CAMPUS Lehr- und Lernsystem
Ziel des CAMPUS-Projektes ist die Entwicklung eines Systems zur rechnerunterstützten Ausbildung in einem reformierten Medizinstudium, in dem an die Stelle der konventionellen systematischen Behandlung von Krankheitsbildern die problemorientierte Beschäftigung mit authentischen Patientenfällen tritt und in dem selbstbestimmtes Lernen eine wichtige Rolle spielt. Mit Hilfe von CAMPUS soll die Kompetenz in medizinischem Wissensmanagement ausgebildet werden, indem der Tutand zur Unterstützung seiner Diagnose- und Therapieentscheidungen einerseits Falldaten aus einer Datenbank abruft und zum anderen systematisches Wissen aus weltweit verfügbaren digitalen Bibliotheken über das World Wide Web souverän nutzt.
CAMPUS ist ein Projekt der Arbeitsgruppe MediCase (http://www.medicase.de) des Labors für computerunterstützte Ausbildung in der Medizin der Universität Heidelberg (http://www.hyg.uni-heidelberg.de). Es werden multimedial (Videosequenzen, Bilder) aufbereitete Lernfälle aus dem Klinikalltag in einer weitgehend interaktiven und damit realistischen Form bereitgestellt. "Expertenkommentare" eines virtuellen Tutors geben an vielen Stellen des Lernfalls Hintergrundinformationen zum jeweiligen Thema. Die Nutzer des Programms können Untersuchungen durchführen bzw. anordnen (Anamnese, körperliche, technische und Labor-Untersuchungen) und Diagnose- und Therapieentscheidungen treffen. Die Entscheidungen des Anwenders werden mit dem vom Autor eingegebenen "realen Fall" verglichen. Das Vergleichsergebnis wird dann angezeigt. Durch diese simulative Form können die Vorteile einer Falldatenbank mit realen Fällen aus dem Klinikalltag und einer realistischen, interaktiven Fallbearbeitung auf dem Computer kombiniert werden. Hierdurch kommen die besonderen Möglichkeiten von Computer-Based Training im Vergleich zu einem herkömmlichen Lehrbuch zum Tragen.
Konzept
Folgende Aspekte charakterisieren das didaktisch-methodische Konzept von CAMPUS:
Flexibles Lernen
Mit CAMPUS erstellte Lerneinheiten können über das World Wide Web zeitflexibel und ortsflexibel sowie plattformunabhängig genutzt werden. Außerdem ist CAMPUS lokal oder online startbar. In CAMPUS verfügbares Wissen ist grundsätzlich flexibel zugreifbar in einer Datenbank bzw. einem Repository gespeichert und nicht starr sequentiell organisiert. Flexibles Lernen wird weiterhin dadurch unterstützt, dass das System an den Wissensstand und die Wünsche des Lernenden adaptiert werden kann.
Selbstbestimmtes Lernen
Die o.g. Aspekte des flexiblen Lernens fördern das aktive, selbstbestimmte Lernen. Dabei besteht ein wichtiges Prinzip darin, dass der Student selbständig entscheidet, z.B., welche Informationen er für seine Entscheidungsfindung verwenden will.
Problemorientiertes Lernen (POL)
Während POL in der Medizin konventionell ohne Computerunterstützung praktiziert wird und bisweilen sogar Computer-Based Training im POL-Kontext abgelehnt wird, gehört zu den Zielen von CAMPUS, problemorientierte Ausbildung durch fallbasiertes Training zu unterstützen. Insbesondere wird angestrebt, mit Hilfe von CAMPUS die Problemlösung durch eine POL-Gruppe zu protokollieren und nachvollziehbar zu machen. Dies wird dadurch ermöglicht, dass in CAMPUS -wie in einem elektronischen Krankenblatt- der jeweilige Patientenstatus und der Stand der Diagnose- und Therapieentscheidung jederzeit einsehbar sind.
Interaktives Lernen
CAMPUS unterstützt interaktives Lernen einerseits durch adäquate Benutzerschnittstellen zu der Lehr-/Lernsystem-Komponente und zu den Wissensbanken und zum Anderen dadurch, dass interaktions- und kollaborationsorientierte POL-Aktivitäten gefördert werden.
Wissensbasiertes Lernen
In CAMPUS wird sowohl Fallwissen über die Patienten als auch systematisches Wissen, u.a. aus verfügbaren digitalen Bibliotheken, und Wissen über den Fallablauf modelliert, repräsentiert und angewandt. Weiterhin wird der Student im Umgang mit Nomenklaturen, Thesauri und Metathesauri trainiert, Grundlage für die in seiner späteren Berufstätigkeit geforderte Kompetenz im medizinischen Wissensmanagement.
Simulatives Lernen
In CAMPUS aufbereitete Fälle können simulativ, d.h. realitätsnah, bearbeitet werden, wobei -nach Bedarf- bestimmte Untersuchungsblöcke übersprungen werden können (die Ergebnisse werden en bloc angezeigt ohne explizite Auswahl bestimmter Untersuchungen), oder einfach angezeigt werden.
Risikoorientierung
CAMPUS versucht die typische Risiken einer CBT/WBT-Entwicklung zu vermeiden. Das Applikationsrisiko (Are we building the right product?) soll dadurch reduziert werden, dass sowohl Dozenten und Studenten in die Entwicklung einbezogen werden. Außerdem wird durch eine leistungsfähige Autorenkomponente dafür gesorgt, dass die Aufbereitung von Fällen durch den Autor wirksam unterstütz wird. Technische Risken (Are we building the product right?) werden durch geeignete Software-Komponenten und -Tools vermieden.
Architektur
Die Hauptkomponenten von CAMPUS sind ein Autorensystem zur Falleingabe und Wissensaufbereitung, eine Abspielkomponente (Lehr- und Lernsubsystem) zur Fallpräsentation/-bearbeitung und Fallsuche, eine Datenbasis für Falldaten, eine Wissensbasis für systematisches Wissen und eine Administrationskomponente.
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Rahmendaten
- Medizin und Gesundheitswesen