Gruppenpuzzle
Das Gruppenpuzzle ist eine kooperative Lernmethode zum Erwerb von Grundlagenwissen. Die Vertiefung erläutert potenzielle Vor- und Nachteile sowie Anforderungen an die Gruppenpuzzlemethode.
Aufbau
Beim Gruppenpuzzle ("Jigsaw Method"; Aronson, 1978) wird mit einer doppelten Gruppenstruktur gearbeitet: Mit allgemeinen Stammgruppen und mit Expertengruppen. In den Expertengruppen wird ein bestimmter theoretischer Hintergrund erarbeitet und dann in den Stammgruppen in eine konkrete Anwendung überführt. Die Grundidee des Gruppenpuzzles ist, durch Erklärung des Lernstoffs das eigene Verständnis zu verfestigen, nach dem Motto: „Lernen durch Lehren“ (Renkl, 1997).
Ablauf
Jedes Gruppenpuzzle gliedert sich in drei Phasen, die sich durch einen Wechsel zwischen Einzel- und Gruppenarbeit sowie durch die Zusammenarbeit in so genannten Stamm- und Expertengruppen auszeichnen. Zunächst werden die Studierenden in Gruppen aufgeteilt, die eine komplexe Aufgabenstellung erhalten. Alle Teilnehmenden erarbeiten anschließend individuell ein Thema, vertiefen ihr Wissen dann in einer Expertengruppe und vermitteln es schließlich in ihrer Stammgruppe.
Im Folgenden stellen wir Ihnen die Struktur eines Blended Learning Gruppenpuzzles nach Bett et al. (2002) vor, wobei die beschriebenen Phasen teils online teils face-to-face ablaufen.
Das Blended Learning Gruppenpuzzle beginnt mit einer Präsenzsitzung: Dabei werden zunächst die Lernenden in Stammgruppen zu jeweils vier bis acht Mitgliedern zusammengefasst. Jede Stammgruppe erhält als Lernstoff die gleichen Materialien. Entsprechend der Zahl der Gruppenmitglieder werden diese Lernmaterialien in etwa gleich große Teile aufgeteilt. Jeder Lernende konzentriert sich zunächst auf das Material für die ihm zugeteilte Aufgabe.
Die Teilnehmer, die dasselbe Material bearbeitet haben, bilden anschließend eine Expertengruppe, in der jeweils ein thematischer Teilbereich bearbeitet wird. Diese Phase findet online statt und wird z.B. durch einen Shared Workspace unterstützt. Weitere Informationen zu Kooperationstechniken finden Sie im Bereich Kommunikation sowie in der Rubrik Medientechnik.
Nachdem die Expertengruppen ihr Material gemeinsam diskutiert und eingehend erarbeitet haben, kehren alle Teilnehmer zu ihren ursprünglichen Gruppen zurück. Dort soll jedes Mitglied den Stoff seiner Expertengruppe so einbringen, dass die gesamte Stammgruppe gut informiert wird. Abschließend muss die Stammgruppe versuchen, auf der Basis aller gesammelten Informationen zu einer gemeinsamen Lösung der Aufgabe zu gelangen. Dies geschieht in einer Präsenzsitzung.
Gruppenpuzzle II
Die Variante "Gruppenpuzzle II" unterscheidet sich vor allem dadurch, dass die Lernenden am Ende zur Leistungsbewertung einzeln einen Test ablegen, bei dem die einzelnen Noten zu einer Gruppennote für die jeweilige Stammgruppe zusammengefasst werden. Diese Form der Gruppenbelohnung ist ein wesentliches Charakteristikum der so genannten Teamlernmethoden. Hierbei wird versucht, die Kooperation durch eine Gruppennote zu fördern.
Vorteile
Beim Gruppenpuzzle soll die Interdependenz der Teilnehmenden durch spezifische Aufgabenstellungen anstelle von Wettbewerb erzeugt werden. Auf dieser Grundlage fördert es die Interaktion und die Entwicklung gemeinsamen Wissens. Der hohe Grad der Zusammenarbeit in den Gruppen fördert die aktive Verarbeitung des Lernstoffs. Dadurch, dass die Lernenden sich wechselseitig als Helfer und Träger der Information verstehen und Lehrende hierbei im Hintergrund bleiben, sind zudem die Voraussetzungen geschaffen, soziale Fähigkeiten, wie Verantwortung gegenüber der Gruppe, Teamfähigkeit und Toleranz zu fördern (Hinze et al., 2002).
Nachteile
Die medialen Kommunikationsbedingungen beim webbasierten Gruppenpuzzle bringen mehrere Probleme mit sich, die es zu berücksichtigen und zu minimieren gilt: In der virtuellen Variante mangelt es an Gruppenkohäsion und gegenseitiger Wahrnehmung; oft fehlen in den Gruppen schon soziale Basisinformationen – dieser Mangel an Identität erhöht die Bedeutung eines einleitenden Präsenztermins.
Auch der Aspekt des Zeitmangels, der sich in der Praxis besonders bei der Abstimmung über den gemeinsamen Wissenshintergrund manifestiert, wird durch den Wegfall direkter Kommunikation verschärft, besonders wenn es darum geht, in relativ kurzer Zeit einen Konsens herzustellen.
Schließlich führt die Autonomie bei der Aufgabenbearbeitung bei manchen Teilnehmenden zu einer streckenweisen Überforderung; sie wird dann weniger als Chance für mehr Eigenständigkeit denn als Zeichen mangelnder Führung wahrgenommen (Hinze et al. 2002).
Gestaltung
Der Erfolg des Gruppenpuzzles wird erst durch sorgfältige didaktische Planung möglich. Dazu gehört eine eindeutige und konkrete Formulierung der Aufgabenstellung sowie das Angebot einer ausreichenden Sammlung von Materialquellen. Die Aufgabenstellung muss sich für eine multiperspektivische Auseinandersetzung eignen. Sie muss genügend Facetten aufweisen, damit aus der individuell gewonnenen Expertise in der Stammgruppe ein Gesamtbild zusammengepuzzelt werden kann (Hinze et al., 2002).
Gerade die Online-Lehrsituation erfordert besondere Beachtung der Faktoren Transparenz, Gruppenidentität, Partizipation und Gruppengröße (Bett et al., 2002). Weitere Informationen beinhaltet der Langtext E-Moderation (PDF).