Unterstützung von Diskussionen in Blended-Learning-Szenarien
Gamification bezeichnet den Einsatz von Computerspielelementen in spielfremden Kontexten mit dem Ziel, die Motivation der Nutzer zu erhöhen. Obwohl das Phänomen inzwischen weit verbreitet ist, mangelt es an einer wissenschaftlichen Untersuchung insbesondere der motivationalen Zusammenhänge. Im Projekt wurde daher ein an Gratifikationsmechanismen aus Computerspielen angelehntes Motivationssystem in ein Online-Forum implementiert, um zu untersuchen, inwiefern dieses die Quantität und Qualität studentischer Beiträge beeinflusst. Die Auswertung untersucht, inwieweit die Akzeptanz von Gamification mit personalen Merkmalen korreliert, beurteilt die diagnostische Qualität studentischer Peer-Bewertungen und untersucht die Auswirkung von Gamification auf das Engagement der Studierenden.
Können Elemente aus Computerspielen die universitäre Lehre bereichern? Diese Frage ist Gegenstand des hochschuldidaktischen Forschungs- und Entwicklungsvorhabens „Gamification zur motivationalen Unterstützung von Diskussionen in Blended-Learning-Szenarien“, für das die drei Bildungswissenschaftler Dr. Ulrich Wechselberger, Prof. Dr. Bardo Herzig und Prof. Dr. Niclas Schaper im Dezember 2011 mit dem Förderpreis für Innovation und Qualität in der Lehre der Universität Paderborn ausgezeichnet wurden.
Ausgangspunkt ist die oft gemacht Erfahrung, dass interaktive Lehrformen wie Gruppenarbeit und Diskussionsmethode heute in vielen Lehrveranstaltungen kaum noch umsetzbar sind. Ursache sind wachsende Teilnehmerzahlen, die interaktive Lehrformen aus unterschiedlichen Gründen vereiteln. Dennoch bleiben sie ein unabdingbares Werkzeug der Hochschuldidaktik. Mitunter werden sie daher aus dem überfüllten Präsenzphasen in die Lehrveranstaltung begleitende Online-Plattformen ausgelagert. Mit solchen Blended-Learning-Ansätzen lassen sich jedoch nicht alle Probleme lösen: So verhalten sich die Teilnehmenden in den Online-Bereichen meist passiv, wodurch die angestrebten Diskussionen nur schleppend in Gang kommen und oberflächlicher geführt werden. Weiterhin sind unerfahrene Studierende nicht immer in der Lage, die Beiträge von Kommilitoninnen und Kommilitonen hinsichtlich ihrer fachlichen Qualität einzuschätzen. Dies erschwert es ihnen, in der Vielfalt der Forenbeiträge „die Spreu vom Weizen zu trennen“. Und schließlich mangelt es an Funktionen, die es den ohnehin stark ausgelasteten Lehrenden ermöglichen, Interventionsbedarfe im Forum nach Dringlichkeit filtern und die Forenbetreuung somit effizient gestalten zu können.
Im Zuge des Pilotprojekts werden exemplarisch zwei Präsenzveranstaltungen um Online-Diskussionsforen erweitert, wobei die genannten Probleme mittels sogenannter Gamification-Elemente behoben werden sollen. Gamification umschreibt einen aktuellen Trend, bei dem bestimmte Angebote zu Motivationszwecken mit Computerspielelementen angereichert werden. So existieren beispielsweise Internetseiten, die ihre Besucher für ihre regelmäßigen Besuche und Empfehlungen mit virtuellen Medaillen belohnen oder Diskussionsforen, in denen die Mitglieder für ihre Beiträge Punkte erhalten, um die sie auf Bestenlisten miteinander wettstreiten. Im Pilotprojekt sollen derartige Gamification-Elemente die Studierenden dazu animieren sich in den Online-Bereichen der Lehrveranstaltungen zu engagieren. Passives Online-Verhalten soll auf diese Weise reduziert werden. Weiterhin erhalten die Studierenden die Möglichkeit, Beiträge von Kommilitoninnen und Kommilitonen hinsichtlich ihrer Qualität zu bewerten. So erhalten unerfahrene Studierende zum einen Anhaltspunkte, die ihnen die Einschätzung der Beitragsqualitäten erleichtern. Da zudem gute Beiträge mit entsprechenden Gamification-Elementen belohnt werden, sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hiermit motiviert werden, sich beim Verfassen von Beiträgen hohe Qualitätsstandards zu setzen. Und schließlich geben die Beitragsbewertungen den Lehrenden Aufschluss darüber, an welchen Stellen des Online-Bereichs Interventionsbedarf herrscht und wo die Aufmerksamkeit der Lehrenden besonders nötig ist: So weisen niedrige oder breit streuende Wertungen auf jene Beiträge hin, die von minderer Qualität sind oder bei deren Einschätzung die Studierenden einander uneins sind.
Das Pilotprojekt wird im Sommersemester 2012 in zwei kulturwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen an der Universität Paderborn durchgeführt und ausgewertet. Die Arbeiten umfassen die didaktische Konzeption, die technische prototypische Implementierung und die wissenschaftliche Begleitforschung. Erste Ergebnisse werden zum September 2012 erwartet. Im Erfolgsfall wird die Ausdehnung auf weitere Lehrveranstaltungen angestrebt.