Seitenlänge: Scrollen oder Klicken?

Bei der Bildschirmgestaltung spaltet sich die Gestaltergemeinde der neuen Medien – insbesondere des Internets – in zwei einander feindlich gesonnene Lager: Soll man zusammengehörige Inhalte auf mehrere Seiten verteilen (Paging) oder auf einer langen Seite unterbringen (Scrolling)?

1996 erließ Jakob Nielsen, der Papst der Usability Designs ein Verdikt, welches besagt: "Internet Users don´t scroll" (Nielsen, 1996). 90 Prozent der Internet-Nutzer befassten sich lediglich mit dem sichtbaren Bildschirminhalt, so Nielsen. Die genaueren Umstände, die ihn zu der Erkenntnis führten blieb er - der Glaubensfestigkeit seiner Anhänger gewiss - schuldig. 1997 änderte Nielsen seine Meinung dahingehend, dass Scrolling nicht länger zu den zehn Todsünden des Webdesigns zu zählen sei: "Scrolling now allowed" heißt die Parole (Nielsen, 1997).

Die Forschungslage ist alles andere als eindeutig: Eine Studie zum Navigationsverhalten von Internet Anfängern ergab, dass 24% eine Information, die "erscrollt" werden muss, nicht finden (Wandke & Hurtienne, 1999) Bei einer Online Umfrage von ARD und ZDF landete "Scrolling" unter den Top 10 Ärgernissen im Web (ARD / ZDF, 2001). An der Universität Utrecht wurde dagegen eine Studie zum Lesen und Verstehen von Hypertexten durchgeführt, bei der scrollbare Seiten bessere Noten in Punkto Benutzerfreundlichkeit erzielten (Nimwegen et al., 1999). Studien von Jared Spool ergaben, dass Nutzer zwar behaupten, lange Seiten nicht zu mögen, in Beobachtungssituationen allerdings klaglos scrollen (Spool et al., 1999).


Scrolling Paging
Eisberg Effekt (wichtige Inhalte verschwinden unter den Bildschirmrand)  ja
 nein
Klicks und Ladevorgänge  wenige
 viele
Ladezeit  hoch
 gering
Mit Browser durchsuchbar  ja  nein
Administrationsaufwand  niedrig  hoch
Komfort beim Ausdrucken  hoch
 niedrig
Komfort beim Download  hoch  niedrig
Gliederung langer Dokumente
 nicht gut zu erfassen
 gut zu erfassen
Unterschiede zwischen langen und kurzen Seiten (entnommen und angepasst aus Wirth, 2002)

Die Frage, was dem geneigten Nutzer lieber sei, ermüdendes Klicken oder endloses Scrollen, ist sicherlich falsch gestellt. Ob lange oder kurze Seiten zu beantworten sind, lässt sich nicht allgemein entscheiden, sondern ist abhängig von Zielgruppe und Inhalten. Vor allem bei umfangreichem Textmaterial geht es nicht um "entweder-oder" sondern um eine sinnvolle Kombination beider Gestaltungsmöglichkeiten.

Letzte Änderung: 08.04.2015