Lesetipp: Jahnke & Wildt 2011
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Jahnke, Isa & Wildt, Johannes (Hrsg.) (2011): Fachbezogene und fachübergreifende Hochschuldidaktik. Deutsche Gesellschaft für Hochschuldidaktik dghd. Bertelsmann Verlag: Bielefeld.
Der Band 121 der Buchreihe Blickpunkt Hochschuldidaktik enthält überwiegend Beiträge der Jahrestagung 2010 der Gesellschaft für Hochschuldidaktik. So gut wie keine/r der Autorinnen und Autoren verpasst es, darauf hinzuweisen, dass dem Thema Qualität in der Lehre im Moment wachsende Bedeutung auch aus politischen Kreisen zukommt und Lehre zu einem entscheidenden Qualitätsmerkmal im Wettbewerb der Hochschulen wird. In diesem Zusammenhang erlebt die Hochschuldidaktik, die lange Zeit an vielen Hochschulen ein Randdasein führte (bei einer „schmalen Basis“ von 0,5-2 Personalstellen) erhöhte Aufmerksamkeit und möchte sich zu einer „Wegbereiterin einer zukunftsweisenden Hochschullehre an deutschen Hochschulen“ entwickeln (Senger, S. 114). Im Zuge dessen proklamiert wird auch ein Paradigmenwechsel von einer inhaltsorientierten zu einer kompetenzorientierten Lehre; der Weg dorthin ist Thema vieler Artikel, wenn auch mit einigen Schwierigkeiten behaftet.
Insgesamt Thema des Buches - insbesondere der Beiträge der Herausgeber - ist das Selbstverständnis der Hochschuldidaktik. Im Artikel von Jahnke & Wildt wird anhand der BMBF Förderprojekte zu empirischer Hochschulforschung, die sich mit hochschuldidaktischen Fragestellungen befassen, aufgezeigt, wie komplex der Bereich Hochschuldidaktik ist. Was die Aufgaben angeht, so geht es in der Hochschuldidaktik in der Hauptsache um fachübergreifende Weiterbildungsangebote, wenn auch daneben fachspezifische Angebote realisiert werden. In mehreren Artikeln wird das fruchtbare Zusammenwirken von fakultätsspezifischen und interdisziplinären, hochschuldidaktischen Angeboten mit dem Ziel der Synergiebildung betont. Für rein fachspezifische Weiterbildungen tritt keiner der Autorinnen und Autoren ein, wenn auch vereinzelt für fachbezogene Ansätze plädiert und die spezifische Situation einzelner Fachbereiche (z.B. Ingenieurswissenschaften, gesundheitsbezogene Studiengänge) ins Auge gefasst wird.
Der erste Teil steht unter der Überschrift „Der internationale Blick“. Bildungspolitik in Lettland sowie grenzüberschreitende Weiterbildungsformate im Bereich Hochschuldidaktik beleuchtet der Artikel von Baranovea & Koķe. Er macht vor allem deutlich, dass Qualität in der Lehre kein deutsches Thema sondern - nach der Einführung des gemeinsamen Europäischen Hochschulbildungs- und Wissenschaftsraumes - ein europäisches Thema ist. Aufgegriffen wird in diesem Abschnitt des Buches auch die Diskussion um die Gradwanderung zwischen Forschung und Lehre an den Hochschulen, die durch die Studienreform und Aufsplittung in Bachelor und Master neue Aktualität erlangt hat. Der Artikel zum Thema Research Based Learning von Jenkins & Healey stellt im Rahmen von zehn Fallbeispielen dar, wie Studierenden in verschiedenen Fächern die Möglichkeit zu eigenen Untersuchungen und Forschungen gegeben werden kann.
„Hochschuldidaktik im Fachbezug“ nennt sich Teil zwei. An erster Stelle der Artikel von Kröber & Szczyrba, der die schwierige Frage der Professionalisierung hochschuldidaktischen Handels behandelt – fehlen doch noch akzeptierte Standards über Wissen und Können von Hochschuldidaktikern. Bisher haben Hochschuldidaktiker „nur in Ausnahmefällen eine für ihre Aufgaben spezifische Ausbildung genossen“ und bringen „unterschiedliche professionelle Identitäten“ in ihr Arbeitsfeld ein (S. 71).
Mehrere Artikel widmen sich der Frage, wie sich Lehre bzw. Lehrauffassungen und
-praktiken verändern lassen. Walter & Waldherr stellen den Ansatz des Conceptual Change vor, der dazu dienen soll, Lehrende vom lernzentrierten Ansatz zu überzeugen. Dargestellt wird das Konzept eines (Pflicht-)Basisseminars des Zentrums für Hochschuldidaktik der bayerischen Fachhochschulen (DiZ). Das Seminar ist als Blended Learning-Veranstaltung angelegt. Der Artikel von Szczyrba & Wiemer setzt sich mit fachkulturell eingeschriebenen Überzeugungen und Lehrauffassungen auseinander.
Teil drei des Buches steht unter der Überschrift „Kreativität und E-Learning“. Er besteht aus sechs Artikeln, in denen dem Aspekt E-Learning manchmal etwas mehr Bedeutung hätte zukommen dürfen. So geht es in den Beiträgen von Carell et al. und Haertel & Jahnke um Kreativitätskonzepte von Hochschullehrenden. Es wird bemerkt, dass die Entstehung kreativer Leistungen wesentlich von den Rahmenbedingungen abhängt. Inwiefern E-Learning kreativitätsförderliche Rahmenbedingungen schaffen kann, darauf wird leider nicht eingegangen. Welche Möglichkeiten digitale Medien bieten können um forschendes Lernen zu unterstützen zeigt dagegen der Artikel von Dürnberg et al. auf. Van Treeck & Wieg ermöglichen einen Einblick in die E-Learning-Praxis in fünf Fakultäten. Gerade wegen der fachbezogenen Unterschiede plädieren sie für fachübergreifende Fortbildungen und den fachübergreifenden Austausch zu Lehrkonzepten. Interessant in diesem Kontext ist auch der Artikel von Jahnke, Terkowsky & Pleul, der darstellt, wie mit Hilfe des forschungsbasierten Gestaltungsansatzes eine neue interaktive Lernumgebung entwickelt wurde - das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Fachwissenschaftlern, Praktikern, Studierenden, E-Learning-Expertinnen und Hochschuldidaktikerinnen. Der Medieneinsatz in der Lehre spielt auch eine Rolle im Artikel von Kumar, der anhand einer erziehungswissenschaftlichen Fakultät ein Betreuungsmodell vorstellt, das Lehrende dabei begleitet, Präsenzkurse in Form von Onlineangeboten neu zu durchdenken und zu gestalten.
Im letzten Teil des Buches unter der Überschrift „Fach im Blick“ werden nochmals viele bereits genannte Aspekte aufgegriffen – die Gruppierung der Artikel hätte vielleicht für den Leser etwas eindeutiger ausfallen dürfen. Es werden viele wichtigen Aspekte und Themen, die die Hochschuldididaktik heute betreffen, aufgegriffen und diskutiert, wenn auch zumeist mit mehr Fragen als Antworten. Der aktuelle Diskurs innerhalb der Hochschuldidaktik - nicht nur in Bezug auf die Fachdidaktiken - wird in den Beiträgen gut abgebildet. Somit ein lesenswertes Buch für Fachdidaktiker als auch Hochschuldidaktiker.