VRsim – VR-gestützte Planspiele

In dem hier vorgestellten Praxisbeispiel ermöglichen VR-gestützte Planspiele Lernenden, in realitätsnahen Settings verschiedene Rollen und Perspektiven einzunehmen, an authentischen Problemstellungen zu arbeiten und unterschiedliche Handlungsoptionen zu testen.

Hauptbild des Beitrags

Screenshot des im Projekt VRsim entwickelten virtuellen Plenarsaals des Europäischen Parlaments

Eckdaten

Kann Lösungsansätze für folgende Problemstellungen der Lehre bieten:

  • Hohe Komplexität der Lerninhalte
  • Geringe Lernmotivation
  • Passivität der Studierenden
  • Geringer Transfer in die Praxis
  • Geringe Kompetenzorientierung in Prüfungs- und Bewertungsformen

Eignet sich für folgende Virtualisierungsgrade:

  • Anreicherung
  • Integration

Nutzt folgende Medieneigenschaften zur Unterstützung des Lernprozesses:

Interaktivität: 2 (trifft eher nicht zu)
Adaptivität: 1 (trifft überhaupt nicht zu)
Synchronizität: 5 (trifft vollkommen zu)
Selbststeuerung: 5 (trifft vollkommen zu)

VRsim ist die Kombination von immersiver Methode und immersivem Medium: Sowohl die Methode Planspiel als auch das Medium Virtual Reality (VR) bieten Lernenden die Möglichkeit, eigene Annahmen und Handlungsoptionen in einem realitätsnahen Setting zu testen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Der Immersionsgrad spielbasierter Methoden wirkt sich positiv auf das Erreichen des Lernziels aus; neuere Forschung legt nahe, dass sich dies durch VR-gestützte Lernsettings verstärken lässt. Dazu wurden im Projekt fuels bisher (Stand September 2024) zwei unterschiedliche VR-Räume an der Goethe-Universität Frankfurt eingerichtet, VRsim_EU und VRsim_Meeting:

In VRsim_EU tauchen die Lernenden ein in ein immersives Lernszenario: Statt in einem Seminar- oder Klassenraum diskutieren sie im virtuellen Plenarsaal des Europäischen Parlaments. Dabei schlüpfen sie mit Hilfe von Avataren in die Rolle von EU-Abgeordneten, was die Perspektiv- bzw. Rollenübernahme begünstigt. Zudem kann das Diskutieren in VR bei gleichzeitiger Repräsentation durch einen Avatar dabei helfen, Hemmungen – zum Beispiel beim Sprechen vor Gruppen – abzubauen. Dadurch werden kommunikative Fähigkeiten gefördert. Das immersive VR-gestützte Planspiel kann zudem Interesse und Motivation der Lernenden steigern und schafft neue Möglichkeiten zum kollaborativen Arbeiten räumlich verteilter Personen.

Der virtuelle Lernraum VRsim_EU wurde bereits mit unterschiedlichen Studierendengruppen zur Diskussion fächerübergreifender und fachbezogener Fragestellungen eingesetzt: so etwa Debatten zum Artificial Intelligence Act, wobei die Lernenden über die Regulierung Künstlicher Intelligenz diskutieren (fächerübergreifend), oder zur europäischen Finanzpolitik (Politikwissenschaften). Dies schafft realitätsnahe, immersive Lernerlebnisse zur Veranschaulichung von Entscheidungsprozessen im politischen System der Europäischen Union. 

Der Besprechungsraum VRsim_Meeting kann für weitere vielfältige Lernszenarien genutzt werden. Darin fanden bereits etwa eine Schulkonferenz zu inklusivem Unterricht (Fachdidaktik Sportwissenschaften) oder eine kommunalpolitische Debatte zur Nutzung des öffentlichen Raums (Fachdidaktik Geographie) statt.

Die VR-Planspiele werden insbesondere in Präsenz-Lehrveranstaltungen vor Ort eingesetzt; ein räumlich verteilter Einsatz ist ebenfalls möglich. In beiden Fällen bedarf es jedoch eines Onboarding-Prozesses für Virtual Reality für die Lernenden, zusätzlich muss auch die entsprechende Hardware vorhanden sein. Insofern ist der räumlich verteilte Einsatz zwar perspektivisch interessant, aber auch sehr voraussetzungsreich.

Medieneigenschaften zur Unterstützung des Lernprozesses

Interaktivität: 2 (trifft eher nicht zu)

Da es vornehmlich darum geht, innerhalb einer Rolle das Argumentieren und Debattieren zu komplexen Fragestellungen einzuüben, sind die Interaktionsmöglichkeiten mit der VR-Umgebung eher beschränkt. Dennoch ist ein gewisser Interaktionsgrad vorhanden, z. B. das Navigieren.

Synchronizität: 5 (trifft vollkommen zu)

Die Lernenden diskutieren in einem gemeinsamen, geteilten virtuellen Raum.

Selbststeuerung: 5 (trifft vollkommen zu)

Die Lernenden bereiten sich im Vorfeld anhand von Rollenkarten selbstgesteuert auf die Debatte in VR vor. Dabei geben die Rolleninformationen ihnen eine gewisse Struktur an die Hand.

Lösungsansätze für Problemstellungen der Lehre

Für die folgenden Problemstellungen kann das Praxisbeispiel Lösungsansätze bieten:

  • Hohe Komplexität der Lerninhalte:
    VRsim bietet experimentelle Lernwelten, in denen Situationen oder Zusammenhänge simuliert werden, die durch Komplexität und/oder Unbestimmtheit gekennzeichnet sind; etwa wenn es konflikthafte Problemstellungen mit einer Vielzahl von Akteur*innen und Perspektiven zu lösen gilt.
  • Geringe Lernmotivation:
    VRsim schafft realitätsnahe, immersive Lernerlebnisse mit Fokus auf gesellschaftlichen und politischen Aushandlungsprozessen und kann so Interesse und Motivation der Lernenden steigern.
  • Passivität der Studierenden:
    VRsim setzt stark auf die Aktivität der Lernenden, die ihrer jeweiligen Rolle entsprechend an Diskussionen und Debatten teilnehmen. Dabei wirken das realitätsnahe Setting in VR und die Spielatmosphäre motivierend. Es wurden auch Szenarien entwickelt, in denen die Lernenden ihre Rollen selbst erarbeiten, was Aktivität, Motivation und Involviertheit zusätzlich steigert.
  • Geringer Transfer in die Praxis:
    VRsim bietet die Möglichkeit, theoretische Inhalte sowie erlerntes Wissen (zum Beispiel zur europäischen Finanzpolitik) praxisnah in einer simulierten Parlamentsdebatte anzuwenden.
  • Geringe Kompetenzorientierung in Prüfungs- und Bewertungsformen:
    VRsim unterstützt und ermöglicht Lehr- und Lernszenarien, die vor allem kommunikative, rhetorische und argumentative Kompetenzen fördern.

Indem VRsim neue Möglichkeiten zum kollaborativen Arbeiten räumlich verteilter Personen schafft und schwer bzw. nur mit großem Aufwand zu erreichende Orte zugänglich macht, schafft es für Studierende und Lehrende neue und ergänzende Zugänge zum Erwerb neuer Kompetenzen. Außerdem schulen VRsim und die dort umgesetzten Szenarien sowohl klassische als auch digitale und transformative Kompetenzen und damit einen zentralen Bereich der Future Skills.

Virtualisierungsgrad

Der Virtualisierungsgrad beschreibt das Verhältnis von analogen und digitalen Elementen in einem Lehr-/Lernszenario. Das Praxisbeispiel unterstützt die folgenden Virtualisierungsgrade:

  • Anreicherung
  • Integration

Ressourcen

Soft- und Hardware

  • Head Mounted Displays (VR-Brillen)
  • Unity (fuelsME)

Weitere Informationen zum Praxisbeispiel

Kontakt

Sie möchten mehr über das Praxisbeispiel erfahren? Hier können Sie Kontakt zu den Autorinnen und Autoren aufnehmen:

Dr. Ulrike Mascher
Goethe-Universität Frankfurt, studiumdigitale
Literatur- und Kulturwissenschaft, Mediendidaktik
Eschersheimer Landstr. 155-157
60323 Frankfurt
mascher@sd.uni-frankfurt.de
Benutzername auf Mattermost: ulrike.mascher

David Fernes
Goethe-Universität Frankfurt, studiumdigitale
Informatik, Human-Computer Interaction
Eschersheimer Landstr. 155-157
60323 Frankfurt
fernes@sd.uni-frankfurt.de
Benutzername auf Mattermost: david.fernes

Prof. Dr. Alexander Tillmann
Goethe-Universität Frankfurt, studiumdigitale
Geografiedidaktik, Mediendidaktik
Eschersheimer Landstr. 155-157
60323 Frankfurt
tillmann@sd.uni-frankfurt.de
Benutzername auf Mattermost: tillmann