Tutorial
Die Vorlesung ist eine klassische Form der Hochschullehre und dient in der Regel der Inhaltsvermittlung an die Studierenden. In der Praxis leiden vor allem Pflichtveranstaltungen unterschiedlicher Fächer unter hohen Teilnehmerzahlen und der gleichzeitigen Notwendigkeit, begleitende Kleingruppen anzubieten, in denen grundlegende Fragen diskutiert und reflektiert werden können. Der Einsatz von Web Based Training (WBT) ermöglicht den Lehrenden die Schaffung neuer Veranstaltungsformen und vereint dabei Elemente des selbstgesteuerten Lernens mit Präsenzveranstaltungen.
Rahmenbedingungen
- Die einzelnen Einheiten des WBTs sollten im Vorfeld konzeptioniert und umgesetzt werden. Dazu müssen beispielsweise textbasierte Materialien redaktionell erarbeitet, Filmsequenzen oder Audiobeiträge erstellt und alle Materialien gesammelt werden, die in das WBT eingebunden werden sollen.
- Die WBTs werden den Studierenden online zur Verfügung gestellt. Hierzu werden die Lernprogramme entweder direkt auf dem Server der Universität oder auf dem Server eines externen Dienstleisters abgelegt und den Studierenden zur Bearbeitung bereitgestellt.
- Die Studierenden müssen mit Logins ausgestattet und über Möglichkeiten für Rückfragen informiert werden, falls sich Probleme bei der Anwendung oder Anmeldung im System ergeben.
- Die Studierenden sollten über einen Rechner mit Internetzugang und Browser verfügen. Gegebenenfalls muss der Browser zum Bearbeiten der digitalen Lernmaterialien (z.B. Filme, Animationen etc.) durch entsprechende Plug-ins ergänzt werden (z.B. Flash Player, Java-Plug-in etc.).
Lösung
Die einfache Wissensvermittlung erfolgt über WBTs. Dabei werden den Studierenden die Vorlesungsinhalte in einzelnen, möglichst kurzen und multimedial aufbereiteten Lektionen dargeboten. Diese Lektionen sind von den Studierenden analog einer Vorlesung im Wochentakt selbstgesteuert und computergestützt, meist online, zu bearbeiten. Der eigentliche Vorlesungstermin kann anschließend für Fragen der Studierenden sowie zur Diskussion und Reflexion genutzt werden, optional können zusätzlich Tutorien angeboten werden. Alternativ zu Präsenzveranstaltungen können diese auch in Form von Videokonferenzen stattfinden. Die Aneignung des Wissens findet bei dieser Form der Hochschullehre jedoch immer zeitlich getrennt von der Vertiefung und Festigung der Wissensinhalte statt.
Details
Der Einsatz von WBTs in der Hochschullehre sollte stets in ein entsprechendes Veranstaltungskonzept integriert werden, d.h. die Studierenden sollten während der Selbstlernphasen ausreichend angeleitet und zum Lernen motiviert werden. Chaträume und/oder Foren zum Austausch über die gelernten Wissensinhalte, sowie bei Problemen und Fragen sind besonders empfehlenswert. Zudem sollten den Studierenden ausreichend Supportmöglichkeiten bei Usability-Problemen angeboten werden. Eine Vorlesung mit WBT erfordert neben einem relativ großen Personalaufwand während der Phasen des eigenverantwortlichen Lernens auch eine gute Veranstaltungsorganisation und intensive Betreuung der Studierenden in den Präsenzphasen (Koordination der Termine verschiedener Lerngruppen etc.).
Stolpersteine
- Um die Studierenden zur Bearbeitung der WBTs zu motivieren, sind diese verpflichtend in das gesamte Veranstaltungskonzept einzubinden und müssen definitiv erforderlich für das Bestehen der entsprechenden Veranstaltung sein.
- Für Veranstaltungen mit großen Teilnehmerzahlen muss im Voraus geklärt werden, ob zur Bearbeitung des WBTs ausreichend Logins zur Verfügung gestellt werden können. Außerdem sollte überprüft werden, wie viele Studierende gleichzeitig die Lernmaterialien bearbeiten können ohne das System zu überlasten.
- Häufig sind innerhalb eines WBTs Selbsttests möglich. In diesem Fall sollte festgelegt werden, ob und inwiefern diese für die Klausur bzw. das Bestehen des Kurses angerechnet werden können.
- Beachtet werden sollte, dass das Konzept der Vorlesung mit WBTs nicht für jeden Fachbereich geeignet ist.
- Um die Lernmotivation sowie den Lernprozess der Studierenden zu fördern, sollte genügend direkte Interaktion zwischen dem Lernprogramm und den Lernenden bestehen. Bestenfalls sollte sich das Lernsystem an die Voraussetzungen und den Wissenstand der Lernenden anpassen können.
Vorteile
- Mit Hilfe von WBTs kann praxisnahes Wissen dargestellt und erklärt werden. Hierbei hilft die multimediale Präsentation der Inhalte durch Grafiken, Hörbeispiele, Animationen und Filme. Den Studierenden werden die Vorlesungsinhalte anschaulich vermittelt und sie erhalten anschließend die Möglichkeit zur Überprüfung des Wissens durch interaktive Aufgaben.
- WBTs können zentral verwaltet und gewartet werden. Wurde ein multimediales Lernsystem gezielt konzipiert und entwickelt, müssen die Inhalte zwar kontinuierlich aktualisiert werden, es kann dann jedoch immer wieder in der Lehre eingesetzt werden.
- Einige Autorenwerkzeuge bieten die Möglichkeit zur direkten Evaluation der WBTs. Gängige empirische Testverfahren und -vorlagen können mit diesen Tools einfach und schnell erstellt und der Einsatz des Lernprogramms entsprechend evaluiert werden.
- Im Mittelpunkt einer Vorlesung sollten neben der Vermittlung neuer Wissensinhalte auch das Beantworten von Fragen sowie die Diskussion und Reflexion des Gelernten stehen. Durch das selbstorganisierte Aneignen des Wissens mit WBTs bleibt an den Präsenzterminen mehr Zeit für die Wissensvertiefung und -festigung.
- Die Arbeit mit WBTs ist besonders für Veranstaltungen mit vielen Teilnehmern geeignet, da hierbei die Frage nach ausreichenden Räumlichkeiten gelöst werden kann.
Nachteile
- Das Konzipieren und Erstellen des multimedialen Lehrmaterials für WBTs ist für Lehrende meist zu zeitaufwändig und wird daher häufig an externe Dienstleister abgegeben. Dies stellt einen enormen Kostenfaktor für Lehrstühle dar und macht den Einsatz von WBTs erst bei Mehrfachnutzung über einen längeren Zeitraum rentabel.
- Es müssen ausreichend Autoren verfügbar sein, um das Lernsystem kontinuierlich zu pflegen, die Inhalte auf den neuesten Stand zu bringen und für ein hohes Qualitätsniveau zu sorgen. Dies kann unter Umständen sehr zeit- und kostenintensiv sein.
- Zusätzliche Kosten entstehen für Lehrstühle durch den erhöhten Betreuungsaufwand der Studierenden (siehe „Details“).
- Beim eigenverantwortlichen Lernen mit WBTs ergeben sich durch den zusätzlichen Zeitaufwand für die Studierenden eventuell Schwierigkeiten der Lernmotivation.
- Zudem muss eine gewisse Medienkompetenz der Studierenden als selbstverständlich vorausgesetzt werden.
Beispiele
- Den Studierenden des MasterOnline Parodontologie bietet die Universität Freiburg ein Lernen mit virtuellen Patientenfällen in Form von WBT an.
- Studierende der Kunstgeschichte an der Universität Bern können sich in der multimedialen Lernumgebung ARTCAMPUS einen Überblick über die wichtigsten kunstwissenschaftlichen Kompetenzen verschaffen.
- Den Informatik-Studiengängen der FH Köln wird mit dem interaktiven Lernprogramm Matrixx ein virtuelles Mathe-Training angeboten.
Werkzeuge
Für das Erstellen von WBTs sind in der Regel spezielle, meist kommerzielle Autorenwerkzeuge erforderlich. Darüber hinaus können in Lernplattformen und Lernmanagement-Systemen bereits Tools mit eingeschränkter Funktionalität eingebettet sein, mit denen multimediale Lernumgebungen umgesetzt werden können. Zur Realisierung von WBTs geeignete, größtenteils kostenpflichtige Programme und Autorenwerkzeuge sind z.B. Adobe Director und Adobe Authorware, ProForm Rapid eLearning Studio oder Udutu.Weitere Informationen
- In einem e-teaching.org- Referenzbeispiel zur CAMPUS Pädiatrie der Universität Heidelberg wird Ihnen ein WBT zur computerunterstützten Ausbildung in der Medizin vorgestellt.
- Allgemeine Informationen zu WBTs und CBTs, Autorenwerkzeugen, Prüfungsgeneratoren und Storyboardwerkzeugen finden Sie im Portal-Bereich Medientechnik.
- Eine Übersicht verschiedener kommerzieller Anbieter für CBT -, WBT- und E-Learning-Software finden Sie hier.
Letzte Änderung: 08.04.2015