Einsatz digitaler Technologien

Digitale Tools sind aus der wissenschaftlichen Arbeit nicht wegzudenken – entsprechend gibt es auch im Rahmen studentischer Forschung viele Gelegenheiten zur digitalen Unterstützung. Neue Entwicklungen in der Künstlicher Intelligenz (KI) erweitern und verändern noch einmal die Möglichkeiten, verschiedene Phasen des forschenden Lernens technisch zu unterstützen.

Im Rahmen forschenden Lernens durchlaufen Studierende im besten Fall vollständig einen [Forschungszyklus]. Der Forschungszyklus (Huber & Reinmann, 2019, S. 250 ff.), macht deutlich, dass es im Grunde in allen Phasen der Forschung Möglichkeiten für den Einsatz digitaler Technologien gibt. Die folgende Grafik veranschaulicht das am Beispiel empirischer Forschung:

Der Forschungszyklus im Zeitalter von E-Science
Abb. 1: Der Forschungszyklus im Zeitalter von E-Science (Kergel & Heidkamp, 2018, S. 502), © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018

Orientiert an den idealtypischen Phasen eines Forschungsprozesses (Huber & Reinmann, 2019, S. 91 ff.) ergeben sich verschiedene Einsatzbereiche für unterschiedliche Arten digitaler Tools. In der folgenden Tabelle werden diese Einsatzbereiche anhand der Forschungsphasen veranschaulicht und mit Links zu den entsprechenden Toolsammlungen bzw. Informationsseiten ergänzt.

Die Tabelle unterscheidet zwischen zwei Arten von digitalen Tools. Einerseits werden im forschenden Lernen digitale Tools eingesetzt, die als etabliert gelten und/oder offiziell von Hochschulen (in der Lehre) angeboten und genutzt werden. Andererseits entsteht aktuell eine Vielzahl von KI-gestützten Tools durch private Anbieter oder gemeinnützige Organisationen, die sich ebenfalls für das forschende Lernen verwenden lassen. Da dieser zweite Typ jedoch in sehr unterschiedlichen Bereichen benutzt wird, besteht ein erhöhtes Risiko, dass einige dieser Tools nicht mit den Anforderungen an wissenschaftliches Schreiben (z. B. Arbeit mit Quellen, Datenschutz, selbstständiges Verfassen von Texten) vereinbar sind. Sowohl Lehrende als auch Studierende betreten mit dem Einsatz dieser Tools Neuland, weshalb ein transparenter und kritischer Umgang sowie ein offener Austausch notwendig sind. An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass die Grafik nur einige ausgewählte Tools aufgreift, um einen ersten Überblick zu geben. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer KI-gestützter Tools, die hier nicht aufgeführt sind, und es ist eine fortlaufende, auch rasche, Entwicklung zu erwarten.

Phasen des Forschungsprozesses Etablierte digitale Tools in der Hochschulbildung Beispiele KI-gestützte Tools Beispiele
  1. Orientierung im Forschungsfeld
  2. Finden einer Fragestellung
  3. Recherche
  4. Aneignung von Methoden
Datenbanken

Recherche

Litmaps; Research Rabbit; Elicit
OER-Sammlungen

Literaturauswertung

Scholarcy; Perplexity; SciSpace; Copilot; ChatPDF; Explainpaper

Online-Journals

Filesharing-Dienste

Vorlesungsaufzeichnungen

Learning-Management-Systeme

Moodle; OLAT; ILIAS

  1. Entwurf eines Forschungsdesigns
  2. Forschende Tätigkeit

Kollaborative Schreibtools

Etherpad; MS Teams

Transkription AssemblyAI; Otter.AI; Whisper

Asynchrone Kommunikationstools

E-Mail; Foren

Textgeneratoren; Paraphrasen ChatGPT; Neuroflash; Smodin; Quillbot

Synchrone Kommunikationstools (Chat, Messenger, Audio-/Videokonferenz)

AdobeConnect; Skype; Zoom; Netviewer

Lektorat; Korrektorat Grammarly; Language Tool; Deepl write

Workflow-Management

Shared Workspaces

Learning-Management-Systeme

MediaWiki; Slack; Trello; Basecamp; Moodle; OLAT; ILIAS

Übersetzungen

Deepl Translate

Literaturverwaltungs-Software

Citavi; Zotero; Entnote

Schreibprozess Jenni.ai
  1. Präsentation
  2. Reflexion des Prozesses

Blogs

E-Portfolios

Wikis

MediaWiki; WordPress

Storytelling; Bildbearbeitung

Tome; Arcopypaste

Videos

Diagramme; Datenvisualisierung CartGPT; Flourish


Eher selten sind dagegen digitale Tools, die gezielt das Forschen bzw. forschende Lernen begleiten und den gesamten Prozess unterstützen (Dehne, Knoth & Lucke, 2019, S. 124). Dies hat natürlich auch mit der Heterogenität der Disziplinen zu tun, die höchst unterschiedlich forschen, auch verschiedene Auffassungen von Forschung haben und entsprechend diverse Anforderungen an digitale Tools stellen. Ein umfassendes digitales Tool für forschendes Lernen ist somit generell schwer bzw. nur auf einem relativ hohen Abstraktionsgrad vorstellbar.

Folgendes Beispiel veranschaulicht exemplarisch, wie digitale Tools in den Forschungsprozess eingebunden werden können:

Zu Beginn einer jeden Forschungsarbeit steht im Vordergrund, sich im Forschungsfeld zu orientieren, zu recherchieren und eine Forschungsfrage zu finden bzw. zu formulieren. Neben dem Austausch mit den Lehrenden können sich die Studierenden einem möglichen Forschungsthema nähern, indem sie sich beispielsweise über Datenbanken, Online-Journale oder Artefakte aus der Lehre (z. B. Vorlesungsaufzeichnungen) informieren. Zusätzlich ermöglichen KI-gestützte Tools, weitere passende Literatur zu finden. So suchen KI-gestützte Tools beispielsweise anhand eines Ausgangsartikels nach ähnlichen Texten und stellen die Suchergebnisse grafisch dar. Darüber hinaus bieten viele KI-gestützte Anwendungen die Möglichkeit, Artikel auf ihre Kerninformationen hin zusammenzufassen oder den Studierenden unklare Textstellen über KI-Sprachmodelle zu erklären. Es besteht allerdings auch das Risiko, dass künstlich generierte Zusammenfassungen einen Akzent legen, der in eine bestimmte Richtung lenkt und damit andere Aspekte des Textes, die für das Forschungsvorhaben gegebenenfalls relevant gewesen wären, ausgeblendet bleiben. Diese Tools können zudem nützlich sein, um sich über zu verwendende Methoden zu informieren und sich diese anzueignen.

Bei der Konzeption des Forschungsdesigns und der eigentlichen Forschungstätigkeit können digitale Tools vor allem den Schreibprozess unterstützen. So gibt es inzwischen eine Reihe von Tools, die z. B. Textbausteine paraphrasieren oder generieren können und bei der Übersetzung, Transkription oder Korrektur helfen können. Wichtig ist jedoch, dass sowohl Studierende als auch Lehrende prüfen, inwieweit das eingesetzte Tool mit dem wissenschaftlichen und eigenständigen Schreiben vereinbar ist und gemeinsam festlegen, welche digitalen Tools für das konkrete Forschungsvorhaben geeignet sind. Auch wenn man hier zu einem positiven Schluss kommt, ist eine kritische Prüfung der durch KI generierten Inhalte in jedem Fall erforderlich, was entsprechendes Wissen und Können voraussetzt. Weniger riskant ist die KI-Nutzung in diesen Forschungsschritten in der Kommunikation, beim kollaborativen Arbeiten oder bei der Aufgabenorganisation.

Digitale Medien wie Blogs, Wikis, E-Portfolios oder Videos spielen eine wichtige Rolle bei der Präsentation und Reflexion von Forschungsergebnissen und unterstützen die Studierenden bei der Veröffentlichung ihrer Studien. KI-gestützte Tools können den Studierenden helfen, interaktive Grafiken, Bilder oder Tabellen zu erstellen oder reale Objekte in Präsentationen zu übertragen. Auch hier ist allerdings eine abschließende kritische Prüfung der Ergebnisse unerlässlich.

Der Einsatz digitaler Medien, darunter zunehmend auch KI-gestützter Tools, kann Studierende in den verschiedenen Phasen des forschenden Lernens unterstützen und einen Diskurs über wissenschaftliches Schreiben und akademisches Verhalten zwischen Lehrenden und Studierenden anregen. Darüber hinaus bietet das Format des forschenden Lernens die Möglichkeit, Studierende mit verschiedenen digitalen Tools vertraut zu machen, wie sie auch in der Forschung zum Einsatz kommen. Im Rahmen des forschenden Lernens kann in besonderer Weise etwaigen Missbrauchspotenzialen von KI-Anwendungen vorgebeugt werden. Dies liegt zum einen an der dem forschenden Lernen innewohnenden Komplexität: Studierende müssen die verschiedenen Forschungsschritte verstehen und miteinander verknüpfen können, weshalb es ihnen wenig nützt, wenn sie sich nur oberflächlich und mit Hilfe von KI-gestützten Tools mit den Themen und Methoden ihrer Forschung auseinandersetzen (z. B. nur künstlich erstellte Zusammenfassungen von Artikeln lesen oder Absätze von Textgeneratoren schreiben lassen, die nur über ungeeignete oder gar keine Quellen verfügen). Andererseits hilft die Begleitung der Lehrenden während des gesamten Forschungsprozesses, unangemessene Verwendungen von KI-gestützten Werkzeugen in der studentischen Forschung frühzeitig zu erkennen, zu thematisieren und dagegen zu intervenieren. So lernen Studierende digitale Tools in ihren Forschungsprozess zu integrieren, ohne das eigenständige Denken und Forschen zu vernachlässigen. Forschendes Lernen stellt ein Lehrformat dar, das eventuellen Gefahren durch den Einsatz von KI-Anwendungen entgegenwirken kann. 

Letzte Änderung: 20.11.2024