Rezension Škerlak, Kaufmann & Bachmann (2013)
Rezension zu Škerlak, T. , Kaufmann, H. & Bachmann, G. (2013): Lernumgebungen an der Hochschule. Auf dem Weg zum Campus von morgen: Münster: Waxmann
Archivierter Portalinhalt
In den Jahren 2010 bis 2013 wurde an der Universität Basel das Projekt ITSI (IT-Service Integration in Studium und Lehre) durchgeführt. Die Untersuchungen der anderthalbjährigen ersten Phase ergaben: Weder Studierende noch Lehrende wünschen sich eine komplett virtualisierte Lehre, sondern eine moderne IT-gestützte Lernumgebung. Dieses Ergebnis war der Ausgangspunkt für die zweite Projektphase, die in mehreren Begleitstudien sowie einer Workshop-Reihe mit internen und externen Expertinnen der Frage nachging, wie eine solche Umgebung aussehen sollte.
Die im Buch zum Projekt zusammengestellten Beiträge geben einen vertieften Einblick in die Ergebnisse und Erkenntnisse des Projekts und lenken die Aufmerksamkeit auf einen Themenbereich, der maßgeblich den praktischen Lehr-, Lern- und Forschungsalltag an Hochschulen – und damit auch die Arbeitsergebnisse – beeinflusst, dem aber meist wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Eingeleitet wird der Band durch einige grundlegende Darstellungen zum Projekt ITSI bzw. dazu, was den Studienalltag heute von dem früherer Generationen unterscheidet. So verbringen heutige Studierende – von den Herausgeberinnen als „Lernwanderer“ charakterisiert – erheblich mehr Zeit an der Hochschule, da sich ihr Stundenplan aufgrund der Bologna-Reform stark verdichtet hat. Verändert hat sich auch die Ausstattung mit mobilen Geräten; weitere Herausforderungen für Hochschulen sind u.a. die zunehmende Diversität der Studierenden, die Integration von Konzepten lebenslangen Lernens sowie das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung.
Welche Anforderungen sich aus dieser Analyse für die Campusgestaltung ergeben, wird in den weiteren Beiträgen des Bandes untersucht. Hervorzuheben ist dabei die umfassende Betrachtungsweise, die sich in der konsequent durchdachten und durchgehaltenen Raummetapher in der Gliederung widerspiegelt: Naheliegend sind im Hochschulkontext sicher die Hauptabschnitte zu Lehr- und Lernräumen (u.a. mit Kapiteln zur zeitgemäßen Gestaltung von Hochschulbibliotheken oder zum Einfluss der Medien auf die Lernkultur) und zu Prüfungsräumen (mit den Ergebnissen einer Bedarfsanalyse sowie Praxisbeispielen der FU Berlin und der ETH Zürich). In weiteren Hauptabschnitten werden darüber hinaus jedoch auch im Hochschulkontext eher ungewöhnliche Aspekte in die Überlegungen einbezogen: So spielen Zwischenräume (wie Flure, Cafeterien etc.) eine wesentliche Rolle für die Begegnung und können durch eine entsprechende Gestaltung das Lernen und den Austausch unterstützen – oder verhindern. Auch Spielräume werden im Hochschulkontext in der Regel wenig beachtet. Leider scheinen gerade die in diesem Abschnitt exemplarisch genannten Beispiele aus dem Schul- oder Gesundheitsbereich nicht direkt auf den Hochschul-bereich übertragbar; auch wird nicht thematisiert, inwiefern „Spielräume“ in das künftige Raumkonzept der Universität Basel integriert werden sollen – virtuell und auch physisch.
Doch auch wenn nicht alle Beiträge gleichermaßen zielführend sind und auch nicht alle mit digitalen Medien zu tun haben: Insgesamt enthält der abwechslungsreiche Band zahlreiche bedenkenswerte Anstöße und bildet mit Formaten wie Interviews und Studierendenportraits auch das „Leben“ in den Räumen und die Perspektiven unterschiedlicher Fachkulturen und Studienstufen ab. Nachdem nun die „Anforderungen“ an den „Campus von mor-gen“ definiert sind, ist nun auf eine Fortsetzung des Projekts zu hoffen – und auf eine Folgepublikation, die in zwei oder drei Jahren über die Umsetzung berichtet.