Twitter ist ein Echtzeit-Informationsnetzwerk, das ein kostenloses Publizieren von Kurznachrichten über das Internet ermöglicht. Die Plattform wurde aus bereits vorhandener Open-Source-Software heraus entwickelt und stellt die erste Microblogging-Plattform im Internet dar.
Seit seiner Einführung im Jahr 2006 hat sich Twitter zur derzeit größten Microblogging-Plattform entwickelt. Neben der ursprünglich englischsprachigen Version gibt es auch eine französische, deutsche, italienische, japanische und spanische Version der Plattform. Viele Social-Media-Plattformen haben mittlerweile konzeptuell ähnliche Angebote als Feature integriert und bieten parallel die Möglichkeit der Synchronisation mit Twitter (beispielsweise Facebook oder der Fotoblogging-Dienst Instagram).
Funktionen
Auf Twitter können angemeldete Mitglieder in Echtzeit eigene Kurznachrichten, sogenannte Tweets (engl. to tweet=zwitschern) veröffentlichen. Für die Nutzung auf mobilen Geräten steht eine App zur Verfügung. Der Tweet wird an alle Nutzende übermittelt, die dem jeweiligen Sendenden folgen, d.h. die sich als „Follower“ für diesen Kanal registriert haben. Registrierte Personen können die Plattform demnach einerseits als Rezipient/in nutzen und sich die Tweets verschiedener Kanäle von Personen oder Institutionen anzeigen lassen, für die sie sich interessieren. Andererseits können sie selbst Nachrichten veröffentlichen und sich mit interessanten Informationen um eigene Follower bemühen. Um Twitter-Nachrichten einzusehen und die Suchfunktion zu nutzen, ist es nicht erforderlich als Mitglied angemeldet zu sein.
Das Schreiben von Kurznachrichten auf der Plattform wird als „twittern“ bezeichnet, wobei eine einzelne Nachricht maximal 140 Zeichen lang sein darf. Durch die erzwungene Kürze der Nachricht enthält ein Tweet keine anderen Dateien oder ausführlicheren Informationen, er kann aber auf einen Artikel oder eine größere Datei an anderer Stelle im Internet verweisen. Im Tweet enthaltene URL s werden dafür häufig mit Hilfe externer Dienste (z. B. TinyURL, Bitly) in sogenannte Short-URLs umgewandelt, um die Anzahl erlaubter Zeichen nicht zu überschreiten.
Die einzelnen Kurznachrichten können von anderen registrierten Personen kommentiert werden, wodurch die Möglichkeit einer Diskussion gegeben ist. Um eine Nachricht einem bestimmten Thema zuzuordnen und eine Diskussion überhaupt erst zu ermöglichen, werden einzelne Tweets mit sogenannten „Hashtags“ versehen. Ein Hashtag ist ein Schlagwort, das als Teil eines Tweets, d.h. direkt innerhalb der Nachricht, zwischen ein Rautenzeichen und ein Leerzeichen eingefügt wird (z.B. #Learntec ). So werden beispielsweise Kurznachrichten zu einer bestimmten Konferenz mit einem entsprechenden Hashtag versehen. Anschließend können die Nachrichten über den Hashtag der Konferenz und einer eventuell dazu entstehenden Diskussion zugeordnet werden.
Mit dem Einführen einer Suchfunktion hat Twitter auch eine Schlagwortsuche ohne Hashtags möglich gemacht.
Eine weitere häufig genutzte Funktion stellt das "ReTweeting" dar, das ein Weiterleiten von Kurznachrichten ermöglicht. Mitglieder können damit Nachrichten anderer Mitglieder übernehmen (bzw. zitieren) und diese an ihre eigenen Follower versenden. Auf diese Weise kann sich ein Tweet stark ausbreiten, während er aber weiter den Bezug zum ursprünglichen Autor behält. Weitere Mitglieder werden durch diese Funktion zudem auf ihnen bislang unbekannte Twitter-Kanäle aufmerksam und können sich bei Interesse als deren neue Follower eintragen.
Neben den angeführten Funktionen bietet Twitter noch zahlreiche weitere Möglichkeiten der Verknüpfung mit verschiedensten Communities und sozialen Netzwerken sowie privaten Homepages. Durch eine offene Programmierschnittstelle erlaubt Twitter zudem die Nutzung von Twitter- Clients und verschiedensten Webanwendungen (third party apps).
Nutzung
Nentwich et al. (2009) beschreiben Twitter als ein Format, das Eigenschaften von sozialen Netzwerken und Blogs kombiniert. Im Gegensatz zu Weblogs, die auf eine mehr oder weniger dauerhafte Publikation und Präsenz im Internet ausgelegt sind, zeichnet sich das Microblogging mit Twitter besonders durch seine Kurzlebigkeit aus. Beiträge sind bereits nach wenigen Tagen häufig nicht mehr über Suchmaschinen auffindbar (Nentwich et al., 2009, S.3), auch wenn sie nicht gelöscht werden. Dadurch eignet sich Twitter hauptsächlich zur kurzfristigen Information und Kommunikation und weniger zur Speicherung von Informationen.
Klassischerweise stellte Twitter seinen Nutzenden anfangs die Frage „What are you doing?“ (Was machst du gerade?), 2009 in die Frage „What’s happening?“ (Was gibt’s Neues?) umgeändert. Ein Großteil Twitterer informiert gemäß diesem Motto über (meist private) Alltagsbegebenheiten. Je nach Nutzendem werden jedoch auch Informationen zu ganz bestimmten Themen oder Events, Gedanken, Links und Literaturtipps und vieles mehr veröffentlicht. Außer von Einzelpersonen kann Twitter auch von Unternehmen, Organisationen oder Institutionen zur Informationsverbreitung eingesetzt werden.
Twitter in der Wissenschaft
Auch im wissenschaftlichen Bereich wird Twitter in verschiedensten Zusammenhängen eingesetzt. Besonders der Aspekt der interessengeleiteten Verbindung von Personen lässt sich im wissenschaftlichen Bereich einsetzen, um Informationen auszutauschen. Wissenschaftler/innen können etwa aktuell bearbeitete Literatur tweeten, unkompliziert kurze Fragen zu Recherchezwecken stellen oder auf neue Publikationen und Vorträge hinweisen (Nentwich et al., 2009, S.14). Auf diese Weise lassen sich auch neue Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen und Personen mit besonderen Expertisen aus der ganzen Welt knüpfen. Das Netzwerk und die große Zahl möglicher Empfänger/innen kann auch genutzt werden, um neue interessante oder provokative Gedanken und Ideen zu veröffentlichen und dabei auch auf umfassendere Darstellungen in anderen Medien – Texten, Blogs, Wikis usw. – zu verweisen, die dann zur vertieften, weiteren Auseinandersetzung genutzt werden können (Spannagel, 2010).
Im Rahmen von Tagungen und Konferenzen lässt sich das Microblogging mit Twitter einsetzen, um aktuell laufende Vorträge parallel zu kommentieren, Fragen an den Referierenden zu sammeln oder auch kurze Zusammenfassungen über die aktuellen Ereignisse an Außenstehende herauszugeben. Benötigt wird dafür ein gemeinsamer, voher definierter Hashtag. Alle Beiträge können dann auf einer Twitterwall, zusammengeführt und dargestellt werden. Eine Twitterwall ist eine Projektionsfläche auf die mittels Beamer die Beiträge der Twitterer live übertragen werden. Eine moderierte Twitterwall, auf der auch Beitragende ausgeschlossen werden können, lässt sich mittels http://twitwalls.com herstellen. Beachtet werden sollte, dass eine Twitterwall beispielsweise im Hintergrund einer Podiumsdiskussion sowohl die Teilnehmenden auf dem Podium als auch die Zuschauenden ablenken kann.
Eine von Reinhardt et al. (2009) durchgeführte Studie zum Einsatz von Twitter auf Konferenzen ergab neben der Möglichkeit der parallelen Kommentierung laufender Präsentationen eine Nutzung der Plattform zur Kommunikation mit Anderen, zur Weitergabe von Ressourcen, zum Aufbau einer Online-Präsenz oder auch für schnelle Notizen. Die Studienteilnehmenden nutzten Twitter vor allem zur Diskussion, Verbreitung und zum Austausch von Informationen und schätzten die Möglichkeit der leichten und unverbindlichen Gruppenbildung.
Die genannten Funktionen können auch im Rahmen von Lehr- und Lernveranstaltungen genutzt werden. So kann Twitter im Rahmen einer Vorlesung zur Diskussion, für Fragen und als Evaluierungstool eingesetzt werden. Teilweise setzen Lehrende Twitter ein, um auf einer Veranstaltungshomepage oder im Kursraum eines Lernmanagementsystems Hinweise zum jeweiligen Thema zu geben. Außerdem kann es der allgemeinen Kommunikation zwischen Institutsangehörigen (Mitarbeitenden und Studierenden) dienen (Bsp: FernUni Hagen).
Einige Forschungs- und Lehreinrichtungen setzen Twitter auch als zusätzlichen Distributionskanal ein. Hier bietet Twitter etwa die Möglichkeit, auf einer Webseite erscheinende Artikel, bzw. deren Überschriften und URL, automatisch über einen Feed auf Twitter zu veröffentlichen (Nentwich et al., 2009, S.20) ( Bsp.: Richard Dawkins Foundation for Reason and Science).
Kritik
Häufig kritisiert wird die immense Informationsflut durch Twitter sowie die fragliche Qualität eines Großteils der Nachrichten. Dazu sollte angemerkt werden, dass es natürlich jedem Nutzenden freisteht, ob und wie er diese Plattform einsetzt. Dennoch kann man sich selbst bei einer sehr bewussten und gezielten Nutzung beispielsweise gegen Spam -Tweets nicht vollkommen absichern.
Was die Qualität und Verlässlichkeit der verfügbaren Informationen betrifft, ist insofern immer Vorsicht geboten, als dass jeder Nutzende jede beliebige Information auf Twitter veröffentlichen kann. Auch bei weiteren Verweisen auf zusätzliche Quellen durch Tweets sollten diese stets kritisch auf ihre Faktizität hin überprüft werden.
Ein weiterer Kritikpunkt ist sicherlich der Datenschutz bei Twitter. Twitter sammelt umfassend personenbezogene Daten und gibt diese auch an Dritte weiter (siehe Twitter Datenschutzbestimmungen).
Literatur und Beispiele
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Einen ausführlichen Einblick zum Thema bietet der Beitrag „ Microblogging und die Wissenschaft. Das Beispiel Twitter “ von Michael Nentwich, Jana Herwig, Axel Kittenberger und Jan Schirmund von der österreichischen Akademie der Wissenschaften.
- Ein Beitrag des Projekts pb21.de, ein Kooperationsprojekt der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und des DGB Bildungswerks, gibt Tipps für das Regeln oder Moderieren von Twitterwalls.
- Hans-Jürgen Bucher vom Competence Center E-Business der Universität Trier nutzt eine Twitterwall, über die Studenten digital und in Echtzeit Zwischenfragen zur Vorlesung posten können.
- Den Einsatz von Twitter im Rahmen einer Konferenz schildern. Ebner und Reinhardt (2009) am Beispiel der ED-MEDIA-Konferenz 2008.
- Einen sehr anschaulichen Erfahrungsbericht aus der Sicht einer Referentin zu Problemen mit der Nutzung von Twitter während einer Konferenz liefert Danah Boyd in ihrem Weblog. Dort beschreibt sie ihre Erfahrungen als Rednerin auf der Web 2.0 Expo, bei der Twitter als Backchannel eingesetzt wurde.
- Der englischsprachige Artikel „How People using Twitter during Conferences” von Wolfgang Reinhardt, Martin Ebner, Günter Beham und Cristina Costa steht online zur Verfügung unter http://lamp.tu-graz.ac.at/~i203/ebner/publication/09_edumedia.pdf.
- Den Einsatz der alternativen Plattform Friendfeed zur Berichterstattung über eine Konferenz zeigen Saunders et al. (2009). in ihrem Artikel „ Microblogging the ISMB: A New Approach to Conference Reporting ” auf.
- Im WissensWert Blog Carnivals wurde im Juni 2006 die Frage gestellt: „ Warum twitterst Du eigentlich? ” Die Antworten - auch von einigen E-Learning-Experten – gehen auf Erfahrungen mit dem Medium ein und geben Anregungen zur Nutzung.
- Eric Jarosinski von der University of Wisconsin, berichtet in einem Interview im Mai 2014 mit dem Stifterverband für die deutsche Wissenschaft über seine Forschung zu "Twitter in Academia".
Einsatz von Twitter in der Lehre
- Unter dem Motto „ Wissensmanagement in 140 Zeichen ” bietet die Medienzoo-Seite der Universität Augsburg Informationen zu Twitter in der Hochschullehre. Hier finden Sie zudem noch weitere Links zu Studien rund um die Twitternutzung im Hochschulbereich.
- ZDF heute.de gibt in einem Beitrag Anregungen zum Einsatz von Twitter im Unterrricht.
- Hier findet man die Dokomentation eines 2009 durchgeführten Online-Seminars zu Weblogs & Twitter in der Lehre von Prof. Christian Spannnagel und Thomas Bernhardt.
- Das Portal Lehrer Online bietet Informationen zum Einsatz von Twitter in der Schule, die sich unter Umständen auf hochschulische Bildung übertragen lassen. Ein Beispiel ist das Unterrichtsprojekt #europafuermich, das Schülern die europäische Politik näherbringen möchte.
- Das Magazin ZEIT ONLINE erklärt in einem Artikel den Einsatz von Twitter im Unterricht.
- Im ZUM-Wiki, einer offenen Plattform für Lehrinhalte und Lernprozesse, gibt es eine Seite über Twitter.