Konstruktionslehre I, Begreifen kommt von Anfassen
Das Konzept des ikt sieht einen geschlossenen Lernkreislauf vor. In diesem werden deduktives (erklärungsbasiertes) und induktives Lernen (Lernen anhand von Beispielen bzw. Lernen durch Beobachtung) kombiniert, um die Vorteile beider Lernstrategien zu koppeln. In der Vorlesung lernen die Studierenden die Theorie in Form einer allgemein anwendbaren Konstruktionsmethodik kennen. Diese theoretischen Kenntnisse wenden die Studierenden dann in der Übung an. In der neukonzipierten Übung setzen sich die Studierenden in Gruppen dazu intensiv über das gesamte Semester mit einem Produkt auseinander.
Ein Produkt des alltäglichen Lebens wird hierzu von den Studierenden vollständig demontiert. Die Demontage dient zwei Zwecken: Erstens einem tieferen Begreifen durch Anfassen und zwei-tens einem aktivem Erleben der Anwendung der Theorie an realen Produkten. Damit wird der Bogen von der Praxis zur Theorie geschlagen und der Lernkreis geschlossen.
Bei dem Fach Konstruktionslehre I handelt es sich um eine Pflichtveranstaltung für Studierende des Bachelor Studiengangs Maschinebau, Berufsfeld Konstruktionstechnik, als Wahlfach aber auch für Studierende anderer Berufsfelder. An der Übung nehmen durchschnittlich ca. 200 Studierende teil. Sie umfasst 3 SWS, die auf zwei Termine pro Woche aufgeteilt sind. Ein einstündiger Termin wird als Vortragsübung genutzt, in dem die theoretischen Grundlagen aus der Vorlesung an Beispielen praxisnah erläutert werden. In der zweistündigen Praxisübung analysieren die Studierenden reale Produkte methodisch und vollziehen damit den Produktentstehungsprozess nach. Die in der Vorlesung vorgestellten Methoden und Hilfsmittel sind auf den ersten Blick sehr abstrakt und theoretisch. Dadurch ist die Hemmschwelle, diese Methoden selbstständig in der bisherigen Übung anzuwenden, recht hoch und die Motivation einiger Studierender gering, sich aktiv an der Übung zu beteiligen. Um diese Schwelle zu senken, soll der Inhalt von zwei Seiten aus erschlossen werden. In der Vorlesung wird den Studierenden mittels deduktiven Lernens die Theorie vermittelt. Die Praxisübung basiert hingegen auf einem induktiven Lernkonzept: Die Studierenden bekommen in Gruppen zu ca. fünf Personen ein Produkt des Alltags (Staubsauger, Toaster, Mixer, etc.) ausgehändigt. Diese Produkte werden von den Studierenden komplett demontiert und in ihre einzelne Baugruppen und -teile real zerlegt. Sie können die einzelnen Komponenten anfassen, sich intensiv mit den einzelnen Funktionen und deren Gestalt auseinandersetzen und somit den Stoff ganzheitlich „begreifen“. Das Konzept umfasst elf analytische und zwei synthetische Übungen. Nachdem die Studierenden sich im ersten Übungsblock mit den bestehenden Produkten auseinandergesetzt haben, sollen sie in den letzten beiden Übungen selbst neuartige, verbesserte Konzepte erstellen. Dieses Vorgehen soll das eigenständige und kreative Denken der Jungingenieure fördern.
Die Implementierung des neuen Lehrkonzeptes ist problemlos gelungen wird seit Einführung fortgeführt. Die Studenten haben das neue Konzept direkt akzeptiert und mit großem Enthusiasmus an den einzelnen Übungen teilgenommen. Die Teilnehmerzahl der Studenten an der Übung war über das Semester nahezu konstant. Durch die Arbeit in der Gruppe sind die Studenten indirekt gezwungen, anwesend zu sein. In der Evaluierung wurde bestätigt, dass jeder Teilnehmer in die einzelnen Übungen eingebunden ist und davon profitiert. Einfaches „Zeitabsitzen“ ist in der Übung nicht möglich. Das in der Vorlesung theoretische vermittelte Wissen konnte von den Studenten in der Übung direkt umgesetzt und anhand der vorliegenden Produkte vertieft werden. Ebenfalls hat sich die Qualität der abgegebenen Studentenlösungen über das Semester merklich gesteigert. Das Konzept ist auf alle Lehr- und Lerngebiete übertragbar, in denen sowohl theoretisches, als auch praktisches Wissen vermittelt werden.
Rahmendaten
- Ingenieurswissenschaften