiert sich den Rezipienten zum einen traditionell zwischen zwei Buchdeckeln, zum anderen steht sie auf dem Hamburger Dokumentenserver als E-Publikation zum Download bereit steht. Die Dichotomie der Publikationsform zwischen tradierter Praxis und neuen Medien zieht sich auch als inhaltliches Leitmotiv durch den Text. Im Zentrum der Betrachtung von Literalität im Hochschulkontext steht der Wandel, wobei die Autorin insbesondere das Spannungsfeld zwischen tradierten Textsorten und neuen Darstellungsformen mittels digitaler Medien interessiert.
Wie kann das komplexe Phänomen Hochschulliteralität adäquat beschrieben werden? Die Autorin entwickelt hierzu im Kapitel drei („Traditionelle Hochschulliteralität“) ein Kategorienschema ausgehend von den Bezugspunkten akademische Schreib- und Lesekompetenzen, Wandel von Hochschulliteralität durch neue Medien sowie Literalität in der Universitätsgeschichte. Die Dimensionen Inhalt, Form, Kontext, Kompetenzen und Definitionsmacht werden als Merkmale identifiziert, anhand derer praktizierte Hochschulliteralität charakterisiert werden kann.
Den empirischen Teil der Arbeit bilden sechs Fallstudien. Das Forschungsdesign ist qualitativ ausgerichtet und umfasst Dokumentenanalysen sowie Experteninterviews. Untersucht werden eine wissenschaftliche Mailingliste, ein Diskussionsforum innerhalb einer Lehrveranstaltung, eine Dissertation zu hypertextuellen Lernsystemen, die selbst wiederum als Hypertext im Netz publiziert ist, ein Web Based Training, der Einsatz von Wikis in einem geschichtswissenschaftlichen Seminar sowie das persönliche Weblog eines E-Learning-Wissenschaftlers. Die Fallstudien sind in die drei Gegenstandsbereiche computervermittelte Kommunikation, Hypertext und Social Software gegliedert. Jeder Gegenstandsbereich ist in einen spezifischen heuristischen Bezugsrahmen eingebettet, so dass nicht nur die Gesamtauswertung von Interesse ist, sondern auch die Teilergebnisse für sich stehen können.
Die 300 Seiten starke Dissertation trägt – trotz eines spürbaren Hintergrunds der Autorin im Themenfeld E-Learning – vielfältigen Wissenschaftsbereichen Rechnung und ist für alle jene von Interesse, die Denkanstöße für die Zukunft wissenschaftlichen Schreibens und akademischer Lehre suchen. Anne Thillosen gelingt in ihrer Arbeit dreierlei: erstens stellt sie ein analytisches Vokabular bereit, um durch digitale Medien initiierte literale Veränderungsprozesse im Kontext Hochschule zu beschreiben, zweitens macht sie deutlich, welche E-Literacy Kompetenzen die beteiligten Akteure (vornehmlich Lehrende und Studierende) benötigen, um diese Veränderungsprozesse aktiv zu gestalten und drittens identifiziert sie Handlungsbedarf für Hochschulen, als Institutionen in den literalen Wandel einzugreifen, wissenschaftliche Inhalte zugänglich zu machen und die Wissenskommunikation zu erweitern.
Für Neugierige, die einen Blick in den Text werfen möchten, empfiehlt sich die Online-Version: http://opus.unibw-hamburg.de/opus/volltexte/2008/1409/index.html