Rezension Baumgartner, Zauchner, Bauer & Bauer (2009)

Rezension zu Peter Baumgartner, Sabine Zauchner, Sabine & Reinhard Bauer (2009): The Potential of E-Portfolios in Higher Education. StudienVerlag: Innsbruck.


Die Publikation entstand in Folge einer gleichnamigen Konferenz, die im Juli 2009 an der Universität Wien durchgeführt wurde. Im ersten Teil des Buches entwickelt u.a. Peter Baumgartner eine Taxonomie von E-Portofolios und zeigt damit die Breite der Varianten und Einsatzgebiete von E-Portfolios auf – ein guter Einstieg ins Thema.
Einen Überblick über didaktische Zugänge zu E-Portfolios gibt der zweite Teil des Buches. Die Artikel von Wolf Hilzensauer & Sandra Schaffert sowie von Kerstin Mayrberger befassen sich mit den didaktischen Ideen hinter dem Einsatz von Portfolios. Einig sind sich die AutorInnen, dass bei E-Portfolios jeweils unterschieden wer-den muss, in welchen Kontext und zu welchem Zweck sie eingesetzt werden: Geht es um ein Assessment of Learning, also die summative Prüfung, ob Lernziele erreicht wurden oder vielmehr um ein Assessment for Learning, also um die Unterstützung des individuellen Lernprozesses? Sowohl Hilzensauer & Schaffert als auch Reinhard Bauer machen in ihren Beiträgen deutlich, dass es nicht reicht, Portfolios zur Verfügung zu stellen, damit diese von Studierenden zur Reflexion ihrer Lernaktivitäten genutzt werden. Hilzensauer & Schaffert schlagen eine Unterteilung der Reflexion in drei Stufen vor: Reflexion der Lerninhalte und Materialien (content and material), der Lernhandlungen (learning action) und der Leistungsfähigkeit (learning ability). Außerdem erachten sie leitende Fragen für die Studierenden als hilfreich. Ein weiteres zentrales Thema in der Diskussion um den Einsatz von E-Portfolios ist die Frage des Besitzes und des Rollenverhältnisses zwischen Lehrenden und Lernenden. Wichtig für Hilzensauer & Schaffert ist es, dass den Lernenden ein zentraler Part in der Portfolio-Arbeit zukommt. Sie gelangen zu der konsequenten Feststellung: „Taking the portfolio method and the self-organized learner seriously means that learners should be able to set their own, individual learning goals. This means that the learners have to be involved in the development of assessment criteria and the assessment itself.“ Soweit scheint es aber noch nicht zu sein. Mayrberger betont zudem, dass Lehrende sich für die Arbeit mit E-Portfolios besondere Kompetenzen zur Unterstützung der Studieren-den aneignen und sich technisch und didaktisch mit E-Learning 2.0 auskennen sollten. Im dritten Teil des Buches werden Beispiele für die Implementierung von Portfoliosystemen auf verschiedenen Ebenen dargestellt: auf Fachbereichsebene, auf Studiengangsebene und auf Hochschulebene. Sporer, Sippel & Meyer berichten, wie E-Portfolios dazu genutzt werden können Leistungen, die von Studierenden in außercurricularer Projektarbeit erbracht werden, zu dokumentieren und damit formal im Studium anzuerkennen. Marianne Merkt beschreibt den Einsatz von Portfolios im Studiengang Master of Higher Education an der Universität Hamburg und Reinhard Bauer schildert seine eigenen Erfahrungen mit der Arbeit eines Portfolios als Studierender im Studiengang eEducation der Donau Universität Krems. Die Implementierung auf Hochschulebene beschreiben Klaus Himpsl (ein bm:wf gefördertes Projekt an den Hochschulen in Österreich) und Marij Veugeler (in den Niederlanden). Leider werden die Projekthochschulen in Österreich nur genannt. Gerne hätte man hier etwas mehr über die realisierten Projekte erfahren. Interessant sind die Einbindung eines Artikels zum Thema Lebenslanges Lernen und eines zu ethischen Fragen. Beides sind fraglos wichtige Themenfelder im Zusammenhang mit E-Portfolios. Leider gelingt es beiden Beiträgen nicht, wirklich die Brücke zum Thema E-Portfolios zu schlagen. Insgesamt geht es in dem Band nur sehr wenig um die Technik, sondern vielmehr um didaktische und organisatorische Fragen und Herausforderungen bei der Implementierung. Dabei wird deutlich, dass es dafür zwar noch keine Patentlösungen gibt, jedoch viele interessante Erfahrungen und Erkenntnisse. Die vielleicht zentrale Erkenntnis: Erfolgreiche Implementierung von Portfolios erfordert Veränderungen auf organisatorischer und kultureller Ebene. Bevor sich hier nichts tut, werden es Portfolio-Projekte auch in Zukunft schwer haben, im Hochschulkontext Fuß zu fassen.
Letzte Änderung: 08.04.2015