ARChemLab

Mithilfe der Augmented-Reality-Anwendung „ARChemLab“ werden Chemiestudierende der Studieneingangsphase bei ihrem ersten Laborpraktikum durch individuell aktivierbare Funktionen unterstützt.

Hauptbild des Beitrags

Visualisierungen von Molekülen können direkt beim Experimentieren eingeblendet werden (Bild: Jan-Luca Hansel und Jonas Terpoorten)

Eckdaten

Kann Lösungsansätze für folgende Problemstellungen der Lehre bieten:

  • Hohe Komplexität der Lerninhalte
  • Heterogenes Vorwissen
  • Geringe Selbstregulationsfähigkeit der Studierenden
  • Begrenzte Möglichkeiten zum individualisierten Lernen

Eignet sich für folgende Virtualisierungsgrade:

  • Anreicherung
  • Integration

Nutzt folgende Medieneigenschaften zur Unterstützung des Lernprozesses:

Interaktivität: 5 (trifft vollkommen zu)
Adaptivität: 4 (trifft eher zu)
Synchronizität: 3 (trifft zu)
Selbststeuerung: 4 (trifft eher zu)

Laborpraktika besitzen einen hohen Stellenwert für das Fach Chemie, da Studierende in dieser Lehrveranstaltungsform ihre experimentellen Kompetenzen weiterentwickeln. Insbesondere für Studierende in der Studieneingangsphase stellt das Arbeiten in einem Chemielabor aufgrund ihrer heterogenen Vorerfahrungen häufig eine Herausforderung dar. Aus diesem Grund wurde in einem interdisziplinären Lehrprojekt zwischen den Arbeitsgruppen „Chemiedidaktik“ und „Theorie verteilter Systeme“ die Anwendung „ARChemLab“ von Masterstudierenden der Informatik im Rahmen einer curricular verankerten Projektgruppe für Studierende des Fachs Chemie entwickelt.

Szene einer AR-Umgebung: Auf dem Tisch stehen zwei Gefäße mit chemischen Stoffen, daneben sind virtuelle Einblendungen, die die Stoffe und die Stoffeigenschaften benennen und beschreiben.
Die Namen chemischer Stoffe können von der Brille registriert und dazugehörige Stoffeigenschaften aus einer Datenbank abgerufen werden. (Bild: Jan-Luca Hansel und Jonas Terpoorten)

Das für die Microsoft HoloLens 2 konzipierte ARChemLab basiert auf der Technologie Augmented Reality (AR), welche sich vor allem durch die Anreicherung der physischen Realität durch digitale Informationen auszeichnet. In dem vorliegenden Projekt werden den Studierenden während des Experimentierens im Labor unterstützende Informationen zu den jeweiligen Versuchen eingeblendet. Hierbei bietet die AR-Anwendung verschiedene Unterstützungsangebote, die von den Studierenden individuell aktiviert werden können. So stehen neben der Versuchsanleitung, in der die einzelnen Schritte als Checkliste angezeigt werden, Animationen der molekularen Ebene zur Verfügung. Darüber hinaus kann das ARChemLab mit digitalen Messsensoren verbunden werden und die Ergebnisse können in Echtzeit in einem Graphen betrachtet sowie später exportiert werden. Hinsichtlich der Gefährdungen warnt eine künstliche Intelligenz vor ausgewählten Gefährdungssituationen wie bspw. Chemikalienbehältern, die zu nah am Gasbrenner positioniert werden. 

Bereits während des Entwicklungsprozesses von April 2023 bis März 2024 wurde das ARChemLab mehrfach mit Chemiestudierenden im Rahmen von User-Tests erprobt und erhielt dabei positive Rückmeldungen, die in einer noch ausstehenden empirischen Untersuchung weiter überprüft werden soll.

Das ARChemLab ist ein optionales, ergänzendes Unterstützungsangebot, das Studierende vor allem zu Beginn des Praktikums bei den ersten Versuchen unterstützen und ihnen den Einstieg in die Laborarbeit erleichtern soll. Zunächst konnte es (auch aufgrund begrenzter personeller und technischer Ressourcen) nur im Rahmen von Usertests verwendet werden. Zukünftig ist es aber denkbar, dass Lehrende schwächeren Studierenden die Brille empfehlen oder die Studierenden sich selbstständig für die Nutzung (an)melden können.

Das Praxisbeispiel ist Teil des Projekts VR@UPB an der Universität Paderborn.
Auf der Digital Learning Map werden noch zwei weitere Projekte von VR@UPB vorgestellt: das Projekt Virtual Reality in der Hochschullehre und das Projekt VirtuChemLab.

Medieneigenschaften zur Unterstützung des Lernprozesses

Interaktivität: 5 (trifft vollkommen zu)

Die Lernenden können eigenständig mit der Anwendung interagieren und bekommen je nach Situation zusätzliche Informationen eingeblendet.

Adaptivität: 4 (trifft eher zu)

Mittels künstlicher Intelligenz wird das Umfeld des Lernenden fortlaufend gescannt und auf Gefährdungen überprüft. Bei erkannten Gefährdungen erhält der*die Lernende automatisch eine Benachrichtigung.

Synchronizität: 3 (trifft zu)

Während der Arbeit mit der AR-Brille können Studierende weiterhin zusammen im Labor arbeiten; dabei trägt eine Person die AR-Brille, die andere experimentiert ohne Brille.

Selbststeuerung: 4 (trifft eher zu)

Die Studierenden können selbstständig den Grad an Unterstützung wählen und Funktionen nach eigenem Bedarf (de-)aktivieren.

Lösungsansätze für Problemstellungen der Lehre

Für die folgenden Problemstellungen kann das Praxisbeispiel Lösungsansätze bieten:

  • Hohe Komplexität der Lerninhalte:
    Experimentieren ist eine komplexe Tätigkeit, die unterschiedliche Kompetenzen erfordert. Das ARChemLab soll bei der Bewältigung der komplexen Tätigkeit unterstützen.
  • Heterogenes Vorwissen:
    Beim Übergang an die Hochschule zeigt sich oft ein heterogenes Vorwissen in Bezug auf die Laborarbeit. Mit dem ARChemLab erhalten insbesondere Studierende mit wenig Vorerfahrung Unterstützung bei der Bewältigung ihres ersten Laborpraktikums.
  • Geringe Selbstregulationsfähigkeit der Studierenden:
    Die Studierenden können selbstständig den Grad an Unterstützung im ARChemLab anpassen.
  • Begrenzte Möglichkeiten zum individualisierten Lernen:
    Die Nutzung des ARChemLab ist auch außerhalb des Labors möglich, um sich gezielt auf praktikumsspezifische Situationen vorzubereiten. So können beispielweise einzelne Laborgeräte wie der Gasbrenner in einen normalen Raum projiziert und z.B. das Ein- und Ausschalten des Brenners auch außerhalb des Labors am virtuellen Objekt geübt werden.

Virtualisierungsgrad

Der Virtualisierungsgrad beschreibt das Verhältnis von analogen und digitalen Elementen in einem Lehr-/Lernszenario. Das Praxisbeispiel unterstützt die folgenden Virtualisierungsgrade:

  • Anreicherung
  • Integration

Ressourcen

Soft- und Hardware

  • Microsoft HoloLens 2
  • ARChemLab

Weitere Informationen zum Praxisbeispiel

Kontakt

Sie möchten mehr über das Praxisbeispiel erfahren? Hier können Sie Kontakt zu den Autorinnen und Autoren aufnehmen:

Hendrik Peeters
Universität Paderborn
Chemiedidaktik
Warburger Str. 100
33098 Paderborn
hendrik.peeters@uni-paderborn.de

Jan-Luca Hansel
Universität Paderborn
Informatik/Theorie verteilter Systeme
Fürstenallee 11
33102 Paderborn
hanseljl@mail.uni-paderborn.de

André Graute
Universität Paderborn
Informatik/Theorie verteilter Systeme
Fürstenallee 11
33102 Paderborn
agraute@mail.uni-paderborn.de