Mentoring

Als Mentoring bezeichnet man den Transfer von Erfahrungswissen oder fachlichem Wissen zwischen einer erfahrenen Person – dem Mentor oder der Mentorin – und weniger Erfahrenen, den Mentees. Im Kontext Hochschule können Mentoren z.B. Studierende höherer Semester oder Alumni sein. Ziel des Mentoring ist eine in der Regel informelle, nicht überwachende Unterstützung der Mentees in Entscheidungs- und Übergangssituationen oder während anderer schwieriger Phasen, z.B. vor oder zu Beginn des Studiums, bei der Prüfungsvorbereitung oder beim Übergang zwischen Studium und Beruf.

 Das Konzept des Mentorings betont die Relevanz der Abläufe und Verfahrensweisen an den Bildungseinrichtungen und soll durch das „Insiderwissen“ der Mentoren die Lernenden bei der Bewältigung der jeweiligen Situationen unterstützen. Die Schwerpunkte des Mentoring sind abhängig von den jeweiligen Einsatzbereichen, Rahmenbedingungen und Formen. Meist steht nicht die fachliche Betreuung im Vordergrund,  sondern die Weitergabe von Erfahrungswissen, z.B. Hilfestellungen bei der Bewältigung von Prozessen (etwa an einer neuen Hochschule) oder bei der Orientierung in der persönlichen oder beruflichen Entwicklung.

Rahmenbedingungen

Viele Hochschulen bieten inzwischen organisierte Mentoring-Programme an. Diese können sehr unterschiedlich gestaltet sein, etwa verpflichtend für alle Erstsemester, als Angebot auf freiwilliger Basis, als Mentoring für bestimmte (Einführungs-)Veranstaltungen usw.

Bei der Umsetzung der verschiedenen Konzepte sind jeweils unterschiedliche formale Aspekte zu berücksichtigen. Mentoring-Programme, die mit bestimmten Veranstaltungen verbunden sind, werden häufig von Lehrenden oder von den Fachbereichsleitern koordiniert. Sollen solche Mentoring-Modelle – ggf. auch hochschulweit – institutionalisiert werden, ist eine Integration in die Curricula notwendig. Dazu müssen entsprechende Voraussetzungen vorhanden sein, z.B. Konzepte für Lehrveranstaltungen mit vergleichbaren Gruppengrößen, zu den Rahmenbedingungen der mentoriellen Betreuung und zu den Aufgaben der Mentoren.

Freiwillige Mentoring-Beziehungen werden oft von einer zentralen Koordinationsstelle vermittelt, ggf. wird auch nur Unterstützung dabei geboten, dass sich Mentor-Partnerschaften in Eigenregie finden können. Weitere zentrale Maßnahmen können die Ausbildung Studierender höherer Semester oder studentischer Hilfskräfte als Mentoren und die Anerkennung der Mentorentätigkeit bspw. durch ECTS sein. Sinnvoll ist es außerdem, studentische, aber auch hochschulexterne Mentoren bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen, indem grundsätzliche Erwartungen vorgestellt und Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, etwa Zielvereinbarungen zwischen Mentor und Mentee, exemplarische Meilensteine eines Mentoring-Prozesses u.ä. Hilfreich können außerdem begleitende Veranstaltungen für Mentoren und Mentees sowie die Einrichtung von Netzwerken sein.

Lösung

In vielen Situationen – beim Übergang zum Studium, während des Studiums oder im Übergang vom Studium zum Beruf – ist Unterstützung durch institutionelle Mentoring-Angebote hilfreich. Bei der Entwicklung von Programmen müssen die konkreten Ziele, Rahmenbedingungen und Ressourcen der jeweiligen Institution berücksichtigt werden.

Oft beruht der Erfolg von Mentoring auf den persönlichen Beziehungen und der Verbindlichkeit, die durch direkten, regelmäßigen Kontakt zwischen Mentor und Mentee entstehen. In vielen Situationen – beispielhaft hierfür ist etwa die Studieneingangsphase – ist es sinnvoll, diesen persönlichen Kontakt zu nutzen und nicht durch ausschließlich digitale Angebote zu ersetzen. Jedoch kann der Mentoring-Prozess durch den Einsatz unterschiedlicher digitaler Medien und Werkzeuge unterstützt werden.

Es gibt jedoch auch Situationen – etwa wenn Mentee und Mentor nicht in derselben Institution und/oder am selben Ort tätig sind –, in denen es sich anbietet, Mentoring-Angebote komplett oder überwiegend online durchzuführen.

Details

Mentoring kann – je nach Zielrichtung – in unterschiedlichen Sozialformen durchgeführt werden, z.B.

  • Individuelles Mentoring (Eins-zu-eins-Beziehung zwischen Mentee und Mentor)
  • Gruppen-Mentoring (ein Mentor betreut eine Gruppe von Mentees)
  • Equal-Gender- bzw. Cross-Gender-Mentoring (gleichgeschlechtliche bzw. gemischtgeschlechtliche Mentoring-Tandems oder -Gruppen)
  • Peer-Mentoring (Mentoring unter Personen derselben Hierarchieebene – z.B. unter Studierenden –, häufig auch in Gruppen)
  • Support-Mentoring (eher allgemeine bzw. weniger persönliche Unterstützung, z.B. in Internetforen)

Mentoring-Programme können sich an verschiedene Personen(gruppen) richten und entsprechend von unterschiedlichen Personen betreut werden. Typische Konstellationen im Hochschulbereich sind Mentoring-Angebote

  • für Studieninteressierte durch Studierende
  • für Studienanfänger durch erfahrene Studierende (oder Lehrende)
  • für Studierende in der Studienabschlussphase durch Alumni / Personen, die bereits im Beruf stehen
  • für ausländische Studierende oder Studierende mit Migrationshintergrund
  • für Studentinnen, z.B. in MINT-Fächern bei der Berufsorientierung und auf dem Arbeitsmarkt

Wenn Mentoring-Konzepte für einzelne Studiengänge oder die gesamte Hochschule institutionalisiert werden sollen, ist es sinnvoll, sie in die jeweiligen Curricula zu integrieren. Gut geeignet sind dafür einführende Lehrveranstaltungen mit vergleichbaren Gruppengrößen bzw. große Veranstaltungen, die parallel von mehreren Mentoring-Gruppen begleitet werden können. Die Mentorentätigkeit kann dabei oft von Studierenden höherer Semester oder studentischen Hilfskräften übernommen werden. Wichtig ist es, studentische Mentoren angemessen auf ihre Tätigkeit vorzubereiten und sie dabei zu begleiten. Dies betrifft nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern auch Bereiche wie die Leitung von Gruppen, die Planung und Gestaltung von Sitzungen, den Umgang mit schwierigen Situationen und die Reflexion der eigenen Rolle als Mentor/in. Um Studierende als Mentoren zu gewinnen, können Anreizsysteme wie ECTS-Punkte oder finanzielle Aufwandsentschädigungen genutzt werden.

Wenn verschiedene Personengruppen an einem Mentoring-Prozess beteiligt sind – z.B. studentische Mentoren, wissenschaftliche Mitarbeiter und Dozierende – sind eine gute Koordination, transparente Informationen sowie Gelegenheiten zum Austausch wichtig, damit alle Beteiligten über die Bedeutung ihres eigenen Beitrags im Gesamtzusammenhang Bescheid wissen.

Technisch kann Mentoring auf vielfältige Weise unterstützt werden. Findet das Angebot im Rahmen einer Veranstaltung statt, in der ein Lernmanagementsystem (LMS) eingesetzt wird, kann dort ein eigener Bereich für Mentoring oder auch für einzelne Mentoring-Gruppen eingerichtet werden. Innerhalb des LMS – aber auch unabhängig davon – weitere Kommunikationswerkzeuge genutzt werden, z.B. E-MailMailinglistenForen, Videokonferenzsysteme oder Chat. Darüber hinaus können in einem LMS oder auf einer Webseite Informationen zur Verfügung gestellt werden, es können FAQs zur Verfügung gestellt werden oder den Mentees kann die Möglichkeit gegeben werden, Fragen zu posten.
Mentoren können außerdem anregen, dass Mentees zur Unterstützung ihres Arbeits- und Reflexionsprozesses digitale Werkzeuge nutzen, z.B. Blogs, (E-)Portfolios oder (digitale) Lerntagebücher (ein Beispiel dafür findet sich in diesem Erfahrungsbericht).

Vertiefende Informationen zu den einzelnen Kommunikationstechnologien finden Sie in unserer Rubrik Medientechnik.

Stolpersteine

Ein zentraler Erfolgsfaktor für Mentoring Angebote ist die Auswahl geeigneter Mentoren. Sie sollten kompetent und vertrauenserweckend sein sowie einen guten Zugang zu den Studierenden (bzw. Schülerinnen und Schülern) haben. Bei Mentoring für Gruppen kann sich außerdem die Integration von desinteressierten Studierenden in die Gruppe als schwierig erweisen.

Vorteile

Nicht nur die Mentees profitieren von der Zusammenarbeit, auch für Mentorinnen und Mentoren kann es viele Vorteile geben.

Der Gewinn für Mentees kann in unterschiedlichen Bereichen liegen, beispielsweise:

  • Unterstützung im Studium
  • Erlernen von Strategien zur effizienteren Gestaltung ihres Studiums
  • Besseres Kennen und Einschätzen der eigenen Fähigkeiten
  • Möglichkeit zur Reflexion des eigenen Arbeitsstils im Vergleich mit anderen
  • Entwicklung von Ideen für die Berufsfindung, Einblicke in die Strukturen der Berufswelt und Knüpfen entsprechender Kontakte
  • Mut zur Entwicklung und Planung der eigenen Karriere
  • Einbindung in ein Netzwerk und Austauschs innerhalb dieses sozialen Gefüges

Für Mentorinnen und Mentoren liegen die Chancen darin,

  • eigenes Arbeiten zu reflektieren
  • soziale und kommunikative Kompetenzen zu trainieren
  • Kontakte auch zu anderen Mentoren aufzubauen
  • im Netzwerk neue Kooperationsmöglichkeiten zu gewinnen
  • qualifizierten Nachwuchs für das eigene Unternehmen/ die eigene Institution aufzubauen und zu rekrutieren

Nachteile

  • Nicht alle haben Interesse an einem Mentoring-Programm, oft insbesondere die Studierenden, die diese Unterstützung besonders dringend benötigen würden.
  • Häufig entstehen Schwierigkeiten, die Motivation und den Austauschs über einen längeren Zeitraum, z.B. ein Semester, aufrecht zu erhalten.
  • Bei einem Mentoring, das vor allem virtuell, also über das Internet stattfindet, kann der mangelnde reale Kontakt zwischen Mentee und Mentor demotivierend wirken.

Beispiele

  • Die HTGW Konstanz bietet einen E-Mentoring-Service von Studentinnen für Schülerinnen und jüngere Studentinnen: http://www.htwg-konstanz.de/E-Mentoring.5760.0.html
  • Auch die Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat mit "Mailmentoring Plus" ein Mentoring-Programm entwickelt, das  Studieninteressierten vor dem Semesterbeginn einen E-Mail-Kontakt zu erfahrenen Studierenden desselben Faches vermittelt: http://www.ruhr-uni-bochum.de/jungeuni/mentoring. Zusätzlich bietet die RUB ein Beratungsportal mit einer "Studium-FAQ" zu Fragen "Davor", "Mittendrin", "Am Ende" und "Danach", einer Chat-Beratung sowie Links zu Beratungsstellen: /praxis/referenzbeispiele/beratungsportalbochum.
  • Die Idee hinter der "International Virtual Science Fair" ist, dass Schülerinnen und Schüler Forschungsprojekte durchführen können, die nicht von einer Lehrkraft an der jeweiligen Schule betreut werden, sondern von E-Mentoren, die aus der ganzen Welt kommen können. Die zurzeit einzige "Virtual Science Fair" in  Deutschland wird vom Lehrstuhl für Didaktik der Physik der Technischen Universität Dortmund geleitet. Da viele der E-Mentoren Lehramtsstudierende der Physik sind, ist es möglich, durch dieses Projekt einen weiteren praktischen Anteil in der Lehrerausbildung zu integrieren. Die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 bis 9 stellen ihre Ideen und Arbeiten in das LMS moodle ein und tauschen sich mit ihren E-Mentoren über diesen Kommunikationsweg aus: http://www.sciencefair.tu-dortmund.de/cms/index.php?option=com_content & view;=article & id;=65 & Itemid;=55
  • CyberMentor ist ein Projekt von Komm, mach MINT, dem Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen. Das E-Mail-Mentoring-Programm richtet sich an Schülerinnen, die sich für MINT-Studiengänge interessieren, es beginnt jeweils im Oktober und dauert ein Jahr. Die Mentorinnen sind in der Wirtschaft oder in der Wissenschaft im MINT-Bereich tätig oder studieren ein MINT-Fach im Master- bzw. Hauptstudium. Mentorin und Mentee tauschen sich wöchentlich per Mail aus, für die Schülerinnen steht außerdem eine Austauschplattform zur Verfügung: https://www.cybermentor.de/ci/index.php/pub/aktuelles.
  • Eine Übersicht über (größtenteils nicht speziell digital unterstützte) Mentoring-Programme an deutschen Hochschulen, Mentoring-Kooperationen sowie außeruniversitäre Mentoring-Programme insbesondere für Frauen findet sich auf der Seite des Deutschen Hochschulverbandes: http://www.hochschulverband.de/cms1/mentoring.html.

Letzte Änderung: 03.06.2015